Am Ende gehen sie immer. Gefühlt, ist das auch eine unschöne Konstante in meinem Leben. Und es ändert immer was. Man kann zwar irgendwie verbunden bleiben, aber es ist immer anders. Manchmal wird man gegangen. Manchmal geht man selbst. Manchmal sieht man sich ab und an mal. Manchmal hat man zumindest telefonisch oder virtuell Kontakt. Und manchmal verschwindet man ganz.
Und irgendwie habe ich mich nie dazwischen geschmissen. Reisende soll man nicht aufhalten. Ich hab mich immer daran gehalten, dass man sich den Wünschen anderer nicht mit seinen eigenen in den Weg stellen sollte. Ich hab immer versucht das für mich zu akzeptieren und klar zu kommen mit der veränderten Welt. Auch wenns schmerzlich war. Und meist war der Schmerz still und heimlich. Und ja das mit der Akzeptanz, von Dinge, die man nicht ändern kann, sagt sich oft leichter als es ist.
Es ist nicht immer leicht, die Leere, die andere hinterlassen, zu füllen. Es ist ja nicht so, dass man selbst die Entscheidung getroffen hat. Ein neues Ziel ausgemacht hat in seinem Leben. Eine bewusste Veränderung durchlebt. Sondern im Gegenteil.
Wie war das damals als ich sagt, ich will dich nicht besuchen kommen, weil ich dich vermisse? Man hat mir natürlich darauf hin wieder die Welt erklärt und gesagt ich solle kommen, aber am Ende ändert es die Gesamtsituation nicht. Wenn jemand jeden Tag zu deinem Leben gehört hat, dann ändert ein Besuch an eine Wochenende nichts, wenn du die tägliche „Leere“ füllen musst.
Als mein „Mentor“ in meiner ersten Firma kündigte, um an das andere Ende Deutschlands zu ziehen, wurde dies im Monatsmeeting verkündet und gleichzeitig Schmapus geöffnet, weil man was auch immer für einen Deal feiern musste. Ich hab nichts getrunken. Ich bin gegangen. In den nächsten Supermarkt um die Ecke. Hab mir 2 Bier gekauft, mich draußen nebens Büro gehockt und angefangen zu weinen. Ich hab den ganzen Tag geweint. Bis man mich eingesackt hat und heim gefahren hat. Ich habs nicht mal erklären können. Mittlerweile glaub ich, dass es an der Gesamtsituation lag,in der ich mich damals befand, und er ein gewisser Anker war, dem ich auch das ein oder andere anvertraut hatte. Es war keine tiefe Freundschaft. Aber manchmal muss es das auch nicht sein, damit jemand ein Anker und Stabilisator in deinem Leben ist.
Volker sagt, Liebe ist in erster Linie Bindung.
Der Kit zwischen Menschen, der dazu führt, dass wir uns um einander sorgen und kümmern. Schutz bieten. Womit wir beim Punkt sind, dass mir beim Satz „heute vermutet man dass, die Liebe zwischen zwei Partnern möglicherweise eine Fortsetzung ihres kindlichen Wunsches nach Stabilität und Sicherheit ist“ die Fußnägel hochrollen. In der freien Wildbahn da draußen, konnte man allein nicht überleben. Und schon gar nicht als Frau mit Kleinkind. Und nur die Kleinfamilie aus Mutter, Vater, Kind hat auch nicht genug Schutz geboten. Daher Sippe, Rudel. Auch unsere nächsten Verwandten leben nicht als Einzelkämpfer. Nur weil wir heute „allein“ überleben können – wobei wir nie allein sind sondern in Großgruppen von Millionenmetropolen leben – heißt es es nicht, dass das damals so unabhängig ging. Diese ewige Fixierung auf Kindheit nervt seit Freud. Kinder sind sicher allein noch schutzloser, aber auch der erwachsene Urmensch brauchte Schutz.Es gab halt keine Rewe und Co wie Volker korrekt an anderen Stellen feststellt. Ich glaube eh, dass diese Bindungsthematik oder Theorie oft zu sehr auch dem Blick der heutigen Welt gestaltet wird. Aber die Programme in uns sehr alt sind und aus einer ganz anderen Zeit stammen.
Ob ich jetzt in Emotionen im Sinne von Affekten (automatisiert ablaufende körperliche Reaktionen) und Gefühle (durch komplexe Gedanken ausgelöste Prozesse – what ever that means ) unterscheiden muss, bin ich mir nicht sicher. Ich kann mit Gedanken, Angst auslösen, ich kann Schmerz auslösen, Freude. Auch Wut. Ich kann Biochemie auslösen. Und auch komplexe Gefühle haben eine körperliche Komponente. Ich weiß nicht, ob man das immer so stark trennen kann und muss. Und ja ich weiß, bei dem Punkt wissen wir mal wieder, dass wir nichts wissen. Sprich wir haben kein gesihertes Wissen sondern nur Theorien. also kann ich auch meine aufstellen. Klar können mich Emotionen so einnehmen, dass das Denken ausknipsen. Dann kannst du nichts mehr mit deinen Gedanken steuern. Aber irgendwie ist es trotzdem miteinander verbunden. Wir sind uns dessen nur oft nicht bewusst. Genauso wissen wir auch das komplexe Gefühle, wie Scham, einen kulturellen erlernen Aspekt haben. Am Ende ist das ähnlich wie Sprache. Wir verfügen über die körperlichen Voraussetzungen, aber müssen sie erlernen sprich von anderen beigebracht bekommen. Wir verfügen alle über die Funktionsweise von Scham, Rot werden, Körperhaltung etc. Aber wodurch sie ausgelöst wird, wird erlernt. Und auch das kann kann individuell sein, je nachdem welche Erfahrungen man in seinem Leben gemacht hat. Man lernt in der Gesellschaft, das und das tut man nicht. Und gleichzeitig kannst du im Elternhaus noch andere Dinge lernen oder dein kleiner Kopf zieht selbst Schlüsse.
