Moral – Warum Wissenschaft und Proteste scheitern

Seufts. Ich kann dieses Neu-Denken nicht mehr. An allen Ecken und Enden wird neu gedacht. Dauernd denkt einer neu oder fordert neu zu denken. Aber am Ende holen sie irgendwelche alten Rezepte vor, dann kloppen sie sich. Dann denken sie wieder neu. Oder eben alt, je nach Sichtweise. Dann kloppen sie sich. Dann denken sie wieder neu. Dann kloppen sie sich. Und wir ändern nix und lauschen andächtig dem neu denken. Manchmal lesen wirs auch. Und ganze spannend wir es dann, wenn wir Moral neu denken. Aber zum Glück gibts noch andere. Daher heute mal wieder ne Runde Henning. Henning hat sich unter die Klimabewegten gemischt, um das zu erklären, was ich die ganze Zeit versuche. Es muss eben anders.

Tausende Podiumsdebatten, Podcast, Bücher, Geschichten und ganz viel Kleber. Aber nix passiert. Weil nun weil, keiner versteht wie Menschen eben ticken. Stattdessen probiert mans mit Hammer, auch wenn das Problem kein Nagel ist. Ich kenne mich ja mit Drehbüchern und so nicht aus. Der Henning bekommt in Summe nicht viel Zeit in diesen 40 Minuten. Ich behaupte weniger als Claudia und Stefan. Aber die paar Sekunden am Anfang, die paar in der Mitte und die eine Minute am Ende, das ist alles was es braucht, um zu verstehen. Das es anders gegen muss. Und was mir recht gut gefällt ist die „Reise“ von Mojib Latif durch die Sendung. Und gerade in den Gesprächen mit Henning nehme ich ihm ab, dass er im Gegensatz zu anderen, die Schuldige und Ursachen schon längst für immer und ewig ausgemacht haben, ist er interessiert daran auch anderes Wissen zu verarbeiten, um noch mal auf andere Art zu versuchen uns zum Handeln zu bewegen.

„Man sollte nicht davon ausgehen, dass eine Gesellschaft, wenn sie sich vornimmt, die Welt zu retten, plötzlich die Welt rettet. Es ist die Psychologie. Die Art des Denkens, die über Erfolg und Misserfolg entscheidet“

Henning Beck

Aber sie verstehen es nicht Henning. Sie wollen es nicht verstehen. Es passt nicht in ihr Denken. Das Denken, dass sich verfestigt hat. Das in ihren Gruppen gelebt wird. Das sie täglich wiederholen. Autopiloten können nicht neu denken. Außer sie wollen es explizit. Aber umdenken ist immer viel leichter von anderen zu fordern als es selbst zu tun.

Wir sind nicht vom Wissen ins Handeln gekommen. Deshalb müssen wir uns überlegen, wie man das Thema noch mal anders, emotionaler kommuniziert

Mojib Latif

Ich kipp vom Bett. Henning bitte sag was. Und all ihr Forscher. Nicht noch mehr Drama, nicht noch mehr Emotionen. Nicht noch mehr Kulturkampf. Ich will weinen. … Huch, ich glaube er sagt das wegen Henning. Weil der erklärt dem Mojib, dass wenn wir uns die Zukunft vorstellen, wir nicht mal mehr eine emotionellen Bezug zu unserem zukünftigen Ich haben. Es ist dann wie eine fremde Person. Irgendwer, irgendwas. Etwas, was uns „kalt“ lässt. Belegen Hirnscans. Wir sind eben nicht dafür geschaffen zukunftsorientiert zu handeln. Außer wir „zwingen uns bewusst“ oder … dazu später.

Einwurf: Zu den Aussagen der letzten Generation sage ich nichts mehr. Am besten einfach ignorieren. Und hier und da tief einatmen und tief ausatmen. Gleiches gilt für Claudia und ihrem Fetisch für fossile Lobby und für Stefan. Ich atme tief ein, ich atme tief aus. Und höre erst gar nicht zu.

Wie hat letztens mal einer so schön gesagt: Ja fossile Unternehmen haben Millionen in Lobbyarbeit und Co gesteckt. Aber wir Milliarden und wahrscheinlich sogar mehr in Klimaforschung, Kommunikation etc. Also wesentlich mehr. Und das auch staatlich unterstützt. Die Story con der großen Macht der fossilen Lobby die mit kleinen Zuteilungsanzeigen und CO2-Fußabdrücken unser Hirn manipuliert hat, is halt doch aber so ne schöne einfach Lösung. Ich hab da ja immer noch die Theorie der Arbeitsplätze und der fehlenden Alternativen, die auch Politik zögern lassen hat. Und das was Henning halt noch zu sagen hat.

