Dass mich Erwartungshaltung und Realität wütend machen können, war mir schon länger klar. Enttäuschung und Wut. Auch Wut auf sich selbst. Aber diese Reaktionen sind wohl nicht die einzigen, die man bei enttäuschter Erwartungshaltung hat. Da gibt es noch eine andere Ebene. Eine unterschwellige Ebene. In mehr oder weniger jeder Handlung die wir tun. Wir haben einen Blick auf die Welt und diesem soll unsere Handeln und das der anderen entsprechen. Tut es das nicht, ruckelt etwas an unserem Blick auf die Welt oder gar auf uns selbst und das darf nicht sein und tut auch weh. Wir spüren Spannungszustände, weil es nicht zusammenpasst. Warum dem so ist, habe ich noch nicht ganz verstanden. Vielleicht um uns selbst einzuordnen, uns auf veränderte Regeln anzupassen bzw. uns selbst zum Reinhalten von Regeln zu bewegen. Also schon irgendwas was im sozialen Kontext stattfindet. Aber genaues habe ich noch nicht gefunden.
Kognitive Dissonanz setzt meist in den Beschreibungen da an, wo uns erläutert wird, wann sie auftritt. Beispiele und wie man diese Spannungen abbauen kann, wie wir das meist auch unbewusst machen. Und was man auch bewusst für Strategien anwenden kann. Warum das überhaupt passiert und was sich die Evolution dabei gedacht hat, sprich was der Sinn ist, der Vorteil, das erklärt keiner. Oder nur irgendwo versteckt. Aber eine Sinn wirds schon haben.
Aber fangen wir mal da mit ner kleine Definition an.
Ich mach mir die Welt widde widde wie sie mir gefällt. Der Mensch ist ein wahrer Experte und regelrechter Künstler darin, die Realität zu verdrehen, Fakten zu ignorieren und Wahrheiten zu verbiegen, bis diese ins eigene Weltbild passen und leichter zu verdauen sind. Bevor Sie sich nun davon freisprechen: Das ganze geschieht unterbewusst und in Sekundenbruchteilen. Ein Paradebeispiel ist die kognitive Dissonanz. Passen unterschiedliche Wahrnehmungen nicht zusammen, wird alles dafür getan, um diese wieder stimmig zu gestalten und die kognitive Dissonanz zu überwinden. Dieser Wunsch ist zutiefst menschlich, doch sollten Sie sich dessen bewusst sein, da er Ihr Verhalten beeinflusst.
Kognitive Dissonanz: Was ist das?
Kognitive Dissonanz kann man auch körperlich spüren. Spannungszustände, die sich auch in Wut ausdrücken können. Enttäuschung, die sich Bahn bricht. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob da nicht auch noch mehr ne Rolle spielt. Wut hat sicher viel mit Enttäuschung zu tun. Erwartungen, die nicht erfüllt werden. Aber ob das immer diese kognitive Dissonanz ist im Sinne von Weltbild / Erwartung und Realität passt nicht zusammen, ich weiß nicht. Oft entsteht ja Wut auch über eine längeren Zeitraum wo die Erwartungshaltung ja schon fast die ist, dass man doch bestätigt wird in seinen negativen Erwartungen. Kognitive Dissonanz ist eher etwas situatives. Wahrscheinlich ist sie nur ein Grund von vielen, um wütend zu werden.
Wie dem auch sei, mit der Wut. Die muss ja auch nicht immer entstehen. Das ist ja eher de Extremfall. Jedenfalls wenn unser Blick auf die Welt irgendwie mit dem Erlebte nicht zusammenpasst, dann müssen wir aus der Situation rausfinden. Wir wollen es zumindest.
Wenn der andere mal als Feind vom Unterbewusstsein eingestuft wurde, dann tendiere ich dazu, seine Absichten als böse zu empfinden und seine Ideen als gefährlich oder schlecht. Und ebenso beurteile ich die Absichten meiner Gruppe als gut und was sie tut als positiv. Wenn meiner eigenen Gruppe ein Fehler bewiesen werden kann, entsteht eine «Kognitive Dissonanz». Dies wird als sehr unangenehm empfunden, ich bin alarmiert und fühle mich angegriffen, versuche mich zu verteidigen und zu rechtfertigen. Der Wissenschaftler Antonio Damasio hat die Forschung, die die Emotion über und vor die Rationalität stellt, in dem Buch «Ich fühle, also bin ich» vorgestellt.
