Es war einmal … Teil 2

Hast du Defizite Fritze? Nein? Okay Selbstüberschätzung, ich notiere mir das mal. Jetzt schau nicht so entsetzt.

Ich habe Stärken und Schwächen. Ich hab sie aber nie als Defizite gesehen. Und will ich auch gar nicht. Wo kommen wir denn da hin. Ja es gibt Dinge an denen mag man gern arbeiten. Naja wobei „gern“ is da vielleicht falsch formuliert. Man will dran arbeiten, weil es einen unzufrieden macht.

Wo ich grad so nachdenke über Emotionen, Zweifel, Schwächen und was uns sonst noch so bewegt, heut mal was anderes, hier mal ein kleiner Schwank aus meiner Jugend *hust*

Wer Menschen und ihr Verhalten verstehen will, muss sich mit ihnen befassen. Muss sich mit denen befassen, die dich teilhaben lassen. In die Tiefen hinein. Was bewegt Menschen? Was steckt dahinter. Welche Mechanismen gibt es. Auch wenn sie dir weh tun. Auch Absicht hat ihre Gründe. Befreit es sie von Schuld? Nein. Man trägt auch für sich, für sein eigenes Verantwortung. Man kann Dinge ändern. Veränderung ist nie einfach. Und harte Arbeit. Für jeden einzelnen und für Gesellschaften. Wenn das alles so einfach wäre, bräuchten wir all die Therapeuten und jahrelange harte Arbeit nicht.

Das Leben ist nicht fair. Manchmal lernen wir ohne es zu merken in jungen Jahren Verhaltensweisen, die uns später das Leben schwer machen. Manchmal ziehen wir einfach nur die falsche Karte im Spiel des Lebens. Und manchmal kommt einfach vieles zusammen.

Manchmal, manchmal versteht man Menschen nicht. Und manchmal auch sich selbst nicht. Und manchmal fängt man an verstehen zu wollen. Ist jetzt auch bald 10 Jahre her wieder. Da hat mich ein Mensch etwas aus der Bahn geworfen. Ich muss gestehen, mir war gar nicht bewusst wie sehr man sich hormontechnisch wegbeamen kann. Allein das war schon ne Doktorarbeit wert. Wenn man das Gefühl hat, man kann nicht mehr normal gucken. Schräge Angelegenheit, aber das war noch das geringste Problem. Da waren ganz andere Dinge, die ich nicht verstand. Dinge die keinen Sinn ergaben. Dinge die anders waren.

Also begann ich zu lesen. Ich wollte verstehen. Ich hab da so ne Schwäche. *hust*

Zu der Zeit geschah es auch, dass ich zum zweiten Mal in meinem Leben den Drang verspürte mich selbst zu verletzen. Es war das Messer mit dem ich mir mein Brot schmieren wollte. Nein ich tat es nicht, aber ich registrierte den Wunsch, den Drang. Den hatte ich zuvor nur einmal verspürt. Mit Anfang 20. Es irritierte mich damals schon. Ich verstand nicht. Ich hatte das nie zuvor und konnte mich nicht mal daran erinnern, es je zuvor gehört zu haben. Aber auch das wollte sich 10 Jahre später aufklären. Es waren emotionale Ausnahmesituationen. Wenn in dir ein Chemiecocktail brodelt. So wie jeder von uns zum Mörder werden kann, glaube ich auch dass jeder solche Erfahrungen machen kann, wenn irgendwas dafür sorgt, dass unsere körpereigene Chemie aus den Fugen gerät. Psyche sind ja nicht nur Gedanken, es ist verdammt viel Chemie. Und das eine kommt zum anderen und umgedreht.

Eine gute Freundin von mir hatte nach der Geburt ihres Kindes fliegende Messer vor den Augen. Und meine eigne Erfahrung lässt mich nicht urteilen, sondern verstehen. Und das ist nur das eine Extrem. Das manchmal sichtbar wird. Aber ist viel mehr.