Argh, jetzt hackt Claudia auf Peter rum. Altaaaaaa. Nein, die dt. Wirtschaft und auch die privaten Haushalte haben nicht geächzt unter der Energiewende. Überhaupt nicht. Gar nicht. Claudia hat das bestimmt in ner Studie schön gerechnet. Sicher bin. Is sie Meister drin. Ich atme tief ein, ich atme tief aus. Und ja mag ja nett sein, dass wir damals mit dem EEG dafür gesorgt haben, dass sich Windkraft und Solar überhaupt so entwickeln konnten, weltweit. Aber diese Kosten die damit verbunden waren, siehe auch die aktuelle Problematik in der Wirtschaft mit hohen Energiekosten, belasten Unternahmen auf einem globalen Markt. Und auch private Haushalte. Genau in dem Moment. Und wenn man dann Pleite ist, dann freust du dich sicher nicht, dass du was gutes für die Zukunft getan hast.

Ich atme tief ein, ich atme tief aus. Warum genau muss man Claudia da interviewen? Und Stefan? Warum bekommen die so viel Redezeit? Welchen Mehrwert hat das? Vor allem wenn man dann selbst als Doku-Produzent den Satz einwerfen muss „Wie viel Einfluss die fossile Lobby wirklich hatte/ hat, weiß keiner“. Danke für die Einordnung der Faktenlage. Bauchgefühl so wichtig. Und immer wieder die gleichen Leute. Bisserl Abwechslung wäre nett.

Es gibt einen Markt für Ausreden, beim Klimawandel nicht zu tun.

Stefan Rahmstorf

Argh. Ach komm. Ja das ganze Leben ist ein Markt. Und dieses Ausredengerede geht mir nicht nur von österreichischen Umweltökonomen auf den Trichter. Wenn du zwar die Psychologie des Menschen analysierst, dann aber mit dem Wissen alles noch schlimmer machst. Argh.

Jetzt habe ich mich schon wieder viel zu viel mit diesen Lückenfüllern der Doku befasst, zurück zu Henning und Mojib und unserem Hirn. Ich frage mich grad wirklich, wie Henning es in diese Doku geschafft hat. Wer auch immer dafür verantwortlich ist, ich liebe dich! Wir brauche mehr von solchen Menschen.

Henning erklärt mal am Hirn ab Minute 14, wie das mit dem Autopiloten ist. Die Automatismen in unserem Hirn. Die Suffizienz unsres Hirns in Punkto Energie. Unser Hirn spart davon gern was ein. Aber genau deshalb ist es schwer Verhalten zu verändern. Davon leben ganz viele Psychotherapeuten sehr gut.

Das was du machen kannst. Du kannst eine Gewohnheit mit einer neuen Gewohnheit überschreiben. Wir müssten also sagen, „Was sind Handlungen/ Tätigkeiten, die auch zu einer neuen Gewohnheit werden können?“. Einfach nur das alte abzuschalten, das kriegen wir nicht hin. Wir müssen uns immer vornehmen „was ist eine besser Alternative?“.

Henning Beck

Joa und nein, wir haben keine Knopp auf den wir drücken können und dann zack ändern sich Menschen. Und ja es dauert. Es ist nicht unmöglich, aber es dauert. Und dann gilt aber auch, dass es sich die neue Gewohnheit auch gemütlich macht und fix drin bleibt. Ja wir beharren auf dem was wir haben. Wir wollen es beschützen. Beharrungstendenzen. Folgender Beitrag listet ein paar Bias auf, die da ne Rolle spielen. Ei Guck der Herdentrieb wieder mit dabei. Also Social Proof.

Beharrungstendenzen entstehen meist, weil verfestigte Mindsets und geistige Filterblasen uns hemmen, Neues zu wagen. Mindsets sind Denk- und Handlungsweisen, die auf scheinbar unverrückbaren Glaubenssätzen basieren. Glaubenssätze sind subjektive Bewertungssysteme, die uns sagen, was richtig und falsch ist. Sie bestimmen sowohl die persönlichen als auch die innerbetrieblichen Vorgehensweisen.