Heutzutage wissen wir: je stärker die Emotion, desto schwächer wird die Aktivität in der Hirnrinde, das heiβt, desto schwächer wird das rationale Denken und die Fähigkeit zur selbstkritischen Wahrnehmung (der berüchtigte Balken in meinem Auge) bis hin zu den extremen Zuständen, in denen ich impulsiv meine durch die Evolution vorgegebenen Muster abspiele oder die Realität auf groteske und gefährliche Weise verzerre. Das heiβt, bei intensiven Emotionen werden wir im wahrsten Sinne des Wortes kopflos.
Konfliktlösung in der Psychologie und Neurowissenschaft
Das hat auch viel mit Identitäten zu tun, würde ich sage. Da waren wir ja schon oft gell Fritze – Sozialpsychologie – Theorie der sozialen Identität.
Ich lass ach noch mal Teile von Philipp da
Das kann man als Strategie betrachten, kein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Wenn Tatsachen oder Argumente dem eigenen moralischen Verhalten widersprechen, kann man auf zwei Weisen reagieren, um eine kognitive Dissonanz, eine innere Unstimmigkeit, aufzulösen: sein Verhalten ändern oder die Welt umdeuten.
Umdeuten ist oft verlockender, und zwar aus zwei Gründen. Zum einen steckt in der Verhaltensänderung immer auch ein Schuldeingeständnis: Wenn ich jetzt erst Vegetarier werde, was für ein Mensch war ich in den Jahren zuvor? Zum anderen ist es einfach bequemer, unliebsame Fakten zu ignorieren oder umzudeuten, als seine Lebensweise zu ändern.
So problematisch unsere Neigung zur Selbsttäuschung sein mag, sie zeigt auch, dass wir moralisch konsistent sein wollen. Unser Handeln soll zu unserem Weltbild passen, oder wie Freud sagt: Wir wollen unser »Ich-Ideal« erhalten. Die Irrtümer, die daraus entstehen, nennen Psychologen identitätsschützende Denkfehler. In moralischen Fragen neigen wir vermutlich gerade deshalb zur Selbsttäuschung, weil wir unsere Moral als essentiell ansehen, als das, was wir unter allen Umständen erhalten wollen. Experimente zur Selbsttäuschung deuten also ebenfalls darauf hin, dass unsere Moral den Kern unserer Identität bildet. So hält die Mehrheit der Eltern ihre Kinder für intelligenter und sich selbst für gesünder als der Durchschnitt.696 Auch die verbreitete Auffassung in der deutschen Familienerinnerung, dass Opa kein Nazi war, und andere Rückschaufehler des Gedächtnisses lassen sich auf den Identitätsschutz zurückführen.
Unsere Moral ist essentiell für unsere Identität, daher neigen wir zu identitätsschützenden Denkfehlern, die eine kognitive Dissonanz auflösen, wenn Fakten oder Argumente unseren Werten widersprechen. Der Vorwurf »Lügenpresse« und die Verbreitung von Fake News und Verschwörungstheorien sind somit zwei Seiten derselben Medaille. Sie entspringen dem Wunsch, dass die Welt zum eigenen moralischen Kompass passt, der von der Gruppenidentität bestimmt ist. So nutzen selbst mathematisch versierte Probanden ihren Scharfsinn weniger, um Fakten zu erfassen, sondern um vielmehr das Selbstbild ihrer Gruppe zu verteidigen. In großen Gruppen herrscht Nichtwissen über die genaue Gesinnung der jeweils anderen. Darum verspüren Menschen einen Konformitätsdruck zur moralischen Vereindeutigung, indem sie mehrdeutige Botschaften vermeiden und dafür klare Tugendsignale senden. Weil sowohl die eigene Identität als auch die Gruppenzugehörigkeit eindeutig sein müssen, lässt die Alltagsmoral im Gegensatz zum Recht oder zur Ethik selten Graustufen oder Komplexität zu.
Hübl, Philipp. Die aufgeregte Gesellschaft: Wie Emotionen unsere Moral prägen und die Polarisierung verstärken (German Edition) (S.303). C. Bertelsmann Verlag. Kindle-Version.
