Der Herr Hübl versucht sich ja grade an Vernunft. Also dem rationalen Denken. Dem bewussten Denken. Jenseits dem Bauchgefühl, Bias, Emotionen. Vorlesung Nummer 7 seiner Bullshit-Resistenz-Reihe.
Und ich denke mal wieder. Denke über die negativen Seiten des Denkens nach. Weil ich bin mir nicht sicher, ob Vernunft sich immer nur gut anfühlt. Gut jetzt vermischen wir Emotionen und bewusstes Denken, aber so sind mir nun mal wir Menschen. Aber ein Hinterfragen von nennen wir es mal Ansichten, ein Hinterfragen des Bauchgefühls, das kann schon mal die ein oder andere Dissonanz auslösen. Unangenehme Sache, die. Aber darauf will ich primär gar nicht raus. Sondern noch was anderes.
Ich wage jetzt mal die steile These, dass ein bewusstes Nachdenken über einen Sachverhalt, in erster Linie Zweifel verursacht. Nehmen wir auch die Beispiele aus seiner Vorlesung. „Soll ich die Frau heiraten? Welchen Job soll ich annehmen?“ Zu den Fragen hat man eigentlich ein Bauchgefühl, aber man fängt an bewusst drüber nachzudenken. Weil nicht, dass man eine Fehler macht. Das sind weitreichende Entscheidungen. Und schon fängt die Grübelei an. Und zum Schluss weiß man auch nicht weiter. Is ja nicht umsonst so, dass wir dann gerne um Rat fragen und am besten die Verantwortung für die Entscheidung bei anderen abladen. Die ganze Grübelei und Vernunft und Checklisten alles nix was am Ende Sicherheit gibt.
Wer bewusst darüber nachdenkt, wie er bestimmte Dinge tut wie z.B. gehen, wird wacklig. Hat der ein oder andere vielleicht schon mal ausprobiert. Kann ich sehr gut auf Treppen. Blöde Angewohnheit. Wenn wir also bewusst nachdenken, wenn wir Bauchgefühl nicht stattgeben, dann fangen wir auch an zu schwanken. Was wenn da noch mehr ist? Wenn nicht nur die eine Sache falsch ist? Was wenn da was dran ist? Was wenn das aber falsch ist und das andere doch richtig war. Was wenn da noch was ganz andere ist. Je nach Fragestellung würde das im Extremfall unsere Erklärung der Welt ins Wanken bringen. Und zack schon hätten wir gefühlten Kontrollverlust auf ganzer Ebene.
Das gleiche können wir dann eben mit jedem x-beliebigen Thema machen. „Aber es könnte ja doch. Oder vielleicht? Hmmm“. Grübel, Verzweifel. Vielleicht ist das sogar ein Grund warum manche Verzweifeln. Zwar spricht man da auch gern von automatischen negativen Gedanken, aber ist es nicht diese verdammte Grübelei und diese Gedanken im Kopf? Jetzt können wir natürlich gern drüber reden, dass die Gedanken oft nicht ganz so realistische Szenarien wiedergeben. Und wenn man sich manche Dinge bewusst machen würde und die Gedanken hinterfragen, dann wäre das alles wieder viel besser. Aber weiß nicht. Ist das nicht ein Kollateralschaden dieses Grübeln und Wanken? ein Kollateralschaden des bewussten Denkens? aber ich schweife in Sphären ab, die eher die Baustelle vom Sterzer sind. Ähnliches Thema wie Überzeugungen und Wahn. Und ist da nicht viel von dem Grübeleien im sozialen Verankert und wieder den unbewussten Bedürfnissen und Ängsten dazuzugehören, wichtig zu sein. Nicht allein zu sein. Weil Überleben im Rudel einfacherer ist. Ist nicht vieles, was einige Menschen da total irre machen kann, darin begründet? In Evolutionären Mechanismen im sozialen Kontext, um unsere Überlebenchancen zu verbessern gepaart mit der Fähigkeit des bewussten Denkens in Worten, Bildern Gedanken, Was-Wäre-Wenn-Szanerien, Imaginieren etc. Ich bin was ganz heißen auf der Spur. Sehe den Nobel-Preis vor mir.
Ich wünscht‘ es wär‘ mir egal
Was passiert
Wer gewinnt
Wer verliert
Und es wär‘ mir egal
Ob du mich verstehst
Ob du bleibst
Oder gehst
Ich wünscht‘ es wär‘ mir egal
Zurück zum rationalen Denken und mal Richtung Wissen. Unser Wissen ist begrenzt. Es ist abhängig davon, was wir uns selbst erarbeitet haben und was man uns mitgeteilt hat. Fortlaufend. Wir können auch nicht alles selbst wissen. Im kleinsten Detail. Also vertrauen wir. Wir haben ja keine andere Wahl. Dazu gehört auch ein „Weitersagen“. Und ja da packen wir dann Wissen in Erzählungen. Wir reden ja nicht in Formeln, Ablaufdiagrammen oder sonstigen abstrakten Strukturen miteinander. Und ja wir übertreiben dann hier und da auch. Emotionalisieren, um bei besonders wichtigem Wissen entsprechende Trigger zu setzen. Aber und das ist der entschiedene Punkt unser Wissen is abhängig von unserer Umgebung. Von denen die uns Wissen aufbereiten. Nur weil irgendwer irgendwas erforscht hat, is es noch lange nicht in unserem Kopf. Und all das Wissen, Thesen und Antithesen werden nie in unserem Kopf sein. Nicht in jedem von uns. Wir sind geeicht darauf, Wissen anderer zu glauben, zu übernehmen. Für richtig zu erachten.
