Abflug mit kleinen Hindernissen
Viertel nach 5 – der Wecker klingelt, das Adrenalin steigt. Immerhin 3 Stunden Schlaf. Dachte schon ich schlaf gar nicht. Noch mal Unterlagen prüfen: alle Unterlagen da, Geld da, Handy da – den Rest kann man kaufen. Taxi kommt widererwarten auch pünktlich, Mutter einsacken und ab geht’s … in den Stau! Scheiß Baustelle. Naja, haben ja noch Luft und wir kommen noch recht pünktlich am Flughafen an. Verdammt die Taxipreise werden auch immer schlimmer. 80 Euro – das war vor 2 Jahren noch 10 Euro billiger. Nun gut, einckecken am Automaten. Öhhhhh, der is aber anderes als bei der Lufthansa-Demo-Seite. Öhhh … ahh nette Dame die hilft. Ach man kann jetzt das Gepäck auch gleich am Automaten aufgeben. Nicht, dass ich mir gemerkt hatte, wie das geht, aber ich weiß jetzt, dass es geht :-D. Ohne Piep durch die Sicherheitskontrolle ist auch was neues. Geht ja wie am Schnürrchen … bis jetzt! Inga hat ihr Ticket an der Sicherheitskontrolle verbasselt. Panik! Ok, meine hält sich in Grenzen. Während Inga noch mit der „sehr freundlichen“ Dame an der Kontrolle rum tut, frag ich mal einen netten Sicherheitsmenschen, ob man irgendwo ein neues Ticket kriegt – wir sind ja schließlich eingecheckt. Ok, geht. Na dann, wieder was gelernt. .. ahh und schau mal mit dem nächsten Körbchen kommt auch das vermisste Ticket angefahren. Dann ist ja wieder alles gut. So nochmal Inga beruhigen und ab zum Gate 85 oder 95 oder so. Das ist quasi Hintertupfigen am Münchner Flughafen. Endstation, weiter gehts nimma. Was für ein Glück, dass es diese Rollbänder gibt, sonst hätten wir schon am Flughafen schlapp gemacht. Meine letzten Worte in Endlosschleife vor dem Abflug: Ich werde sterben! So sollte ein Urlaub anfangen 😀
Ankunft
Rums, gelandet. Süßer, kleiner, schnucklicher Flughafen. Und nun? Irgendwo gibt’s Busse. In Estland gibt es überall Busse. Ok, es gibt eindeutig zu viele für mich und wo ist jetzt der Ticket-Kiosk?? Also Infoschalter. Uaaaa Englisch reden! Ach stimmt, da war doch was. Ich hasse Fremdsprachen. Die Lösung heißt Airport-Shuttle Bus 90 K. Schlappe 2 Euro pro Person (Liebe Münchner denkt mal drüber nach!) und dafür gibts quasi gleich eine Stadtrundfahrt. Der Bus fährt einmal rund um die Innenstadt und hält an allen wichtigen Plätzen (Hotels). Und das alle 20 Minuten. Die Dame nennt mir auch gleich die Station wo wir raus müssen. Station 12 bedeutet, dass wir fast zum Schluss raus müssen und somit eine kostenlose Stadtrundfahrt bekommen. Irgendwie sitzen lauter Deutsche im Bus 🙂 … Irgendwann möchte eine estnische Oma einsteigen. Der Busfahrer erklärt ihr, dass dies 2 Euro kostet. Schimpfend – ich versthe nur was von Schmarotzki oder so – steigt sie wieder aus. Naja der Stadtbus ist ja billiger. So jetzt noch mal Handy raus und Google Maps befragen. Und schon sind wir pünktlich kurz nach 14 Uhr im Hotel. Mit perfektem Blick auf dem Toompea Turm, auf dem jeden Tag die estnische Fahne gehisst wird (inklusive Nationalhymne).