Ferner spielen uns kognitive Verzerrungen gern einen Streich. Dies passiert ohne böse Absicht und ohne das wir uns dessen bewusst sind. Einmal habe ich diese Erkenntnis in einem Workshop genutzt, um den wahren Ursachen für leidigen Stillstand auf die Spur zu kommen. Folglich ging es nicht um die eigene Starrheit, man konnte vielmehr einen erklärlichen „Cognitive Bias“ zum Sündenbock machen.

Kognitive Verzerrungen: der wahre Grund für viele Beharrungstendenzen

Dieser Selfherding-Effekt is auch recht interessant. Manchmal sind wir unsere eigene Herde.

Mojib und Henning denken drüber nach, wie Mojib in 20 Jahren aussieht. Und sie stellen fest, dass Mojib dabei nix fühlt. Und gucken mal wieder ins Hirn, warum dem so ist. Je weiter in die Zukunft wir schauen, benutzen wir andere Hirnregionen. Am ende können wir zwar imaginieren, aber es lässt uns kalt.

Mein eigenes Ich in 20 Jahren ist für unser Gehirn wie eine komplett fremde Person. Deswegen kann ich auf Kosten der Zukunft sehr leicht leben. sie kann sich nicht wehren. Und das ist ein Problem, wenn ich langfristige Veränderungen umsetzen will.

Henning Beck

Zu diesen Protestforschern sage ich auch nix mehr. Wenn man sie lang genug befragt, erklären sie dir dann, dass man bei der Anti-AKW-Bewegung am Ende auch nicht sagen kann, obs jetzt die Bewegung war, die ne Veränderung bewirkt hat oder doch die Unglücke wie Fukushima. Ich hätte ja die steile These, dass es letzteres war. Und wer behauptet, es wäre die soziale Bewegung gewesen, will einfach dran glauben. Weil es eine Erfolgsstory wäre für Aktivismus/ zivilen Ungehorsam. Und zu SUVs sag ich schon überhaupt nix mehr.

Kommen wir also noch mal zu Henning und Mojib und ihrem Abschluss-Fazit und Verzicht und Moral und so.

Das liegt daran, dass das Gehirn nicht auf Verzicht eingestellt ist, sondern auf Gewinn und Maximierung, sagt Henning und guckt wieder ins Hirn und Dopamin und so. Weil kann man ja alles wieder doof finden und fragen wie wir nur so überheblich sein können und so. Aber das ändert nix, sondern macht uns wütend. Weil Hirn tickt halt so. Und am Ende müssen wir das verstehen. Dann ist es auch nicht so schlimm. Weil wir dann verstehen, dass wir keine schlechten Menschen sind. Sondern nur das tun, was in uns verankert ist, aber in der Form nicht mehr in unserer heutige Welt passt. Not a Bug is a Feature. Zumindest war es für 99% der Menschheitsgeschichte ein Feature. Nur ist es jetzt eben ein Bug.

Ja niemand rettet die Welt, weil es eine tolle moralische Entscheidung ist. Man rettet die Welt wenn man konkret einen Nutzen im hier und jetzt hat und das langfristig auch funktioniert. Wenn ich nachhaltige Bioprodukte kaufen will, dann müssen die jetzt cool sein und nicht irgendwann in 20 oder 30 Jahren die Welt gerettet haben. Also jetzt den Menschen eine konkreten Vorteil den Menschen anzubieten, dann ändern sie ihr Verhalten.

Henning Beck

Wobei ich das Beispiel interessant finde. Es geht eben beim Nutzen nicht nur um „ich habe weniger Arbeit“, „ich habe Spaß“, „ich habe Einsparungen“. Nein es muss cool sein, ist eine andere Kategorie. Da geht es um Herdentrieb 😬, Status, Gruppendynamiken und so weiter. Aber du kannst es genau in dem Moment fühlen. Dass in 20 Jahren deine Gesundheit besser ist, who cares?

Mojib fragt, ob das auch für die EEs gilt. Weil die sind ja doch irgendwie teuer und die Menschen fühlen eher die Belastung und eben das Gegenteil von Vorteil. Aber wenn wir jetzt alle drüber nachdenken wie toll wir dann doch die Welt retten mit unserem EEG und so. Ne muss jetzt keiner verstehen, außer er hört die gleichen Podcast wie ich. Hüstel.

Stattdessen versuchen wir die Probleme immer komplizierter zu lösen und wollen den Menschen dann erklären, dass sie sich moralisch zurücknehmen sollen. Dann, wenn wir das fordern, dann sind uns die Grundlagen des menschlichen Denkens völlig unbekannt. Denn wir denken in einer anderen Dimension. Wir wollen das maximieren, was wir haben, Und die Kunst ist jetzt, das mit einem nachhaltigen Narrativ und mit nachhaltigen Produkten zu verbinden. Aber nur dann wird es funktionieren.