Wurde ein Mitspieler von anderen als großzügig bezeichnet, tendierten die anderen dazu, ihm auch eher Geld zu geben – ohne dass sie für die Richtigkeit der Notizen Belege hatten. Sogar als die Spieler Informationen über das konkrete Verhalten ihrer Mitspieler in vorherigen Runden erhielten, vertrauten sie lieber dem Klatsch auf den Notizen, auch wenn dieser der Realität widersprach.
Menschen seien kulturell daran gewöhnt ihre Entscheidungen aufgrund von Tratsch, Gerüchten oder anderen mündlich überlieferten Informationen zu treffen, erklärte Sommerfeld. Diese Strategie sei vor allem erfolgreich in Umgebungen, wo ein Mensch nicht alles selbst beobachten kann, sondern auf indirekte Informationen aus anderen Quellen angewiesen ist.
Menschen glauben eher Klatsch als Wahrheit
Und ja wir sind darauf angewiesen, dass andere sich intensiv mit Dingen befasst haben oder Erfahrungen gemacht haben und uns dann eine Zusammenfassung liefern an der wir unser Handeln ausrichten können. Das mag schon immer so gewesen sein und auch Grund für die Geschichten am Lagerfeuer. Aber da können wir nicht einfach anfangen zu zweifeln. Mal ganz zu schweigen davon, dass das der Gruppe nicht gefallen würde. Und im Grunde is das auch wie mit dem Tiger. Lieber einmal zu viel ein Drama geglaubt als einmal zu wenig. Weil zack, wum, aus die Maus.
Der Philipp würde jetzt wieder sagen: Das is ein Trottel. Hat vertraut, dachte passt schon und dabei hat er nen Murks geglaubt. Ergo sind wir alle dauernd Trottel, weil wir andauernd blind vertrauend Murks weitergeben. Und wer hat sich selbst nicht schon mal als Trottel und Depp bezeichnet, wenn er gemerkt hat, dass er da a bisserl falsch vertraut hat. Wahlweise auch als Idioten. Wobei wir natürlich schon unterscheiden in unsere Gruppe und die andere. Weil unsere Gruppe hat natürlich immer recht, die andere so was von nieeemals never ever. Allein diese Schräglage sagt auch schon alles aus. Da ist halt auch sehr viel soziale Komponente dabei beim Mensch das Herdentier.
Ergo finde ich jetzt den Begriff Trottel nicht so prickelnd. Weil ja stimmt schon irgendwie, aber andererseits sind die Mechanismen so tief in uns drin, dass dieser abwertende Begriff unpassend ist. Ein bewusstes drüber Nachdenken, ein bewusstes in Frage stellen/ Hinterfragen kann ein Rütteln an den Grundfesten sein. Das wiederum lässt uns haltlos zurück. Erzeugt Unsicherheit. Kontrollverlust. Die Welt wankt. Zumindest in unserem Wissen. Uns solche Situationen versuchen wir zu vermeiden. Kognitive Dissonanz „zwingt“ uns stattdessen lieber die „Unwahrheit“ zu glauben. Und darauf dann unser rationales Denken, unsere Vernunft aufzubauen. Aber kann das Vernunft sein? Oder geht diese eh nur, wenn ich dann mit lauter Wissen über Bias und Gruppen und Beeinflussung mich immer mit Gegenpositionen konfrontiere, um dann in eiern Endlosschleife diese wieder zu hinterfragen, um dann das neue Wissen zu hinterfragen. Muss grade an Wolfgang Merkel denken und die Endlosdebatten der Demokratie. Wo jeder immer noch mal was neues einwirft, damit wir dann wieder am Anfang landen.
Oder so ein Hintragen kann auch zu einer Kritik an der eigenen Gruppe führen und somit auch zum Ausschluss aus der Gruppe führen. Das war die meiste Zeit der menschlichen Existenz nicht so das prickelnde angestrebte Ziel. Verringerung der Überlebenschancen inbegriffen. Und wenn das jeder macht, wo soll das enden? Das kann die Überlebenschancen einer Gruppe nicht erhöhen.
