Ich scrolle rauf, ich scrolle runter. In der Hoffnung auf Input für mein Hirn. Nicht, dass ich doch noch meinen Fernseher anmache. Ich war schon kurz davor mir Ganser anzutun. Die Schweiz der Podcasts übertreibts grad stark.
Ich lande derweil bei Epigenetik. War ich schon lange nicht mehr. Ich erinnere mich an die Fruchtfliegen. Und auch an das Vererben von „Kriegstraumata“ bzw. deren Auswirkungen. Aber der grundlegende Mechanismus war mir entfallen. Der is spannend.
Der Mechanismus ist nämlich unabhängig vom Trauma immer da. Auch wenn Epigenetik hier am Trauma erklärt wird. Grob formuliert, werden unsere Gene ab und an an- und ausgeknipst aufgrund von Erfahrungen, die wir machen – ob gewollt oder ungewollt. Was zu diversen Veränderungen führen kann. Wir können die gleichen Gene haben, aber sind dann doch total unterschiedlich. Weil je nach Erfahrung verändern wir uns. Nicht nur die bewussten oder unbewussten Erinnerungen in unserem Hirn prägen uns. Nein, Erfahrungen verändern eben auch welche Werkzeugen wir aus dem Baukasten unserer Gene rausholen oder fest verschließen.
Damit erklärt man sich eben auch, warum Kindheitstrauma das Stresslevel nachhaltig ein Leben lang aus der Bahn werfen können. In unserer Kindheit sind wir wohl stärker epigenetischen Prozessen ausgesetzt. Die dazu gehören, um den ganzen Entwickungsprozess zu steuern bzw. die richtigen Werkzeuge rauszuholen für die Welt, in die wir geboren werden. Daher sind wir in dieser Zeit auch sehr anfällig
Man weiß ja auch, dass nicht jeder, der einem Trauma ausgesetzt war, nachhaltig Schäden davon trägt.
Misshandelte Kinder sind erheblich gefährdet, angst- oder gemütskrank zu werden, weil der einwirkende hohe Stress die Regulation ihrer Gene dauerhaft verändern kann. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München dokumentieren nun erstmals, dass manche Varianten des FKBP5-Gens durch ein frühes Trauma epigenetisch verändert werden. Bei Menschen mit dieser genetischen Veranlagung verursacht das Trauma eine dauerhafte Fehlregulation des Stresshormonsystems. Die Folge für den Betroffenen ist eine lebenslange Behinderung im Umgang mit belastenden Situationen, welche häufig zu Depression oder Angsterkrankungen im Erwachsenenalter führt.
Kindliches Trauma hinterlässt bei manchen Opfern Spuren im Erbgut
Da wir uns nicht nur in den epigenetischen Auswirkungen unterscheiden sondern auch von Geburt an unterschiedlich sind, die Gene halt variieren, hast halt den Zock wenn dein FKBP5-Gen halt sensibler ist. Was mich jetzt grundsätzlich interessieren würde. Unabhängig vom Trauma. Ob die verschiedenen FKBP5-Gen Varianten grundsätzlich unsere Ängstlichkeit beeinflussen. Vielleicht werden wir es eines Tages wissen. Aktuell glauben wir zu wissen, dass das FKBP5-Gen sich eben nachhaltig verändert, wenn wir belastenden Situationen ausgesetzt sind. Zusätzlich hat man folgendes gerade herausgefunden
Sie fanden heraus, dass solcher Stress zu verstärkten Angstreaktionen führt, die sich bei Männchen und Weibchen unterscheiden: Männliche Tiere zeigten passive Strategien zur Angstbewältigung („Einfrieren“), während weibliche aktive Strategien zeigten (Ausweichen oder fluchtartiges Verhalten). Stress in einer frühen Lebensphase wirkte sich bei Männchen und Weibchen zu unterschiedlichen Zeitpunkten aus, Weibchen reagierten unmittelbar, Männchen zeigten länger anhaltende Reaktionen. Weibliche Mäuse wiesen unmittelbar nach einer frühen Stressbelastung einen erhöhten Stresshormonspiegel (Corticosteron) auf, bei männlichen Tieren war das nicht der Fall.
Frühkindlicher Stress verändert Angst-Reaktionen geschlechtsspezifisch
Das könnte auch einiges erklären. Es ist halt nicht monokausal sondern komplex. Da sind so viele Bausteine, die eine Rolle spielen. Die auch jenseits von Freuds Theorien sind. Sorry liebe Psychologen, aber Freud ist für mich so ein Sinnbild vieler psychologischer Konzepte. Grau ist alle Theorie. Am Ende ist eben auch unser Verhalten, unsere Emotionen, unsere Gedanken um es mal darauf runter zu brechen. Also unser Ich. Es ist am Ende halt doch auch Biochemie und Elektrosmog. Es sind physiologische Vorgänge, die wir bisher nur zu einem Bruchteil durchschaut haben.
Ich war Joggen, um meine Epigenetik zu motivieren. Au. Ich bin mir sicher, da baut sich was um.
Alles eine Frage des Bindungsstils 🫣 zwischen HP1 und H3
Muss ich jetzt mehr Bananen essen?
Es ist komlex.
Hm, mir scheint ich muss noch ein bisschen recherchieren und dann verdauen. Das gibt dann doch noch mal einen anderen Blick auf einiges. Und das wo ich dachte, ich hab den aktuellen Stand des Wissens durchgespielt. Was nicht heißen soll. dass ich alles weiß. Aber eben, dass ich zumindest weiß, dass wir wissen, dass wir nichts wissen. Oder eben recht wenig. Und eben immer noch vieles, was die Dinge zwischen unseren Ohren betrifft, viel Theorie ist.
Und vielleicht schaffen wir es doch noch auch mit solchen Forschungen einiges an psychologischen Phänomenen bessere diagnostizieren und behandeln zu können.
Habe heute beim Joggen kleinen jungen Mann getroffen, der total glücklich drüber war, dass die Epigenetik ihm das eigenständige Fortbewegen freigeschaltet hatte. Breit strahlend bis über beide Ohren. Habe zurückgelächelt. Und die Mama unbekannter Weise auch. Und dann waren da noch die Kinder, die das nasse Laub in die Luft schmissen und jauchzten.
Nacht