Diskurshyäne

Zack die Diskurshyäne hat wieder zugeschlagen. Und ja die Herde hat niedergetrampelt. Diese Shitstorms sind oft vorhersehbar.

Verantwortung, was ist schon Verantwortung? Warum sollte man sich verantwortlich fühlen? Warum sollte man bedenken, dass das eigene Verhalten, Verhalten bei anderen auslöst? Verantwortung, was ist schon Verantwortung?

Was vielen nicht bewusst ist, ist dieser Dominoeffekt. Sprich mit meinem Verhalten erzeuge ich Verhalten von anderen Personen. Personen, die ich vielleicht gar nicht sehe. Wenn ich meinen persönlichen Krieg hier austrage (berechtigt oder nicht), legitimiere ich meine Anhänger für mich zu kämpfen. Und selten ruft da einer zum fairen Kampf auf. Und dann nimmt das Unheil seinen Lauf. Jeder hat noch einen drauf zusetzen und jeder darf noch mal ran. Und wenn einer einen richtig guten Spruch gemacht hat, dann muss man das abfeiern. Also nicht, dass ich nicht auch schon diese Spielchen mitgemacht hätte. Am interessantesten ist es, das ganze aber einfach nur zu beobachten. Wie eins nach dem anderen zusammenkommt. Und moralisch finden immer alle eine Legitimation. Kritik an Diskursbeträgen fern jeglicher Kinderstube oder eben mit rein platter Aufmerksamkeitsökonomie, wird auch gern geübt. Aber zu 99% eben nur bezogen auf die gegnerische Gruppe. Die eigene Gruppe kritisiert man nicht. Dadurch wird das ganze aber wiederum nur zu einem weiteren Angriff. Und schon dreht sich die Spirale weiter. Und man bestätigt sich in seiner Gruppe gegenseitig und bekriegt den anderen. Manchmal ist es ein ewiger Kampf ums Recht haben, manchmal ein Überbietungswettbewerb an Schärfe, Witz oder Moral. Und irgendwas zum Kritisieren findet man immer und irgendwas zum falsch verstehen eh.

Immerhin hab ich gewisse Phasen überschritten. Auch wenn ich hier und da die Kontrolle verliere und dann doch … Und dann nehmen die Emotionen ihren Lauf. Immerhin bin ich mittlerweile in der Lage es zu registrieren. Auch wenns nicht immer richtigt getimed ist. Was aber schlimmer ist, ist der Versuch sowas aufzuhalten. Keine Chance. Du kannst nur tatenlos zugucken. Oder wirst selbst zermalen. Gegenrede nun ja. Das beste was dir passieren kann, ist dass man mit ein oder zwei Leuten ins Gespräch kommt.

Update 15.02.: Und dann diese Rechtfertigung dieser geballten Wut. Dieses Augen Verschließen vor der Tatsache dass Tausende Menschen auf einen einzelnen Menschen losgehen. Als ob das in irgendeiner Form gutzuheißen wäre. „Ehrliche Wut“ – ich glaub mein Schwein pfeift Lapaloma Fritze. Man kann sich alles zurecht biegen. Und gerade Marina ist jemand der beim leisesten Verdacht von Antisemitismus Schnappatmung kriegt und nun kommt nur ein Hinweis auf „vereinzelte Euthanasievergleiche, Beleidigungen und sogar Antisemitismus. Das geht nicht“ Nein keine Empörung, keine ehrliche Wut. Nur ein „das geht nicht“ Zwischen allen Rechtfertigungen ein Drei-Wort-Satz. Definiere Psychologin bitte, Fritze. Ahh ne willst lieber nicht. Verstehe,

Ehrliche Wut, Wut die abgeladen wird auf einzelne Personen, weil das Leben sich nicht kontrollieren lässt. Weil wir nicht jeden schützen können ohne einen Preis zu zahlen, der an anderer Stelle zu Schäden führt. Wut will uns immer was sagen. Und oft ist es Machtlosigkeit und/ der nicht erfüllte Erwartungshaltung.

Meine ehrliche moralische Wut ist gerade am Anschlag, wenn ich all diese Rechtfertigungen lese.

Und alle sind sie vor dabei, die „Scharfmacher“ von links. Marina, Sixtus, Jasmina und so weiter. Ach und Katja auch. Alle die die die Welt verbessern wollen/ werden. Das sind die Momente, wo es mich nur noch ekelt. Ekel, na endlich mal ein konservatives Kriterium. Ich dachte schon ich muss progressiv sterben. Es besteht Hoffnung.

Weißt Fritze, Hass und Bedrohungen gibt nur gegen die eigenen Leute nie gegen die gegnerischen und dann schon gar nicht aus der eigenen Gruppe. Ich habe Puls, ich habe Hals. Fürsorge, Mitgefühl, Empathie gibts halt nicht für jeden gemäß progressiver Denkmuster. Da muss man schon fein säuberlich unterscheiden. Diese Verdrängung von unangenehmen Wahrheiten. Ach ja stimmt das sind immer nur die andren. Immer. Unangenehmen Wahrheiten muss man sich selbst nie stellen.

Macht das glücklich, Fritze? Macht das wirklich glücklich? Jemand anderen besiegt zu haben. Kollektiv mit Likes und Kommentaren. Und natürlich ist das richtig so. Und wer dummes Zeug redet, dem muss widersprochen werden. Diese Diskurshyäne die durchs Land zieht. Und weil das so viele machen ist das auch alles richtig und gut so. Und überhaupt ist eine Rechtfertigung im Kollektiv schön einfach. So ein Kollektiv is schon was feines.

