Tag 2 – Achtsamkeit im Alltag der schwierigen Art

Thema der ersten Woche: Lernen Sie ihren Autopiloten kennen! Denken Sie über die Folgen nach, die das “Leben auf Autopilot” für ihr Alltagsleben hat. Was geht Ihnen verloren? Wie wirkt sich die Unbewusstheit auf ihre Gedanken,Gefühle und ihren Körper aus, und auch auf ihre Beziehung zu sich selbst, zu anderen Menschen und der Welt insgesamt?

Man möge sich jeden Tag eine alltägliche Routinehandlung aussuchen, der man achtsam begegnet. Duschen, Zähne putzen, Essen, zur Arbeit gehen, zwischenmenschliche Gespräche. Ich muss mir ja gleich das einfachste aussuchen und hab mich mal für zwischenmenschliche Interaktion entschieden. Wusste ja nicht, was mich heute erwartet. Hätte ich mal Duschen gewählt …

Situation 1

Ich entschied mich ein Meeting achtsam zu sein. Stelle zu Beginn fest, dass ich gut gelaunt und ruhig war, mir aber ziemlich kalt war. Keine 10 Minuten später war mir aber schon so warm, dass ich mich entkleiden musste. Mein Puls war auch höher und meine Laune nicht mehr ganz so frisch. Kollegin X hatte heute irgendwie einen schlechten Tag und war total unproduktiv auf Konfrontationskurs. Allerdings auch ohne wirkliche Argumente. Klang alles nach „Ich will aber nicht“. Mit jedem Argument, dass wir brachten, wurde es eigentlich nur schlimmer. Da kommt dann mein Autopilot ins Spiel, der dann diskutiert und diskutiert. Was dann meine innere Heizung angeschmissen hat. Ich habe mich auch dabei ertappt, dass ein oder andere ironische Grinsen zur Diskussion beigesteuert zu haben, wenn sich Kollegin X selbst widersprochen hat. Interessant war es aber, mal genauer hinzuschauen und hinzuhören. Während man sowohl bei Körperspache und Tonfall beim Rest der Teilnehmer eine Resignation, Aggression und Verwirrtheit feststellen konnte – der ein oder andere musste sich auch ziemlich beherrschen – war bei Kollegin X ein wildes Gestikulieren, kaum Augenkontakt mit anderen und absolute Kontrahaltung sichtbar und spürbar. Was mich irgendwann zu der direkten Frage brachte, warum sie denn so absolut dagegen ist. Dann kamen endlich mal ein/ zwei nachvollziehbare Argumente. Halten wir fest: Initiative ergreifen und direktes nachfragen hilft manchmal, wenn man sich im Kreis dreht, bevor es zu einer Endlosschleife wird. Ende der Geschichte: Mein Puls war zwar gestiegen, aber ich war doch relativ ruhig da ich versucht hatte darauf zu achten, dass ich mich nicht hineinsteigere. Ich hatte da schon andere Tage. Nachdem ich dann noch schnell das weitere Vorgehen Kollegin Y aufs Auge gedrückt hatte – weil extremer Zeitdruck – und das ganze irgendwie in halbwegs produktive Bahnen gelenkt hatte (irgendwie greift mein Autopilot dann immer ein, wenn es sich im Kreis dreht, das war irgendwie ziemlich automatisch und nicht bewusst), war für mich das ganze dann erledigt und ich auf mich fokussiert. Und ich freute mich auf das Mittag essen, nachdem ich achtsam dem Knurren meines Magens gelauscht hatte. Mei, sie hat halt wohl einen echt schlechten Tag gehabt. Schwamm drüber, wir haben ja irgendwann doch noch ein Resultat erzeugen können. Meinen Kollegen erging es anders und die waren noch eine ganze Zeit lang ziemlich angenervt. Manchmal ist es doch hilfreich, wenn man manche Dinge einfach mal hinnimmt und nicht an ihnen kleben bleibt. Heute ist heute und morgen ist morgen.