Zum Glück ist mein Leben relativ entspannt. Aber es gibt sie diese Phasen, die ich „schräge Selbsterfahrungstrips“ nenne. Wo man durchaus auch Dinge erlebt mit denn andere jeden Tag zu kämpfen haben. Und das hat viele verschiedene Gründe. Und niemand sucht sich das aus. Wir vergessen das oft, wenn wir über Menschen urteilen.

Ich hab zu wenig geschlafen. Zu viel gelesen. Und mich damit auch weggebeamt. Mein Körper kam damit nicht mehr zurecht. Ich konnte mich nicht mehr artikulieren und manchmal sah ich Blitze. So als würde ich meinem Hirn dabei zugucken, wenn es neue Verbindungen aufbaut. Schräge Zeit. Auch auf emotionaler Ebene. Wenn am Ende die emotionale Kälte entsteht, die dich schützen soll. Aber irgendwie auch das Gegenteil bewirkt. Weil es so kalt ist.

Ich hab mich rumgetrieben auf Blogs von Menschen, die sich ihr Leben von der Seele schreiben. Und auch das ist vielschichtig. WordPress kann eine große Selbsthilfe Gruppe sein. Man darf teilhaben. Ich frag mich, was aus dem Teenager geworden ist, der früh seine Mutter verlor. Ich frag mich was aus der Mutter geworden ist, die manchmal nicht Mutter sein konnte, weil sie ab und an nicht mal die Nähe ihres eigenen Kindes zulassen konnte. Eine andere Form von Social Media. Die sehr nachdenklich macht. Ganz anders als Twitter. Viel tiefer. Viel mehr Mensch. Viel mehr Nachdenklichkeit. Viel mehr Tränen und weniger Kampf. Wobei Kampf. Doch schon Kampf für viele. Aber Aufgeben ist nicht.

Ich hab viel gelesen damals auch was Psychologie betrifft. Auf der Suche nach Antworten. Auf der Suche nach Hilfe. (Nein nicht für mich.) Wege zu finden, nicht mehr Spielball der Emotionen zu sein. Erlernter Verhaltensweisen. Verhaltensweisen geboren aus der Umwelt, Erfahrungen und einem kindlichen Geist, der eine Lösung sieht, die er nicht versteht. Zweifel. Viele Zweifel. Zweifel mit denn man unterschiedliche umgehen kann. Der Wunsch perfekt zu sein. Gefallen zu müssen. Geliebt werden wollen. Zu wenig Liebe genau wie zu viel. Die Latte ist lang. Und ich behaupte meist ein individueller Mix, der dann zu etwas führt, was sehr hart für die Betroffen sein kann. Aber es erlaubt einen Blick in den Baukasten des Menschen. All die Choleriker, Narzissen, Psychopathen, Dramatiker – am Ende zeigen sie uns nur, was in allen von uns ist. Nur leiser.

All diese ganzen Therapien, all diese ganzen Psychologie-Bücher, die wilde Erklärungen beinhalten. Quasi ein „interpretiere“ nicht ein Gedicht sondern einen Menschen. Es war so ermüdend unbefriedigend. Es hat lange gedauert, bis ich die richtige passende Interpretation fand. Die erklären lies, die passte, die verstehen lies. Die Antwort auf das Warum. Vielleicht wundert es mich auch deshalb nicht, dass die Umweltpsychologie keine Antworten hat bzw, unbefriedigende.

Manchmal ist es eben die Welt in die wir hineingeboren werden. Der spezifische Umstand. Die Familie, das wie viele Kind man ist. Die Liebe die man zu viel oder zu wenig bekommt. Die Eltern. Die Kultur. Was einem fehlt und was einem zu viel gegeben wird. Das Gefühl des anders seins. Das Gefühl dazugehören zu wollen. Sein zu müssen. Sein zu wollen wie die zu denen man aufschaut. Oder gar einfach nur ein gravierndes Ereignis. Es hat viele Facetten und oft braucht es mehr als eine. Es triggert. Emotionen und Gedanken. Schafft Resilienz oder Verletzlichkeit.

Es hat viele Grautöne von macht dich erfolgreicher bis hin dass es dein Leben bestimmt.

