Das Individuum in der Gesellschaft – Fromm (2)

Wo waren wir? Der Erich, also der Fromm Erich, der hat die These ausgestellt, dass wir Menschen nur frei sein können als Individuum, wenn wir in Liebe und Arbeit , welche auf Freiwilligkeit basieren, unseren Platz in der Gesellschaft und auch in der Natur finden.

Was mir fehlt ist die Betrachtung wie Gesellschaften als Systeme/ als Ganzes funktionieren. Wenn jetzt jeder auf freie Selbstentfaltung/ Selbstverwirklichung macht, was passiert dann mit der Gesellschaft? Funktionieren Gesellschaften nicht eben aufgrund von Arbeitsteilung und diese hat wiederum diverse Ebenen. Wir reden ja gern von Systemrelevanten Berufen. Auch wenn wir die Bezahlung angleichen, kreative Entfaltung lassen viele Jobs nicht zu. Sie sind oftmals das was Fromm kritisiert. Ein Abspulen von Aufgaben/ Tätigkeiten. Automatismen in Perfektion. Nur dadurch kann der Job überhaupt erst gut ausgeführt werden.

Wie funktionieren Gesellschaften überhaupt als Ganzes. Als Ameisenstaat mal bildlich ausgedrückt. Unsere Gesellschaften haben ja Komplexität/ Abhängigkeiten erreicht, die wir selbst gar nicht mehr überschauen. 1940 war das sicher noch nicht so global, aber auch damals konnte man nicht einfach bestimmte Berufsgruppen rausziehen. Diese freie Entfaltung, diese vollkommen zwanglose Selbstverwirklichung ist was schönes, aber es kann sie am Ende nicht geben. Oder Gesellschaften brechen zusammen. Es ist ja nicht so, dass dort wo uns Arbeitskräfte fehlen, die Leute aus purer Lust an Selbstverwirklichung die Türen einrennen.

Gruppen haben Beziehungen, Gruppen haben Aufgaben, Gruppen haben Rollen. Regeln. Ziele. Und eben trockene und nüchternen Arbeit die geleistet werden muss. Damit wieder andere also ein kleinerer Teil die Gesellschaft mit Selbstverwirklichung und Kreativität und mit Kultur unten Weiterentwicklung befruchten kann. Ja es ist am Ende ein Privileg das zu dürfen. Ob man es durch Geburt oder durch Losen erfährt, ist am Ende egal. Es ist ein Privileg.

Sicher stimmt auch seine Analyse auf eine bestimmte Art, dass Selbstzweifel ein Teil der Abhängigkeiten von anderen / der Beziehungen zu anderen sind. Weil Mensch eben kein einsamer Wolf ist. Und ja man könnte sich davon befreien, wenn man sich aus der Abhängigkeit zu anderen befreit. Was man natürlich auch wieder nicht macht, weil uns dann die berechtigte Angst vor der Isolation auffrisst. Wollte Mutter Natur so. Genau wie sie uns in Heimweh etc stürzt. Das hat alles einen Zweck. Warum sollten wir gegen unsere Natur ankämpfen? Warum sehen wir immer alles nur als Problem?

Diese Ohnmacht aufgrund der Fülle an Optionen ist doch ach eher hausgemacht in unserem Kopf. Wir brauchen ein Koordinatensystem, um uns in der Welt zurechtzufinden. Das gibt uns Sicherheit. Alles andere ist Alarmbereitschaft. Kein Entspannen.

Diese Veränderungsprozesse von denen wir heute reden, generieren doch auch nichts anderes. Diese Planlosigkeit, dieses nicht greifen können, was uns erwartet, was funktionieren wird und was nicht. Es ist das Ungewisse. Es ist Alarm im Kopf. Und wer Sicherheit in Unsicherheit bringt oder Ordnung in Unordnung bedient unser Steinzeithirn. Bedient die Bias und Co. Bedient unsere eingeschränkte Wahrnehmung. Unser scheinbares Wissen. Und wer gibt nicht für Sicherheit das ein oder andere Nice to Have auf? Und welche Einschränkung man in einer Diktatur/ Autokratie selbst zu erleiden hat, ist breit gefächert und der Mensch auch ein Künstler darin, sich manches schön zu denken. Und sich unterzuordnen auch Diktaturen/ Autokratien ist keine Flucht vor irgendwelchen Ängsten der Einsamkeit. Es ist ein Überlebensinstinkt. Das Einglieder in eine Gruppe, die Schutz gibt. Die Überleben sichern soll. Eine funktionierende Gruppe. Nur die kann das. Und auch wenn man weiß, wie gefährlich und brutal die sind, denen man sich unterordnet, geht es am Ende um die eigene Endlichkeit.