Bahnhof
Und gleich ab ins Vergnügen. Da die Tallinn Card in unserem Hotel doch allen Ernstes ausverkauft ist, kaufen wir die halt im Hotel Shnelli am Bahnhof – ich find den Namen so geil :-). Nachdem das erledigt ist, schauen wir uns am Bahnhof um. Dafür, dass hier so gut wie keine Züge fahren, sind 9 Gleise schon sehr beachtlich. Gut, die Züge schauen nicht sehr modern aus und lang sind sie auch nicht, aber immerhin sind welche da. Und es steigen sogar 10 Leutchen ein. Völlig undenkbar in Deutschland. Der Hauptbahnhof der Hauptstadt entspricht einem Bahnhof in einer deutschen Kleinstadt. Aber auch logisch, wenn man weiß, dass das Schienennetz sehr dürftig ist und die Züge sehr langsam fahren. Busse verkehren hingegen zwischen allen Städten ohne Zwischenhalt und sind klimatisiert und sogar mit Wifi ausgestattet. Dann nimmt man eben den Bus anstelle Bahn.
Schlümpfe gibt es auch in Tallinn
Neben dem Bahnhof gibt es einen kleinen Markt. Sah sehr russisch aus. Ich hätte mir da doch glatt ein Schlumpf-Shirt gekauft. Ich wusste gar nicht, dass Schlumpfe was zum vermessen haben … Aber nun gut, wir wollen ja nicht gleich am ersten Tag mit Blödsinn anfangen. Ansonsten gab es dort wie auch auf deutschen Märkten so mehr oder weniger alles. Angefangen von Obst und Gemüse, Klamotten bis hin zu Handwerkszeug und alten russischen Kinderbüchern. Da mein Magen knurrte, haben wir uns mal ein wenig am Bahnhof umgeschaut. Am Bahnhof muss es doch was zu essen geben. Sei er auch noch so klein. Erfreulicherweise erblickte ich einen Burger-Stand.
Merke: Cheeseburger ist nicht gleich Cheeseburger
Na dann mal nen Cheesburger kaufen. Ok, ich war dann etwas irritiert als die Dame ein Brötchen aus der Verpackung holt und dies dann in die Mikrowelle packte. Gut, das mach ich zu Hause auch, aber ich verkauf die Dinger ja net. Als sie mir dann das Ding in die Hand drückte, verging mir leider der Appetit. Majo auf einem Cheeseburger. Und das nicht zu knapp!1 Dazu Karotten und Weißkraut. Und irgendwas fleischartiges, was ich nicht ganz interpretieren konnte. Da nicht mal meine Mutter das Ding verspeisen wollte, landete es leider im Mülleimer.
Merke: Mehrere Wege führen zum Toompea-Schloss
Dann muss halt der Notrations-Müssliriegel dran glauben. Frisch „gestärkt“ gehts auf die andere Straßen Seite zum Toompea-Schloss. Wobei ich sagen muss, dass wir keine Ahnung hatten, wohin diese Treppen führen, als wir uns entschieden, den Menschen zu folgen die sich unendlich lange Treppen nach oben quälten. Dummer Weise dachten wir, nach der Hälfte, dass wir nicht weiter Treppen steigen wollen und sind einfach in die andere Richtung abgebogen. Böser Fehler. Währen die Treppen schön schnurstracks nach oben führen, war dies die alternative Route auf schmalem Trampelpfad ohne Geländer die Stadtmauer entlang nach oben. Das ist ja so rein gar nichts für meine Höhenangst. Ok, es gab einen schönen Ausblick auf den Park und Sportplätze, aber mit runter gucken war bei mir nicht viel. Oben hab ich erst einmal drei Kreuze gemacht.
Selbstzerstörendes Klo
Oben auf der Aussichtsplattform erblickte Inge freudestrahlend ein Toilettenhäuschen. Ich sage es euch, so was hab ich noch nie gesehen. Behindertengerecht also vergleichbar mit den ICE-Klos nur größer. 20 Cent reingeworfen und Inge reingesteckt. Ich hab mir dann die Zeit mit einem für mich unidentifiziertbarem Vorgel vertrieben. Nachdem ich jetzt etwas geforscht habe, glaube ich, dass es eine junge Möwe war. Sehr zutraulich und gar nicht ängstlich diese Jungvögel. … So nach 5 Minuten wundere ich mich, ob Inge vom Klo verschluckt wurde. Auf Nachfragen meint sie, sie findet die Spühlung nicht. Also Bedienanleitung lesen (ist ja alles schön drauf geschrieben – außen!!) Ich einige mich dann mit mir selbst, dass es sich um ein selbstzerstörendes emm selbstreinigendes Klo handelt. Und ernsthaft, wenn man das Ding verlässt, geht die Autowaschanlage los 🙂 Ich wusste gar nicht, dass es so was gibt. Plädiere dafür so was auch in Deutschland einzuführen. Wäre sicher für die ein oder andere Folge „Verstehen Sie Spaß“ gut geeignet 😀
Merke: Ein Tourist ist ein gutes Opfer wenn es um Nahrung geht!! Das ist überall so!