Situation 2

Soweit so gut. Auf meiner ToDo Liste stand noch das Abklären eines geplanten Weihnachtsmarktbesuches. Meine Erfahrung und mein Gefühl (ist das nicht eh das gleiche?) hatten mir seit der Idee schon gesagt, dass wird eh nix. Und mit diesem Gedanken bin ich dann auch rein. Ich bin ja auch eh eher Pessimist. Was ich jetzt gar nicht so schlimm finde, da es Enttäuschungen reduziert und Freude über einen positives Ergebnis erhöht (Pessimisten leben länger und glücklicher). Und das Resultat war dann das erwartete. Das Hineinhorchen in mich zeigte mir, dass ich trotzdem enttäuscht war. Auch wenn ich genau dies vermeiden wollte durch meine pessimistische Einstellung. Meine Körperspannung war im Arsch und ein Gefühl von Traurigkeit vorhanden. Und dies lies sich nicht abschütteln. Den Rest des Tages nicht. Mal ganz zu schweigen von den Gedanken ‚War so klar. Warum zum Geier, machst du überhaupt erst Vorschläge, die du eh nicht einhälst? Du bist doch froh, wenn du mich nicht siehst! … ‚ Ja der Autopilot ist bei Gedanken und Gefühlen besonders gefährlich. Aber ich habe zumindest versucht das Gefühl anzunehmen und zu akzeptieren. So weit möglich. Und ich habe meinen Autopiloten zumindest so weit ausgeschaltet, dass ich mich nur zu einem „hatte ich mir schon gedacht“ hinreißen lassen habe und nicht zu mehr

Wir können nichts ändern, bis wir es annehmen (C.J. Jung)

Wenn Sie versuchen, eine Situation oder ein Gefühl anzunehmen, um davon loszukommen, dann funktioniert dies nicht nur nicht, sondern lässt auch einen wichtigen Aspekt außen vor. Nehmen wir an, Sie fühlen sich traurig. Wenn Sie dieses Gefühl mit dem heimlichen Wunsch anerkennen, dass es dann vielleicht verschwindet, haben sie es nicht voll und ganz akzeptiert. Nehmen Sie stattdessen die Traurigkeit mit ganzem Herzen an, wenn Sie können – Gefühle entstehen, um uns etwas zu sagen. Hören Sie Ihren Gefühlen zu und finden Sie heraus, was sie Ihnen zu sagen haben.

Dann werde ich dies mal versuchen. Und noch ein paar andere Kapitel lesen zum Thema „Erwartungshaltung“ „Urteilsfrei“, „Umgang mit negativen Gefühlen“.

Situation 3

Gut meine Laune war im Arsch und ich immer noch gefangen in der Enttäuschung. Als dann das Telefon klingelte und Kollegin F anrief und nach zwei gewechselten Worten fragte, ob ich einen Seelentröster bräuchte, war ich schon etwas verwirrt (wars so schlimm, dass man es gleich an meinem Tonfall merkte??). War wohl eher Zufall, da ich die letzten Wochen den Seelentröster gespielt hatte. Ich verneinte jedenfalls und hörte ihr stattdessen zu, während ich nebenbei meine Stimmungslage checkte. Irgendwann kam sie zu dem Punkt, wo sie mir erzählte, dass ungeplanter Weise jemand mit einem Anpfiff durch den Abteilungsleiter rechnen müsste. Jemand den ich eigentlich aus der Schusslinie der Obrigkeit nehmen wollte und dem ich letzten Freitag auch gesagt hatte, dass ich dies wohl erstmal geschafft hätte. So dass gab mir dann den Rest. Das Gefühl das mich durchfuhr kann ich nicht wirklich beschreiben (Anspannung, Panik??). Aber die Gedanken. So was wie ‚Fuck, wie bringe ich ihm das bei? Das wird jetzt so richtig Öl ins Feuer gießen und Fronten noch weiter verhärten. Was ich eigentlich bekämpfen wollte.‘ An Konzentration war für den Rest des Tages nicht mehr zu denken. Mein Hirn war voll am rödeln, um nach einer Lösung zu suchen.

So ich werde mich jetzt erstmal der Vergebungsmeditation widmen. Und dann der Loslaß-Mediation. Und morgen werde ich es wohl doch mit dem achtsamen Zähneputzen versuchen. 😉

Kleinigkeit am Rande: Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Kaffee trinken bei mir immer zu einer inneren Unruhe führt. Werde dies mal achtsam weiter verfolgen.

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