Und das ist auch das Problem mit der Rhetorik des Wandels den wir brauchen. Radikaler Wandel macht Angst, setzt in Alarmbereitschaft. Es ist eine Kommunikation der Unsicherheit. Genau wie die dauernde Angstmacherei oder Moralisierung. Hat Mutter Natur alles irgendwie nicht vorgesehen. Und die Masse bleibt stehen und wartet auf den Anführer. Die die sagen was zu tun ist. Diese 80% die folgen können, wenn man sie überzeugt. Aber die Anführer sind planlos/ mutlos. Überfordert. Gefangen in ihrem eigene Film. Ihren Ängsten. Ihren Überzeugungen.

Und ja das was heute absolut fehlt, sind diese Betrachtungen vom Gesamtsystem Gesellschaft. Ja Sozialpsychologie des großen. Vieles scheint mir da auch aufgesplittet in Einzelphänomene. Die dann wenn man sie zusammensetzt ein großes Bild ergeben (können). Also zumindest die Theorie, dass das fehlt, basierende auf das was mir diverse Bücher oder die WissKomm vom Erb vor die Füße warfen. Und daneben gibs dann noch x verschiedene Sozialwissenschaften. Hmm einerseits beruhigt es mich, dass wir da noch kein Handbuch rausgegeben haben, weil sonst alle Nase lang uns jemand für seine Zwecke einspannen würde, andererseits ist es verwirrend, dass wir wissend in den Abgrund laufen und es nicht schaffen abzubiegen. Weil wir uns selbst noch nicht verstanden haben. Zumindest nicht in breiter Masse.

Und nichts ist erhellender als Twitter als Terrarium zu verwenden. Zuzugucken. Bei all diesen Phänomenen. Und sich und seine Reaktion auch mal zu beobachten und zu hinterfragen. Und nein man ist nicht falsch. Man ist ganz normal. Wie alle anderen auch. Nur passen wir so wie wir sind nicht in diese Welt. Und je weiter der Fortschritt greift um so mehr wird es offensichtlich

Zurück zu Fromm. Und der konnte damals noch viel weniger wissen. Vor 80 Jahren. Grundsätzlich sind einige von Fromms Beobachtungen ja eben nicht verkehrt. Ja wenn wir das warme Nest der Eltern verlassen und ich in die Freiheit ziehe, dann emm ja ist das schon schön, wenn man nicht allein ist. Wobei man in dem Alter noch am furchtlosesten ist. Aber der Mensch ist nun mal ein Herdentier. Das nicht allein überleben kann. Also zumindest die meiste Zeit des menschlichen Daseins, war das nicht möglich. Heute ja klar geht. Aber dennoch ist es tief in uns verankert, dass wir teil einer Gruppe sein wollen. Und wir leben es daher noch weiter aus. Mit all seine Nachteilen. Es ist nicht der Wunsch mit sekundären Strukturen die primären zu kompensieren. Es ist das was Mutter Natur tief in unser Unterbewusstsein gebrannt hat, um zu überleben.

Gesellschaften/ Zusammenleben braucht Regeln. Weil die Freiheit der anderen ist auch noch da. Wer widersprechen möchte, möge mir bitte eine Tierart zeigen, die in Gruppen ohne Regeln lebt. Es geht auch nicht nur um die freie Entfaltung des Selbst und die Überwindung der eigene Angst. Vor der Freiheit/ Entscheidungen/ Verantwortung. Es geht am Ende ums Überleben. Und das kann Mensch nur in der Gruppe. Seine Platz in der Gruppe finden. Und wer weiß wie das war damals in der Horde/ Sippe. Woher wollen wir das wissen? Das seht in keinen Genen, die wir aus Knochen rauspuhlen. Ich kriege ja fast wieder Lust mich mit Urmenschen zu befassen. Ich schwelge in Erinnerungen. Oder Naturvölker. Die finde ich ach immer spannend. So als Blick in unser Ich, das wir verdrängen.

