Vernunft fressen Menschsein auf

Ich dreh mich mal wieder im Kreis, fällt mir grad auf. Ich „knabbere“ immer noch an an Philipps Aussage, dass die Evolution uns ja auch mit Vernunft ausgestattet hat und nicht nur Bauchgefühl im Sinne von Heuristiken, Weltbildern, Erfahrungen zwecks Überlebenssicherung. Ja wir sind in der Lage rational zu denken. Zu hinterfragen. Statistiken zu führen, um unsere Überzeugungen / unser Wissen anzupassen. Aba. Aba, Aba. Wie viel Vernunft verträgt das Leben?

Hier noch mal kurz die Vorlesung eingeworfen.

Vorlesung „Bullshit-Resistenz“ (2023, UDK Berlin) 7. „Rationalität II: Vernunft versus Intuition“

Was wenn wir unser Leben nur noch über Vernunft steuern lassen? Für den Fall, dass sowas theoretisch ginge. Was ich praktisch total bezweifele. Sind wir dann nicht wieder bei diesen lustigen Zukunftsromanen, in denen wir all unsere Wünsche, Begierden, Bedürfnisse kastrieren. All das schädliche. Wenn wir uns selbst ein Korsett verpassen, aus denen dann das Tier in uns ausbrechen will und muss. Es ist nicht umsonst so, dass wenn wir besoffen sind, all die gute Moral etc. nicht mehr vorhanden ist und wir Dinge sagen und tun, die wir sonst mühevoll übersteuern. Es ist nicht umsonst so, dass Menschen nach Freiheit schreien, wenn man sie „einsperrt“.

Sind wir dann nicht wieder bei der Debatte wie sie Philosophen schon ewig führen. Dass Emotionen schlecht sind. Dass nur der Verstand, die Vernunft das richtige das erstrebenswerte Ziel wäre, dem wir alle folgen sollten. Welche Form von Leben ist dass dann noch?

Natürlich ist es vernünftiger, mehr Sport zu betreiben, weniger Fleisch zu essen, nicht zu rauchen, nicht zu trinken, nicht zu kiffen, egal wie viele Lebensjahre uns das kostet. Oder irgendwelchen Mächtigen / Erfolgreichen hinterzuschmachten. Die eigenen Seele, seine Körper zu verkaufen, nur weil es sich gut anfühlt, dieser Erfolg. Im Grunde ist auch das ein sozialer Aufstieg. Theoretisch in unseren Träumen. Getriggert durch den weiblichen Wunsch nach guten mächtigen Versorger. Erfolg macht sexy. Und auf der anderen Seite die blind, die sich davon blenden lassen, koste es was es wolle. Ich schweife mal wieder ab. Aber auch das Thema gehört zur Unvernunft. Es ist unvernünftig das zu tun. War es schon immer. Und auch wenn er dich sanft anfasst, bleibt am Ende nur Schmerz, weil sich deine Träume nicht erfüllen und an der nächsten Ecke das Austauschobjekt wartet.

Abgesehen davon dass ich wüsste, was ich meine Kindern beibringen würde – obs ankommen würde, sei dahingestellt – wie sehr wollen wir uns geißeln. Wie sehr zu Robotern werden? Klar mag ich das jetzt auch aus einer überspitzten Perspektive betrachten, aber wie hat der Peter Sloterdijk im Gespräch mit Maja festgehalten, am besten hat ein guter Philosoph keine Familie/ Kinder. Dat lenkt nur ab und kostet Zeit. Aber das ist das Leben. Das ist das warum wir Leben. Wir leben nicht für die Vernunft. Jobwahl, Wahl der Autoversicherung etc. Weiß Gott nicht. Nicht für Wahrheiten. Oder große Erkenntnisse. Und neben all den Philosophen und Priestern, gab es auch schon immer die Poeten oder Krieger, die andere Dinge in uns bespielten. Der verständnisvolle, dauergendernde, total auf Gerechtigkeit und soziale Wünschen eingestellte Jan aus Berlin Mitte mit dem Sexappeal eines Löschblatts (Copyright Richard David Precht und nein es war nicht Berlin Mitte, sondern Berlin vergessen hab). Ich find das immer sehr treffend formuliert. Nett aber ohne Reiz. Warum dreht sich all die Kunst immer um Emotionen? Liebe, Schmerz, Begierde blubs. Warum geht es nie um Vernunft und Wissen? Ist Vernunft das was wir Leben nennen?

Die meisten von uns wollen und streben nach anderen Dingen als ständigen vernünftigen Denken. Und hoffen eher, dass diese Zweifel die ein Nachdenken und Grübeln mit sich bringt, schweigen. Ist das richtig, ist das falsch? Bin ich richtig, bin ich falsch? Wollen Leben. Leben spüren. Freude, Glück, Euphorie. Genuss, Begierde. Unvernunft. Risiko.

Leben.

PS: Die richtige Autoversicherung und der richtige Job sind dabei durchaus auch gern gesehen.

Hallo, ist da jemand?
Ist da jemand, der mich rufen hört?
Und mir sagt, wer ich bin

Hallo, ich bin niemand
Ich bin niemand und ich fühl nichts mehr
In mir ist alles schwarz und leer

Ich weiß nicht
Ist mir warm oder ist mir kalt?
Ich weiß nicht
Will ich schweigen oder will ich schreien?

Gib mir Liebe
Gib mir Zweifel
Gib mir Hoffnung
Gib mir Schmerz
Gib mir Frieden
Gib mir Träume
Gib mir Herz
Gib mir mehr (oh-oh, oh-oh)

Kann mich noch was berühren? (oh-oh, oh-oh)
Ich will wieder was spüren

Hallo, ist da jemand?
Ist da jemand, der mich sehen kann?
Und mir sagt, es ist okay

Hallo, ist da jemand?
Jemand, der hält, was er verspricht?
Ob ich’s glaube oder nicht

Ich weiß nicht
Ist mir warm oder ist mir kalt?
Ich weiß nicht
Will ich schweigen oder will ich schreien?

Gib mir Liebe
Gib mir Zweifel
Gib mir Hoffnung
Gib mir Schmerz
Gib mir Frieden
Gib mir Träume
Gib mir Herz
Gib mir mehr (oh-oh, oh-oh)

Kann mich noch was berühren? (oh-oh, oh-oh)
Ich will wieder was spüren

Ist mir warm oder ist mir kalt?
Will ich schweigen oder will ich schreien?

Gib mir Liebe
Gib mir Zweifel
Gib mir Hoffnung
Gib mir Schmerz
Gib mir Frieden
Gib mir Träume
Gib mir Herz
Gib mir mehr (oh-oh, oh-oh)

Kann mich noch was berühren? (oh-oh, oh-oh)

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