Und manchmal ist es richtig schräg was unser Körper alles mit uns machen kann. Wenn sich der Geist abkoppelt. Wenn du zuschaust. Es gibt übrigens Menschen, die versuchen das bewusst. Also das dissoziieren herbeizuführen. Mit Meditation. *Hust*

Meditation. Ja der Grund warum ich beim Buddhismus landete war die unbefriedigende Psychologie/ Psychotherapie. Also gemäß meiner bescheidenen Leserei, in Büchern und auf Blogs. Vieles steht und fällt mit der bewussten Wahrnehmung und der bewussten Steuerung. Damit das Leben schöner wird. Damit man nicht an sich selbst verzweifelt. Nicht an anderen. Achtsamkeit als Mittel zum Zweck.

Ich hab damals mein Tagebuch vorgebuddelt, das ich mit Anfang 20 schriebt. Eine aufwühlende Phase mit täglichem auf und ab. Und ich verstand. Ich verstand warum ich daran irgendwie zerbrach. Am Ende ist es das was es mit einem Macht. Mit den Gedanken und vor allem mit der Chemie in uns.

Ich glaub das vieles noch nicht bekannt ist. Weil Psychologen und Neurowissenschaft zu wenig zusammenarbeiten. Dass wir zwar mit Psychopharmaka irgendwie in unser Hormonsystem eingreifen, aber nicht wirklich wissen was wir da tun. Was wir das alles noch nicht verstanden haben.

Manches verwächst sich. Manches bleibt. Wenns gut läuft lernt man damit umzugehen. Man selbst und andere. Es braucht keine Führer. Außen sich selbst. Und Menschen die zuhören. Und das entscheidende ist, man kann es selbst entscheiden. Wie alles im Leben. Man muss wollen.

Ein übler Nebeneffekt meiner Reise damals war übrigens, dass ich alle meine Mitmenschen analysierte und ich die entsprechenden Persönlichkeitstyp Schublade packe. Es hat ca. ein Jahr gedauert, sich das wieder abgewöhnen. Schlimm schlimm. Ich mach das nur noch ab und an, bei auffälligem Verhalten *hust*. Und dann auch eher aus Selbstschutz. Hab mich immer gefragt, wie das wohl ist, wenn man privat mit Psychotherapeuten zu tun hat. Sind die auch am Daueranalysieren?

Vielleicht sollte ich mein Wissen mal auffrischen. Hab letztens gelesen, dass man die verschiedenen Persönlichkeitstypen abgeschafft hat wegen zu vieler Überscheidungen und so. Vielleicht sollte ich mal wieder mehr Zeit in den tiefen menschlichen Abgründen des Internets verbringen. Wer Menschen und ihr Verhalten verstehen will, muss sich mit ihnen befassen. Muss sich mit denen befassen, die dich teilhaben lassen. Am Ende haben wir alle den gleichen Baukasten. Nur was wir daraus benutzen, da unterscheiden wir uns. Und meist haben wir das alles so nicht gewollt.

Aber es liegt an uns zu entscheiden, wer die Kontrolle über uns hat. Selbstwirksamkeit der anderen Art.

Und irgendwie suche ich doch schon seit längerem nach dieser Liste mit den menschlichen Verhaltensweisen. Wenn man die Welt verändern will. Muss man den Baukasten des Menschen verstehen. Er ist nämlich kein rationales Wesen. Und selten frei von Einflüssen. Im Gegenteil.

Heute mal keine Musik. Sondern Kafka. Ein Buch das man mir gab. Das Lieblingsbuch. „Der Prozess“. Ich sag mal: Interpretiere.

Verlassen sind wir doch wie verirrte Kinder im Walde. Wenn Du vor mir stehst und mich ansiehst, was weißt Du von den Schmerzen, die in mir sind und was weiß ich von den Deinen. Und wenn ich mich vor Dir niederwerfen würde und weinen und erzählen, was wüßtest Du von mir mehr als von der Hölle, wenn Dir jemand erzählt, sie ist heiß und fürchterlich. Schon darum sollten wir Menschen voreinander so ehrfürchtig, so nachdenklich, so liebend stehn wie vor dem Eingang zur Hölle.

Kafka

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