Nun ja Diskurshygiene müssen halt immer nur die anderen machen. Und daher wird ein Aufruf zur Diskurshygiene nie funktionieren. Weil er sich meist nur an die Gegner richtet. Man blendet das Problem in de eigenen Gruppe aus. Und niemand wird fair spielen, so langes der Gegner nicht auch tut. Wer Diskurshygiene will, muss auch seine eigene Gruppe kritisieren.

Ach guck, stimmt Marina hatte ja auch nen 3000 Likes Kommentar dagelassen. Klar muss ich das ganze dann rechtfertigen. Bei der Größe ihres Accounts zieht man linksgrüne „Wutbürger“ an wie Motten das Licht. Auch wenn man selbst vielleicht noch halbwegs harmlos kommentiert hat, weiß man sehr wohl um seine Verantwortung in dem Spiel. Man weiß welches Wissen man verdrängt. Irgendwie ist es eh interessant, dass alle, die diese kollektive Wut – die teilweise im Wunsch der Zerstörung endete (und sie drehe sich immer hoch) – dass all die die verteidigen, auch einen Tweet liegen lassen haben. Sprich am Ende sieht man nur das was man selbst bewusst getan hat. Und ja man selbst hat konstruktive Kritik geäußert und das stimmt meist sogar. Aber niemand denkt drüber nach, wie das ist, wenn du hunderte/ tausende Antworten bekommst, unter denen dann auch noch ein nicht zu vernachlässigender Teil Beschimpfung ist. Dass die eigenen Anhänger nicht so freundlich sind. Weil ja am Ende ist das Spiel auf allen Seiten das gleiche. Und niemand interessiert sich dafür, dass da ein Mensch ist. Ob der Mensch diesen Umgang wirklich verdient hat. Dieses zerstören wollen. Es ist ja nur Widerspruch. Ich hasse diesen Satz schon seit längerem. Es ist nicht der Widerspruch. Es ist die Art des Widerspruchs. Und das können Linke auch sehr gut. Sehr freundlich. Mit den besten Absichten.

Ich frage mich gerade, wie viel allein die Menge der Gegenrede / des Widerspruchs ausmacht. Gar nicht so der Inhalt. Sondern die Menge. Sind Menschen dafür ausgelegt , eine so große Menge an Widerspruch zu verarbeiten und was setz das dann an Emotionen frei? In unserem Steinzeithirn? Der Mensch ist und bleibt ein Rudertier. Du verstehst, Fritze? Ach ja ich vergesse immer, bist Einzelgänger. Ja watn Glück. Also im Rudel … emmm.

Ich begreifs nicht. Ich begreifs wirklich nicht. Wie wenige der Progressiven Weltverbesserer mit angeblicher Fürsorge für alle Menschen in der Lage sind, zwei Schritte zurückzutreten und mal einfach die Situation zu betrachten. Am Ende ist und bleibt da immer noch ein Mensch. Ob wir seine Ansichten teilen oder nicht. Ein Mensch aus Fleisch und Blut. Mit Gefühlen. Mit Freude und Schmerz. Warum tun wir uns hier immer weh? Mit voller Absicht. Definiere Empathie bitte!

Es ist vollkommen egal, ob dieser Mensch Ricarda, Maja, Katrin, Fritze, Armin oder sonst wie heißt. Ob ich ihn mag oder nicht. Solidarität fängt da an, wo die eigene Gruppe aufhört. Ja Ideale sind wichtig. Ja ich leg jetzt auch Ideale fest. Und da ist jeder Mensch ein Mensch und nicht nur der Weggefährte.

Ich habe Puls. Ich habe den gleichen Puls wie vor ein paar Wochen als die Liberalen der Meinung waren, sie müssen interne Debatten zu Lasten von Maja befeuern. Es gibt bei mir so moralisch absolute no-gos. Und wenn mir noch mal einer erzählen will, dass man ein Recht auf individuellen Hass hat und Hass erst schlecht ist, wenn er in körperlichen Angriffen endet, dann muahhh. Als ob es nichts zwischen Überempfindlichkeit und alles ertragen gäbe. Dieser Mist macht was mit uns. Mit jedem von uns. Sich darüber zu stellen und zu behaupten man hat selbst genug dicke Eier, um das auszuhalten und das müssen andere auch, hat keine Ahnung, Und steile These: bricht als erster zusammen, wenn er mal diese Wucht erfährt.

Manchmal frag ich mich schon, warum die Welt außerhalb Twitters eine andere ist … und ob es verschiedene Varianten von Coronaviren gibt .. ein linke, eine grüne, eine liberale, eine konservative … und warum sich beim Umgang mit Corona die Fronten der politischen Strömungen so verhärtet haben … es ist doch kein politischer Virus und man stirbt oder lebt nicht mit Parteibuch .. es ist schräg

Und manchmal denk ich so an Aussagen. An Pillelappe. Und denk mir, das hätte auch jemand anderes sein können. Den man da in seine Einzelteile zerpflückt. Es geht so verdammt schnell.

Die, die am lautesten reden, sagen nicht auch die meiste Wahrheit
(Simple) Und die, die am meisten nicken, hören nicht automatisch am besten zu
(Ganz einfach) Jeder Ruderer einer Galeere denkt nach über den Generalstreik
(Simple) Durch der anderen Ruin, laufen die eigenen Geschäfte gut
(Einfach) Nicht jeder, der „Stirb, du Bastard“ in einen Kommentar schreibt
(Simple) Hätte es dir auch am Tresen direkt in dein Gesicht gesagt
(Ganz einfach) Der Mund spricht, der Magen verdaut, der Darm scheißt
(Simple) Kann’s sein, dass du das irgendwann ma‘ verwechselt hast?

Maeckes und die Gitarre – 1234

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