Musikalische Unterbrechnung
oh i wish i could tear down the walls between us
i don‘t know why i still trust the fears from years ago
no matter how hard i try, the cycle keeps repeating
of me shutting out
all the love you show
Und vielleicht ist das mit Liebe auch so. Wir verfügen über die Fähigkeit, sind aber darauf angewiesen, dass man sie uns beibringt. Und dass es schwer wird im späteren Leben „Liebe“ zu lernen, wenn man sie nicht im Kindesalter erfahren hat. Sprich man konnte sich nichts abschauen. Soziales lernen. Was wir alle tun. Allein durch den Umgang, den wir Menschen untereinander pflegen. Für all das gibt es kein Schulfach.
Wenn Liebe Bindung ist, dann ist es im Endeffekt das Erlernen wie Menschen in Familie / Freundschaft miteinander umgehen, um als Verbund zusammenzubleiben. Und manchmal lernt man dabei „falsche Dinge“. Und da ist das Spektrum breit. Wir Menschen können aber unser Leben lang Dinge hinzulernen. Sicher werden wir dann keine Virtuosen oder Olympiasieger mehr. Aber glücklich werden kann man auch als Amateur, der nur zwei Akkorde auf der Gitarre spielen kann. Wenn man Dinge überschreiben muss, wirds sicherlich schwer. Aber nichts desto trotz können wir neue Erfahrungen machen. Und vielleicht hinterlassen sie Spuren.
Ich frage mich immer noch was der Sinn von Traurigkeit ist. Auch Volker kann nicht helfen. Wir stellen nur fest, dass es weh tut, wenn ein Mensch aus unserem Leben verschwindet. Und dass wir unterschiedlich damit umgehen.
Die einen müssen drüber reden, die anderen nicht. Aber man muss den Emotionen, den Emotionen/ Gefühlen Raum geben. Ich sag ja ausbluten. Gut das ist übertrieben. Und jeden Tag ausbluten ist auch keine Lösung. Vielleicht ist der Sinn von Trauer, dass wir lernen, den Verlust eines Menschen möglichst zu vermeiden. Dass wir uns um ihn kümmern, uns sorgen, ihn pflegen wenn er krank ist und so weiter. Und eben nicht nur ein Signal an andere, dass wir nach dem Verlust Hilfe brauchen. Wir werden nicht jeden Tag mit Tod konfrontiert, aber schon als Kind lernen wir, dass es ihn gibt. Und dass er weh tut. Wenn es nicht weh tun würde, wenn jemand stirbt. Dann wäre es uns egal. Warum sollten wir uns dann um jemanden sorgen? Ihn pflegen, wenn er krank ist.
Und unabhängig vom Tod auch lebendige Trennungen tun weh. Niemand mag das. Wir wollen es nicht. Und manche wollen es so sehr nicht, dass sie sich erst gar nicht trauen, tiefe Bindung zu probieren. Aus angst vor dem Schmerz der kommen könnte. Ich glaube, dass dieser Schmerz eine Sinn hat. Macht es dies erträglicher? Naja sagen wir so, man kommt sich nicht ganz so verrückt vor.
Manchmal kann ein Abschied auch Befreiung sein. Weil es keine Auswahl mehr gibt. Kein Hoffen, kein Kämpfen. Nur ein Loslassen. Aus den Augen aus dem Sinn. Analytisch mag das stimmen. Schön ist es trotzdem nicht.
Halten wir also fest, Liebe ist ein hochgeistiger Prozess, den jeder auf eine individuelle Weise fühlt- Im Vergleich zu den lautstarken und etwas primitiven Emotionen ist die Liebe viel leiser. Dafür hält sie länger an und sie ist unter dem Strich fast immer stärker
Volker Busch
Wir hinterlassen immer Spuren bei anderen. Und sie bei uns. Und vielleicht geht man nur einen kurzen Weg miteinander. Nebeneinander her. Aber die Spuren bleiben bis ans Ende unserer Tage.
Was mir bleibt, das sind die Wunder
Vergangener Stunden
Was mir bleibt, ist deine Welt unter der Haut
Was mir bleibt, das ist die Zeit in meinen Wunden
Und die Gewissheit, dass ich liebte
Die Gewissheit, dass ich liebte
Die Gewissheit, dass ich liebte, die bleibt auch