Je stärker also die Sichtweise/ das Wissen meiner Gruppe zu einem bestimmten Thema, um so stärker auch das individuelle festhalten an dieser Sichtweise. Das ist alles erklärbar. Unschön aber erklärbar. Und wie sollen wir auch anders funktionieren können in breiter Masse. In einer Demokratie, die von uns Entscheidungen zu wichtigen Fragen verlangt – in Form von Wahlen. Über Dinge, die wir nie voll und ganz verstehen können. In einer komplexen Welt.
Warum hängen gerade gebildete Leute so stark an ihren Überzeugungen? Weil das teilweise ihr täglich Brot ist. Nimm Wissenschaftler, nimm Journalisten. Mein Wissen, meine Überzeugungen (mir gefällt übrigens die Gleichsetzung nicht) ist mein Kapital. Wer zweifelt, verliert. Wer eine Gesellschaft beeinflussen will, darf nicht zweifeln. Grundsätzlich darf man nicht zweifeln, wenn man erfolgreich sein will. Wir wollen nicht geführt werden von Zweiflern. Es ist nicht umsonst so, dass wir in Krisenzeiten nach Stärke suchen. Sir suchen Kontrolle und Halt. Zweifel ist was für Schönwetter.
Die Torte gefühlter Wahrheiten halte ich übrigens auch nicht für die cleverste Erfindung unserer Zeit. Sie ist am Ende nichts anderes, was Philipp beschreibt. Im Grunde einfach schlechter Journalismus und total unwissenschaftlich. Aber es bedient den Blick, den wir auf bestimmte Dinge haben. Also zumindest ein Teil der Gesellschaft. Der andere Teil empört sich drüber.
Und daher kann das mit der Vernunft nicht funktionieren. Flächendeckend. Dauerhaft. Mag ja sein, dass die Evolution uns mit der Fähigkeit ausgestattet hat und irgendwie scheints sich ja bewehrt zu haben. Und ab und an nutzen wir sie auch. Und sie mag zu Erfindungen und Fortschritt sowohl technischer als auch moralischer Natur geführt haben. Und ab und an macht sie uns irre, diese Fähigkeit. Aber auch sie ist nicht geschaffen für diese komplexe Welt. Und im Zweifel führt sie zu Zweifel. Und dürfen Entscheidungsträger zweifeln? Bringt uns das vorwärts?
Wir sind nicht frei. Wir werden nie frei sein. Wir sind immer Getrieben unserer Umgebung. Sie gibt uns vor was wir wissen können. Und somit auch wie wir Vernunft leben. Also wie wir bewusst auch über Dinge nachdenken. Womit wir versuchen es in Einklang zu bringen. Der Mensch als soziales Wesen mit all seiner Unvollkommenheit. Und irgendwie versuchen wir doch alle nur zu überleben mit all dem Wissen und Unwissen und Zweifel in uns.
PS: Die Welt ist entschlüsselt. Kann alles nachhaltig weg. Is aussichtslos. fehlgeschlagenes Experiment
PPS: Die Gruppen sind das Problem. Das Soziale. Das uns am Ende überall Ketten anlegt. Auch der Vernunft. Sagte der Einzelgänger und zog von dannen. Und nein, es ist nicht der Kapitalismus, aber was weiß ich schon. Und morgen puzzeln wir das zusammen. Mustererkennung, Bauchgefühle, Wissen, soziale Wesen.
In meinem Kopf ist ein blauer Himmel
Ist von Gedanken bedeckt
Doch in meine Ohren flüstert eine Stimme
„Du bist nicht in Ordnung“Da ist ein Schalter in mir, der ist einbetoniert
Mit Kleber verstopft und mit Gaffer fixiert
Da ist ein Schalter in mir
Und selbst wenn du ihn berührst (du ihn berührst)
Kann mir nix passierenIch hab‘ fünf Meter Mauern und keiner kommt rein
Hinter fünf Metern Mauern sollte mein Palast sein
Ich hab‘ fünf Meter Mauern, ich komm‘ nicht raus
Hab‘ hinter fünf Metern Mauern ein Gefängnis aufgebautIch hab‘ fünf Meter Mauern
Hinter fünf Meter Mauern
Ich hab‘ fünf Meter Mauern
Hab‘ hinter fünf Metern Mauern
Ein Gefängnis aufgebautIch kann nicht gut alleine bleiben
Dann müsst‘ ich mir ja zuhören
Muss mich immer wieder selbst betäuben
Damit ich nichts mehr spür‘Da ist ein Schalter in mir, der ist einbetoniert
Mit Kleber verstopft und mit Gaffer fixiert
Da ist ein Schalter in mir
Und selbst wenn du ihn berührst
(Du ihn berührst)
Kann mir nix passierenIch hab‘ fünf Meter Mauern und keiner kommt rein
Hinter fünf Metern Mauern sollte mein Palast sein
Ich hab‘ fünf Meter Mauern, ich komm‘ nicht raus
Hab‘ hinter fünf Metern Mauern ein Gefängnis aufgebaut