Die Freiheit der Unbekannten

Oder sollte ich sagen, die Leichtigkeit der Bedeutungslosigkeit?

So Fritze was brauchen wir? Für unsre Gedankenreise. Weißt was das gute ist, wenn man kein Wissenschaftler der Stunde ist? Man muss keinen Plan haben. Man kann kreativ sein. Man kann Gedankenreisen machen mit Animationsfilmen und Steinzeitmenschen. Von „Morgen“ reden etc. Träumen. Man hat kein Korsett. Das einen einzwängt. Weil am Ende ist das so, wenn man auf der großen Bühne mitspielt. Dann sind da die vielen Menschen, die Erwartungen haben. Man muss den Erwartungen irgendwie gerecht werden. Muss ein Bild aufrecht erhalten. Haltung zeigen. Wissen zeigen. Darf keine Fehler machen und und und. Harte Arbeit.

Und gleichzeitig sind da die, die machen was sie wollen mit einem. Nutzen einen für den eigenen Ruhm. Oder machen das was man halt gern so macht bei uns hier. Man hebt empor. Feiert. Und schaut auch nicht so genau hin. Muss man auch nicht. Weil kann man austauschen und geht ja auch nicht um einen selbst. Wie schnell man plötzlich ist, was man gar nicht ist. Wie schnell man was gesagt hat, was man gar nicht gesagt hat. Wie lange immer und immer wieder das gleiche Lied im Radio läuft.

Und dann wird man auch noch zu Gott und der Welt befragt. Im wahrsten Sinne des Worten. Und alle wollen Lösungen. Und am Ende wird man gar für die Lösung gehalten.

Ja ja und dann sind da noch die, die die Arbeit kritisch betrachten. Weil so bisserl an der Welt rumzupfen, da lassen wir nicht jeden ran. Mein Reden. Geht ja nicht um ein Kuchenrezept. Ich mein, wir lassen ja auch keinen Hausarzt am Herzen rumoperieren und oder gar nen Klempner. So mal die Welt auf den Kopf stellen, da sollte man schon genau hingucken. Weil das kann schon echt übel enden. Mit Menschen spielt man nicht. Und so entstehen dann auch die kritischen Beiträge. Die man aushalten muss. Und manchmal trifft man sich dann sogar vor Gericht. Ausgang ungewiss. Unschön sowas.

Und ganz gruselig wirds dann, wenn die auf deine Welle aufspringen, die auf deine Kosten auch schon mal schlechte Witze machten. Dann aber die Welle surfen für den eigenen Ruhm. Und gar Veranstaltungen über Skandale machen wollen. Ja nur positiven Sinne natürlich. Man nutzt hier nix für seine eigene Zwecke. Neeein. Man is nur edler Ritter, der andere Böse vorführt. Nun gut, die Welt is schräg. Und ich nachhaltig bedient.

Wie viel Selbstreflexion kann man überhaupt machen, wenn 1000e Stimmen dein Wirken reflektieren? Wann verliert man sich? Und wo endet überhaupt die Kontrolle?

Weißt Fritze, da haben wirs gut. Wir müssen keine Lösungen liefern. Wir müssen uns nicht messen lassen. Wir fahren niemanden an den Karren. Werten die Arbeit von niemanden ab. Nehmen niemanden die Karriere weg. Und sind keine Gefahr Deutschland in die Deindustrialisierung zu fahren. Oder so.

Hach es ist so schön frei zu sein. Mit seinen Gedanken rumstochern zu können im Nebel. Mensch sein zu können. Mit all den Emotionen. Nicht alles wissen zu müssen. Mal seinen Frust rausbrüllen zu können. Es zu dürfen ohne dass einer schräg guckt. Weil keiner etwas erwartet. Weil man kein Korsett trägt. Kein Korsett an dem so viele andere hängen. Kein Korsett von Ruhm und Ehre. Weil das Sein zählt nicht der Schein – von wem auch immer erschaffen. Durch welche Zufälle auch immer gebaut. Durch welche Hoffnungslosigkeit und Sehnsucht auch immer befüttert.

In einer modernen Welt haben wir die Freiheit zu sein, was wir sein wollen. Und andere die Freiheit aus uns zu machen, was sie wollen.

Wer in der Öffentlichkeit steht, hat nicht mehr die Deutungshoheit über sich selbst. Und gleichzeitig geht es nicht mehr nur um eine selbst. Alles im Leben hat seinen Preis. Und manchmal im Leben muss man sich entscheiden. Und wie war das? Auch wenn man nicht entscheidet, entscheidet man.

Es ist schön frei zu sein. Freiheit ist halt doch unbezahlbar.

Ich hab kein Mitleid für mich selbst, viel zu selten für dich
Die letzte Brücke gesprengt, die letzte Grenze in Sicht
Zwischen Hunderten von Leuten, fühl mich trotzdem allein
Steh in unsichtbaren Mauern, zwar geborgen, doch klein, bin verloren im Sein

Vor fünf Minuten gekommen, fühl ich mich eigentlich nach gehen
Den blöden Job nicht bekommen, doch eigentlich wollt ich nur den
Vermiss im Winter die Wärme und im Sommer den Schnee
Fällt mir fast nicht mehr auf, wenn ich im Sonnenschein geh, im Sonnenschein steh

Wenn der Himmel bricht, mir so vieles verspricht
Kommt der Zweifel in mir, ich hab’s erlebt, ich war schon hier
Und wenn’s am schönsten ist, ich nichts mehr vermiss
Dann nehm ich Reißaus und reiß‘ aus, oooh, yeah

Ich bin viel zu träge, trotzdem lauf ich zu schnell
Bin im Tag reichlich dunkel, in der Nacht viel zu hell
Ich hab noch so viel zu sagen, indes find ich kein Wort
Will doch nur noch nach Hause und es trägt mich weit fort, nur weiter hinfort

Wenn der Himmel bricht, mir so vieles verspricht
Kommt der Zweifel in mir, ich hab’s erlebt, ich war schon hier
Und wenn’s am schönsten ist, ich nichts mehr vermiss
Dann nehm ich Reißaus und reiß‘ aus

Jetzt steht meine Welt still, seit Donnerstagabend
Bitte öffne die Augen und nimm mich in‘ Arm
Atemmaschine und Herzgerät, plötzlich hat die Welt für dich zu schnell gedreht
Aufwärts, in ein unbekanntes Land

Und was wichtig schien, hab das niedergeschrien
Fühlt mich so oft in Not, schau ich zurück, lach ich mich tot
Weil’s mich selbst auffrisst, ich dich so vermiss
Glaub’s mir, das ist es nicht wert

Wenn’s am schönsten ist und du nichts mehr vermisst
Dann mach die Augen auf

JORIS – Im Schneckenhaus

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