Und zum Glück widerspricht heute auch keiner mehr, dass uns auch eine Gesellschaft prägt und nicht nur die Natur. Die Natur hat uns eine Baukaste mitgegeben. Und ganz viele Bugs. Aber auch diese Bugs emm Feautures entfalten sich nur im Zusammenspiel mit der Gesellschaft. Das was wir lernen. Flexibel lernen. Das ganze Leben lang. Um uns zurechtzufinden. Die Anpassungsfähigkeit des Menschen ist dieser ständige Lernprozesse.

Und ja wir brauchen eben ein Koodinatensystem, um uns zurechtzufinden in der Welt. Wir müssen es lernen. Schubladen müssen wir füllen, so doof wir sie auch finden. Wir brauchen sie, um Sicherheit zu spüren. Wir nutzen sie. Freund/ Feind. Und freie Berufswahl und design dein Leben wie du willst, hat die Evolution eben nicht vorgesehen. Also stehst da voller Unsicherheit. Die Evolution hat sich das anders gedacht weit weit bevor es Berufe gab. Kind lerne, lerne dich zurechtzufinden. Wenn du dann erwachsen bist, musst du beschützen, ernähren, überleben. Nix da mit Selbstverwirklichung und gucken wir mal welche Talente wir da haben. Aber der moderne Mensch, steht heute da. Mit all den Optionen, die sich ihm bieten. All den Entscheidungen die er treffen muss. Aber doch eigentlich gar nicht kann. Wie sage ich immer so schön: Ich will heute nicht noch mal jung sein bei dem riesen Blumenstrauß an Optionen. Ja ich wusste es schon damals vor ach herje ich könnte ja auch fast 30 Jahre sagen. Ich bin auch damals nur gestolpert. Planlos. Und tue es immer noch. Kein Test, kein Buch das half, zu wissen wohin und was.

Natürlich fühlt sich das nicht gut an. Natürlich hat man Angst. Natürlich hat mein keinen Plan. Wenn man halbwegs „normal“ ist. Weil ne hat Mutter Natur nicht vorgesehen. Den großen Plan fürs Leben. Voll normal da auch Angst vor der falschen Entscheidung zu haben. Und trotzdem irgendwie rauszuwollen. Von irgendwas getrieben. In die Freiheit. Außer man is junger Mann in Italien oder so. Mama Mia. Vielleicht ist dieser Freiheitsdrang dieses streben nach Unabhängigkeit, sich ausleben, Hörner abstoßen auch ein Teil diese Expansionsgene. Die uns zum Herrn über die Erde machten. Aber eben nicht allein als Einzelkämpfer. Sondern als Teil einer Gruppe.

Einer Gruppe mit Alphas und mit Hierarchien. Und mit Regeln. Um zu funktionieren. Wir könne nicht alle Alpha sein. Zu viele Köche verderben den Brei. Und es gibt halt die Alphas und die, die sich unterordnen. Ich glaube eh, dass es eine Sinn und Zweck hat, dass es solche und solche Persönlichkeitstypen gibt. Auch die Ängstlichen haben ihre Platz in einer Gruppe. Als Warnsystem. Ja Kooperation. Wir sind keine Einzelkämpfer. Und genauso brauchen wir die Familien. Und zur Sicherung des Fortbestands der wie auch immer man das gerade nennen darf, braucht es auch den Trieb nach Fortpflanzung/ Liebe. Liebe ist am Ende bestimmt auch nur ein Trick, um dieses Fortpflanzungsding schön zu gestalten für den depperten Menschen der angefangen hat, das was ihm keine Spaß macht, weg zu optimieren. Wobei dieser Fortpflanzungstrieb ja durchaus von Liebe unabhängig ist, aber das kleine Menschliche Wesen eben nicht nur von Muttern aufgezogen werden kann. Und schon wars das mit der Freiheit für alle Beteiligten für ein paar Jahre. Aber ich schweife ab. Und diese Unterwerfungs- und Unterdrückungstheorien von Fromm und Freud ignoriere ich mal gekonnt. Und auch diese Flucht in was auch immer.

Warum gibt es einfach keine Gesellschaftsanalysten, die das mal aus dem Wissen über die Natur des Menschen machen. Das was wir wissen eben über die Art wie wir denken, das wie unser Hirn funzt und verzerrt. All die Bias. All die Programme in uns, die uns eben zu Gruppe hinziehen oder uns überbewerten und so weiter.