Die Welt ist halt eben doch nicht grau. Und deshalb wohl auch Twitter so wie Twitter ist. Und alles so schwer, um Mauern zu überwinden. Da reicht auch kein xter offener Brief denn dann die 3 bekannten Namen der CDU unterstützten, die 3 bekannten der SPD + 3 bekannte Künstler + Hunderte Aktivisten. Da ist keine gesellschaftliche Breite. Weil die Gräben immer noch da sind. Und neu aufgemachte. Das Klima-Thema muss ins Blut aller Parteien. Aber das is halt nicht so einfach. Und geht vor allem nicht durch Vorturner, wenn man auf der gegnerischen Seite steht. … Ach egal.
Zurück zur Dissonanz. Sie sorgt dafür, dass wir uns die Welt zurechtbiegen. Ehrlichkeit und Vertrauen verschwimmen. Verschwinden. Vielleicht können wir gar nicht anders. Das Selbstbild steht dem im Wege. Wir tun alles um das positive Bild von uns aufrecht zu erhalten.
Aus einer solchen kognitiven Dissonanz entsteht ein Störgefühl und der dringende Wunsch, dieses zu beheben. Die Folgen: Es beginnt ein inneres Ringen und ein Rechtfertigungskampf mit uns selbst. Wir wollen die negative Spannung, die durch die kognitive Dissonanz entsteht, auflösen und unser das eigene Verhalten rechtfertigen. Vor anderen, vor allem aber auch vor uns selbst.
Um das zu erreichen, sind wir bereit, zu lügen, dass sich die Balken – und die Wahrheit – biegen.
Konfliktlösung in der Psychologie und Neurowissenschaft
Ja es ist menschlich. So muss jeder sein Selbstbild aufrecht erhalten. Ich kann viel Dissonanz ertragen. Aber wohl nicht, wenn meine höchsten Werte verteidigt werden müssen.
Es ist schwer bis unmöglich, eine kognitive Dissonanz zu ertragen. Das damit verbundene negative Gefühl ist nicht nur störend, sondern regelrecht zerreißend. Also muss eine Lösung her, um die unterschiedlichen Wahrnehmungen irgendwie zusammenzubringen.
Konfliktlösung in der Psychologie und Neurowissenschaft
Beispiele für Lösungen sind
- Fadenscheinige Rechtfertigung
- Verhaltensänderungen
- Schuldzuweisungen
- Selektive Beschaffung
- Selektive Wahrnehmung
Eine genaue Beschreibung findet man unter: Konfliktlösung in der Psychologie und Neurowissenschaft
Jedenfalls machen wir es uns nicht einfach. Am Ende sind wir es selbst und vor allem auch die Gruppen, die uns im Wege stehen, im bei den großen Fragen der Welt zusammenzufinden. Wer Jahrzehnte lang die Grünen für depperte Spinner gehalten hat, braucht seine Zeit um das mit dem Klimawandel und den Maßnahmen zur Bekämpfung dessen, richtig zu sortieren. Und wer Kapitalismus für das einzig wahre Übel hält, wird nicht wahrhaben wollen, dass er zur Lösung des Problems beitragen kann. Die „Feindschaften“ unter den Parteien und ihrer Anhänger existieren nicht erst seit gestern.
Es ist daher alles nicht so einfach
Bildung schützt vor Doofheit nicht. Im Gegenteil, ein guter Schulabschluss oder ein Universitätsstudium können erst recht dazu treiben, sich in Torheiten zu verrennen. Überspitzt formuliert ließe sich sagen: Bildung und Intelligenz verleihen einem das Rüstzeug, um den größten Quatsch zu rechtfertigen und als heilige Wahrheit zu verkaufen. Das zeigen gerade – abermals – einige aktuelle Studien. So haben zum Beispiel die Sozialwissenschaftler Matthew Nurse und Will Grant von der Australian National University, Canberra, im Fachjournal Environmental Communication demonstriert: Wer mit guter mathematischer Fertigkeit gesegnet ist, kann Daten zum Klimawandel noch leichter zu der von ihm gewünschten Auslegung verdrehen. Mentale Akrobatik gelingt eben am besten, wenn der Geist gut trainiert und geschmeidig gehalten wird.
Mathe schützt vor Dummheit nicht
Ähnliche Erkenntnisse hat ja Dan Kahan erforscht. Mir gefällt vor allem auch „Mentale Akrobatik gelingt eben am besten, wenn der Geist gut trainiert und geschmeidig gehalten wird.“ Das erklärt einiges an Gehirnjogging was heutzutage betrieben wird. Und ja, vielleicht erklärt das viel, sehr viel.