Henning Beck

Amen! Mir gefällt, dass mit dem „wer das fordert, hat die Grundlagen des menschlichen Denkens nicht verstanden.“ I feel, Henning, I feel. Manchmal ja manchmal denken sie halt auch das denken neu. Und übersehen, dass das eben nix mit der Realität zu tun hat.

Schlusswort vom Autorenteam, das noch mal Henning zusammenfasst: Wissenschaft und Protest ändern nix. Klimaschutz muss eine Mehrwert bringen, den Menschen sofort spüren.

Sagte ich schon, dass Kreislaufwirtschaft ein Milliardengeschäft ist?

Und wo genau kriegen wir jetzt die Kosten unter? Klimaschutz kostet. So leid es mir tut. Zeit, Geld. Und ist harte Arbeit. Windräder und Co fallen nicht vom Himmel. Auch kein Umbau von Geschäftsmodellen. Is Henning eigentlich noch auf Twitter? Nicht wirklich. Muss ich jetzt selbst denken? Och Man muss für sein teuer Geld was kriegen. Wobei wir dann vielleicht doch wieder beim Herdentrieb sind. Wir wissen, dass wir für Statussymbole oder weil man das halt gerade so macht, auch viel Geld ausgeben können. Wobei wobei in unserer pluralen Gesellschaft nicht so einfach, dass die gesamte Herde mitzieht. Ich denke noch. Aber das Grundgerüst passt schon.

Habe mich gestern übrigens bei Youtube verlaufen. Der Markus. Also der Gabriel der, der war beim Scobel. Die Runde an sich war schon hart und das Thema auch. Kapitalismus neu denken oder so, kann man es nennen. Gut das is ja nix neues. Aber Markus macht das grade sehr kreativ. Der macht jetzt Profit mit Moral, ethischer Kapitalismus.

So schön, dass wir drüber gesprochen haben. Und ich bin mir sicher, dass Markus was dem Henning zu sagen hätte. Mindestens „ich ist nicht Hirn“. Andererseits finden die vielleicht sogar zusammen. Wenn der Nutzen eben moralischer Status ist. Aber naja Moral is nicht der Hebel. Da hat Henning schon recht. Und der Marcel wirft zu rechte ein, dass auf einem globalen Markt das Unternehmen mit der höchsten Moral nicht zwingend das ist, das den Ton angibt. Zumal die Regeln auf dem globalen Markt auch eher pluraler werden und wir eben nicht die eine Instanz haben. Interessant in dem Zusammenhang auch „new moral political economy“. Aber ich frag lieber nicht weiter.

Manchmal hänge ich wieder in meiner Schleife fest. Bei all dem Puls, all dem Empören. All dem Nein. Gibt es eben auch … ach heute nicht mehr. Müde …

Schon immer gewusst
Und niemals geglaubt
Ständig gefragt
Statt einfach vertraut
Hat zu viel verlor’n
Und zu wenig riskiert
Hat dauernd erklärt
Und doch nie kapiert

Alles auf null
Auf Anfang
Lass uns von vorn beginn’n
Wir lösen uns auf und suchen
Zusammen zu uns zurück
Alles was war, wird anders
Und doch wie immer sein
Wir sind auserzählt uns seh’n es endlich ein

Das Morgen verschwommen
Das Gestern noch viel zu klar
Die Pläne gelogen
Und die Zukunft zu wahr
Mit Bremse gelebt
Und mit Vollgas geträumt
Zu hart zu uns selbst
Und zu wenig bereut

Alles auf null
Auf Anfang
Lass uns von vorn beginn’n
Wir lösen uns auf und suchen
Zusammen zu uns zurück
Alles was war, wird anders
Und doch wie immer sein
Wir sind auserzählt uns seh’n es endlich ein

Keiner ist Schuld
Wir ham’s nich kommen seh’n
Wir war’n zu laut um uns wirklich zu verstehen
Das Herz kam nich‘ mit
Und ging verlor’n
Zwischen dir und mir
Wir machen den zweiten ersten Schritt von hier

Mh, alles auf null
Auf Anfang
Lass uns von vorn beginn’n
Wir lösen uns auf und suchen
Zusammen zu uns zurück
Alles was war, wird anders
Und doch wie immer sein
Wir sind auserzählt uns seh’n es endlich ein

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