Weil eigentlich ist es relativ klar, was uns im Wege steht. Es ist nicht der System. Nicht der Kapitalismus, auch wenn der sicher nicht perfekt ist. Der is halt nur gerade da. Es könnte auch was anderes sein und es wäre die selbe Situation. Wir haben uns einfach in eine Welt reinmanövriert mit der unser Hirn nicht umgehen kann. Wir sind nicht dafür geschaffen nur in einer großen globalen Gruppe zu leben und nur zu teilen. Mit so viel Optionen das Leben zu gestalten. Mit so viel Optionen neues zu entdecken. Unser Kopf ist immer noch der eines Tieres, das da draußen ums überleben kämpft mit all den Fähigkeiten, die man braucht um da zu überleben. Aber das ist etwas ganz anderes als das was der moderne zu seinem normalen Leben gemacht hat. Wir bräuchten ganz andere Programme in unserem Kopf, um zu überleben. Haben sie aber nicht.

Und daher ist die Frage die sich stellt, um zu überleben, nicht die wie der einzelne glücklicher werden kann, um eine Gesellschaft aus lauter glücklichen Menschen zu schaffen, oder wie die ideale Gesellschaft auszusehen hat oder wie wir den Kapitalismus überwinden. Die Frage ist anders. Die Frage ist primär erstmal die, wie wir es schaffen, dass mehr Menschen versehen wie wir ticken. Um dann erstmal bereitzusein, um die wirklich großen Fragen unserer Zeit zu klären. Ohne Seitendebatten aufgrund von Weltbildern und veraltetem Wissen. Ach ja und auch die eigene Angst zu verstehen. Die Angst vor dem Versagen und dem gesellschaftlichen Abstieg. Wenn ich als Politiker unbequeme Entscheidungen treffe. Und mit unbequem meine ich nicht den Umbau von Straßen um die 15 Min Stadt zu bauen. Hier wird seit gefühlt 10 Jahren an jeder Ecke genaut und keiner wählt den Bürgermeister ab. Darum gehts nicht. Auch wenn sich ein paar Handeln auf Twitter über ein paar Baustellen aufregen. Menschen stören sich an anderen Dingen/ haben vor anderen Dingen Angst wenn es um die Veränderungen geht, die wir brauchen. Weil man braucht ja radikale Veränderungen. Alles muss anders werden. Auch wenn das keiner definiert und dann am Ende nur die Baustelle in der eigenen Straße ist. Und eben nicht mehr. Aber wir machen eben erstmal ganz dick Angst. Und wollen gleich mal alles entwurzeln.

Ja vielleicht sollte man weniger davon reden, dass man an die Wurzel muss. Weniger davon reden zu entwurzeln. Vielleicht sollten wir erstmal versuche, die Menschen zu verstehen. Es wäre sinnvoller die Zeit damit zu „verschwenden“ bevor man handelt, als das weiterhin nur mit unproduktiven Kämpfen tu tun. Nein das Problem ist kein Nagel. Kein Arbeiterkampf oder Frauenkampf. What ever.

Und die die Angst haben, zu den Verlierern zu gehören – und ja es wird sie geben, da geht es sicherlich schon um gesellschaftlichen Abstieg und vielleicht auch ein Verschwinden in Bedeutungslosigkeit. Wer will das schon. Fand die Evolution die gut.

So das reicht für heute. Bin müde. Ich glaub übrigens, dass die ganze Freiheitsdebatten uns nicht weiterbringen. Aber ja man kann da ansetzen. Auch wenns alt und überholt ist was Fromm da von sich gab. Und überhaupt. Ja das Büchlein erklärt. Einen bestimmten Blick auf die Welt und sich selbst.

Noch ein Gedanke zu Angst. Aus Sicht eines Psychoanalytikers mag es Ziel sein Ängste zu überwinden, aber vielleicht sollten wir auch Ängste anerkennen – solange sie nicht übers Ziel hinausschießen – als etwas was uns warnt. Als etwas natürliches. Was uns leiten soll. Und wohl wissend über die Gefahr der Manipulation, auch einfach über die jeweilige Situation nachdenken.

Notiz am Rande: Habe das Gefühl, dass das Wort Kultur auch unterschiedlich verwendet wird. Das ist uncool. Erschwert Interpretationen.

So der kulturelle Teil folgt. Und ich behaupte es gibt Gründe, warum sich ca. 90% der Musike um Liebe dreht. Is die Evolution schuld dran. Und sollten wir anerkennen. Der Kitt der uns zusammenhält.

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