„Sagen Sie jemandem, dass Sie nicht seiner Meinung sind, und er wendet sich ab. Zeigen Sie ihm Fakten oder Zahlen, und er stellt die Quellen infrage. Verweisen Sie auf die Logik, und er begreift nicht, worauf Sie hinauswollen.“ Mit diesen Worten beschrieb der 1989 verstorbene amerikanische Psychologieprofessor Leon Festinger
Kognitive Dissonanz: Menschen ändern sich nicht
Gut ist überspitzt aber trifft schon den Kern auch vieler Debatten. Man ändert nicht einfach mal so Überzeugungen die über Jahre/ Jahrzehnte gewachsen sind. Nicht wenn dein Gegenüber nicht bewusst offen und gedanklich frei ist. Das sind die wenigsten und dann auch nur bei wenigen Themen.
Oder gar, wenn es sich um die eigene Theorie handelt. Die muss auch bis aufs Blut verteidigt werden. Ich behaupte ja, dass das gerade auch noch mal ne Schippe drauf is bezüglich Identität. Was kann identitätsstiftender sein als das eigene Schaffen/ Werk?
Auch Wissenschaftler:innen sind mit Gehirnen ausgestattet, die als Vorhersagemaschinen auf die Maximierung von Überlebens- und Reproduktionschancen ausgerichtet sind. Das macht sie so anfällig für epistemische Irrationalität wie alle anderen auch. In ihrer Rolle als Forschende sind sie aber aufgerufen, sich dieses »biologischen Imperativs« in besonderem Maße bewusst zu sein und gegen ihn zu »rebellieren«. Genau aus diesem Grund hat das System Wissenschaft ja auch eine Reihe von Vorkehrungen getroffen, um der menschlichen Neigung zu Irrationalität vorzubeugen. Die Wissenschaft hat Regeln darüber aufgestellt, was als wissenschaftlicher Beweis gelten kann und was nicht, und Standards für das Design von Studien, für die statistische Methodik und für die Kommunikation wissenschaftlicher Ergebnisse definiert (siehe Kapitel 5 − Irrationales Predictive Processing). Sie hat also nicht nur die oben geforderten Löscheimer aufgestellt, sondern versucht sogar, möglichst von vornherein mit feuerfesten Materialien zu arbeiten, um den möglichen Brandherden menschlicher Irrationalität mit Rationalität zu begegnen.
Sterzer, Philipp. Die Illusion der Vernunft: Warum wir von unseren Überzeugungen nicht zu überzeugt sein sollten | Neuestes aus Hirnforschung und Psychologie (German Edition) (S.327-328). Ullstein eBooks. Kindle-Version.
Empfehle übrigens das Büchlein vom Sterzer zu kaufen. Genau wie das vom Hübl.
Die Bestätigungstendenz, so Mercier und Sperber, könnte dadurch adaptiv sein, dass ein beharrliches Festhalten an eigenen Überzeugungen dabei hilft, andere für die eigenen Auffassungen zu gewinnen und das eigene Handeln zu rechtfertigen. Sie stützen diese Idee auf Experimente, die zeigen, dass wir nicht grundsätzlich Schwierigkeiten damit haben, Gegenevidenz oder Gegenargumente zu einer Theorie zu akzeptieren. Wir haben nur dann Probleme damit, wenn es um eine von uns selbst vertretene Theorie geht.[175] Unsere Bestätigungstendenz hilft uns demnach vor allem dabei, im Sinne unserer eigenen Meinung zu argumentieren und sie gegenüber anderen zu vertreten. Denn nur wenn wir selbst richtig überzeugt sind, können wir auch andere überzeugen. Diese kommunikative Funktion von Überzeugungen mag für unsere Evolution als soziale Wesen bedeutender gewesen sein als die Fähigkeit, deren Wahrheitsgehalt zu überprüfen und sie gegebenenfalls zu revidieren. Bemerkenswert ist, dass die Bestätigungstendenz offenbar nichts mit Intelligenz zu tun hat. Man könnte auf die Idee kommen, dass intelligentere oder gebildetere Menschen weniger anfällig dafür sind, denn sie könnten ja die Tücken ihres eigenen Denkens leichter durchschauen. Das Gegenteil ist der Fall: Intelligentere Menschen haben sogar eine noch stärkere Bestätigungstendenz.[176] Das könnte daran liegen, dass sie vielleicht besser darin sind, sich schlagkräftige Argumente für ihre Thesen zurechtzulegen. Damit können sie möglicherweise nicht nur andere, sondern auch sich selbst besser von ihren Argumenten überzeugen.