Jetzt aber was essbare suchen! Also vorbei an einigen Sehenswürdigkeiten ab in das Zentrum der Altstadt. Dort gibt es sehr viele kleine Restaurants, wo vor jedem ein nettes junges Mädel oder Junge steht, die/der einen einläd was zu essen. Ist quasi wie auf Malle wo man in Discos geschleppt wird. Hier halt zum Essen. Wobei das schon sehr nervig ist. Aufgrund des starken Hungers einigen wir uns auf was bekanntes und keine Experimente mit unbekanntem estnischen Essen. Schon wieder schwerer Fehler. Meine Mutter kriegt ne Pizza Magaritha für knapp 10 Euro und ich eine vegetarische Pizza für 13 oder so. Preis-Leistungs-Verhältnis ist miserable, da macht sogar der Inder in Pfaffenhofen ne bessere Pizza. Der Schock kommt aber erst bei der Rechnung. Das Glas Bier (0,5) kostet schlappe 7 Euro. Das übersteigt sogar die Wiesenpreise!! Naja, ich nehme das nicht so tragisch und muss tierisch lachen, aber noch mal mach ich das nicht! Zur Sicherheit frage ich demnächst bevor ich ein Bier bestelle!
Hafen
Gestärkt machen wir uns dann wieder auf die Socken und marschieren Richtung Hafen. Vorbei an Parkanlagen mit Bogenschützen, Stadtmauern und sehr viel Kopfsteinpflaster. Es ist ein schöner lauer Abend und die Sportler kommen aus ihren Löchern. Ich hab irgendwie das Gefühlt, dass der Hafen Treffpunkt für Jogger und Radler ist. Neben den Terminals für die großen Fähren gibt es auch einen netten Hafen für kleine Jachten. Ok, die Boote sind kleiner als in Monaco 🙂 aber die würden auch nicht hierher passen. So langsam wird es kalt, vor allem bei der steifen Brise am Hafen. Und so langsam schmerzen die Füße. Also machen wir uns auf den Weg zurück.
Merke: alle Wege führen zur Alexander Nevsky Cathedral oder zum Freiheitsplatz
Gehen wir also am besten den gleichen Weg zurück den wir gekommen sind. Mehr oder weniger. So groß ist die Altstadt nun doch nicht, dass man sich verlaufen könnte. Bis zum Freiheitsplatz war das auch alles kein Problem. Nur dann war die Frage, wie wir ohne diesen Trampelpfad an der Stadtmauer entlang zum Bahnhof bzw. zum Hotel gelangen. Das ganze endete trotz Google Maps darin, dass wir Kreise um die Alexander Nevsky Cathedral drehten. Ich habe jetzt eine Phobie was diese Kirche betrifft und mag sie nie wieder sehen. Obwohl sie ja nicht schlecht ausschaut. Und wenn wir nicht an diese Kirche rauskamen, dann halt auf dem Freiheitsplatz. I feel so lost in Tallinn :-D. Und das trotz Karte – und ich kann eigentlich Karten und Straßennamen lesen – Wifi und Google Maps Navigator.
Die rettenden Treppen
Nach gefühlten 10 Stunden kamen wir doch wider erwarten an der Aussichtsplattform an, zu der die Treppen führten, die wir zu Beginn verschmäht hatten. Das ganze hatte einen Vorteil. Mittlerweile war Sonnenuntergang und wir hatten zwischen gefühlten 1000 Liebespaaren immerhin einen netten Blick auf Tallinn in orangem Sonneruntergangslicht.
Endlich im Hotel angekommen durften wir noch der estnischen Hynme lauschen, währen die Fahne auf dem Toompea Turm eingeholt wurde. 7 Stunden über Kopfsteinpflaster laufen sind eine ideale Schlaftablette 🙂 Da schläft man in jedem Hotelbett mit oder ohne Straßenlärm wie ein Murmeltier!
Alles in allem ein anstrengender aber dennoch schöner und interessanter Tag. Viel gesehen, viel neues gelernt und auch viel gelacht 😉