Sterzer, Philipp. Die Illusion der Vernunft: Warum wir von unseren Überzeugungen nicht zu überzeugt sein sollten | Neuestes aus Hirnforschung und Psychologie (German Edition) (S.169-170). Ullstein eBooks. Kindle-Version.
Was bedeutet, dass sie wohl auch bestimmte Strategien zum Umgang mit Dissonanz erlernt haben. Im Zweifel muss man sich ja immer der kritischen Begutachtung der eigenen Thesen durch andere Wissenschaftler stellen. Man eignet sich eine Baukasten an, wie man am besten argumentiert. Das mit der Wahrheit ist so ne Sache. Es sei denn man baut sein Selbstbild so auf, dass die Suche nach der Wahrheit der Ziel ist. Dann ist das anpassen der eigenen Theorien leichter wenn man neues Wissen erlernt hat.
Ist jetzt übrigens auch bewiesen, dass das „beyond ideology“ ein Mythos ist. Aber warum sollten Ökonomen anders ticken als alle anderen Menschen? Niemand ist frei von Weltanschauung. Das ist wie unser Hirn tickt.
Aber die wenigsten von uns sind Einzelkämpfer/ Wissenschaftler. Entscheidender ist oft die Gruppe. Gut gilt bestimmt für einzelne Denkschulen in der Wissenschaft auch. Dass Wissenschaftler nicht ganz allein vor sich hin forschen. Sonst hätten die nicht auch ihre Probleme mit Bias.
Was im Verhalten und in den Aussagen der standhaften Sektenanhänger:innen vor allem deutlich wurde, sind die enormen Kosten, die mit dem Aufgeben einer festen Überzeugung verbunden sind, vor allem dann, wenn sie zum alles bestimmenden Lebensinhalt geworden sind. So wird ein Anhänger der Sekte mit den Worten zitiert: »Ich kann es mir nicht leisten zu zweifeln. Ich muss glauben.«[284] Diese Aussage ähnelt in verblüffender Weise den Äußerungen des psychotisch erkrankten Soldaten, den der Psychiater Klaus Conrad mit der Möglichkeit konfrontiert hatte, dass seine Überzeugung, unter der besonderen Beobachtung seiner Vorgesetzten zu stehen, wahnhaft sein könnte: »Ich will diesen Gedanken gar nicht aufgeben. Ich will mich nicht wieder in diese furchtbaren Zweifel stürzen.«[285] Es liegt auf der Hand, dass es umso schwerer ist, eine Überzeugung aufzugeben, je größer die Not ist, aus der diese Überzeugung geboren wurde, und je größer somit der intrapsychische Gewinn ist, den eine Person aus ihrer Überzeugung zieht.
Sterzer, Philipp. Die Illusion der Vernunft: Warum wir von unseren Überzeugungen nicht zu überzeugt sein sollten | Neuestes aus Hirnforschung und Psychologie (German Edition) (S.291). Ullstein eBooks. Kindle-Version.
Man ändert nicht einfach die Überzeugung von Menschen. Und wir finden immer wieder Argumente mit denen wir die Welt zu hinbiegen können, wie es passt. Und im Zweifel gibs auch immer die eine Studie. Wissenschaft ist kreativ und nie 100% eindeutig. Und unser Hirn is erstmal kreativ. Yeah. Und was nicht passt, wird passend gemacht.
Aber vielleicht besteht doch Hoffnung
Sind jedoch eindeutig widersprüchliche Kognitionen und/oder Verhaltensweisen vorhanden, sind die betroffenen Personen bestrebt, diese miteinander vereinbar zu machen, wobei unterschiedliche Strategien benutzt werden, wie bspw. Verhaltensänderungen, Einstellungsänderungen oder das Hinzufügen neuer Kognitionen. Sehr starke kognitive Dissonanz (v. a. wenn sie mit einer Gefährdung des pos. Selbstkonzepts einhergeht) kann auch eine dauerhafte Änderung von Einstellungen und Verhalten herbeiführen. Falls nötig, werden hierbei auch grundlegende eigene Überzeugungen und Werte geändert.
kognitive Dissonanz
Weil irgendwie kommen die ja auf so ne Aussage. Dass kognitive Dissonanz doch zu Anpassungen führen kann. Vielleicht durch sozialen Druck oder ähnlichem.
„Der Spannungszustand ist der Grund dafür, dass wir mehr sind als so langweilige Maschinen, sondern wir können uns neue Sachen überlegen.“ Henning Beck, Neurowissenschaftler
Diese Fähigkeit, Entscheidungen immer wieder neu anzupassen, ist wichtig für das Zusammenleben in der Gruppe oder im Team. Denn viele Entscheidungen, die wir treffen, haben große Konsequenzen, sagt Henning Beck.
Handeln wider die eigene Überzeugung
Ja im Zweifel ist es wieder die Gruppe die uns dazu bringt, uns anzupassen. Weil wir wissen, dass wir ohne Gruppen verloren sind. Andererseits haben wir das Jahr 2023 und wir könne uns neue Gruppen suchen als Lösung für die kognitive Dissonanz. Sagte ich schon: alles nicht so einfach?
So wie ich festhänge mit meiner Dissonanz, meinen Wüschen, Hoffnungen, Überzeugungen, tun es auch andere. Gut ich bin Freigeist, ich bin relativ wenig an Gruppen gebunden. Aber frei von Beeinflussung sind wir alle nicht.
Nur ich verstehe mich noch nicht so ganz. Sich dauerhaft dieser Dissonanz auszusetzen is schon etwas neben der Spur. Weil Holla die Waldfee, Spaß is anders. Wenn du keine 10 s zuhören kannst, ohne dass es dich ausknockt. Schreien is auch eine Lösung. Geht nur auf die Dauer auf die Stimme. Wenn Hoffnung immer wieder durch Realität gecrasht wird. Wenn man eigentlich weiß was einen erwartet. Warum bleibt dann die Hoffnung? Weil auch das ein Aufrecht erhalten des Selbstbildes ist? Sich nicht geirrt haben können? Weil da nichts ist, was die Lücke füllen kann? Ich denke noch.
Irgendwann trinke ich mal ein Käffchen mit der Evolution. Und dann muss sie mir das alles erklären.
Die Sonne fällt in ein altes Haus
Ich drehe Kreise über grauen Staub
Die Spuren die ich ziehe, frisst er auf
Ich werf‘ dich hoch und fang dich
Fragst du dich manchmal nach dem großen Sinn
Wohin wir gehen und wer wir sind
Das wir mit einem Fuß im Wasser stehen
Und lieber tanzend untergehenDenn wie man es auch dreht, am Ende zählt wir ham gelebt
Was uns wirklich trägt, ist das was liebt, ist das was lebtDie Sommernacht umgibt das alte Haus
Lichterketten bis zum See hinaus
Die Leute kommen bis der Garten bebt
Musik ist laut und mein Herz
Auch wenn die Sonne uns die Nacht bald stiehlt
Tanzen wir solang‘ die Platte spielt
Bis wir irgendwann im Wasser stehen
Und heimlich küssend untergehenDenn wie man es auch dreht, am Ende zählt, wir ham gelebt
Was uns wirklich trägt, ist das was liebt, ist das was lebt
Wir ham uns Glück geklaut, wir drehen auf und leben laut
Bis der Zeiger steht, vielleicht zu früh, doch wir ham gelebtSchlafen können wir später noch (wir haben gelebt und)
Sonst läuft uns unsere Zeit davon (wir haben uns getreten)
Statt Geld ham wir uns Glück geklaut (wir haben uns geschworen)
Komm‘ wir drehen auf, wir leben lautWie man es auch dreht, am Ende zählt, wir ham gelebt
Was uns wirklich trägt, ist das was liebt, ist das was lebt
Wir ham uns Glück geklaut, wir drehen auf und leben laut
Bis der Zeiger steht, vielleicht zu früh, doch wir ham gelebtWie man es auch dreht, am Ende zählt, wir ham gelebt
Was uns wirklich trägt, ist das was liebt, ist das was lebt
Ham uns Glück geklaut, wir drehen auf und leben laut