Ich glaube, ich habe eben die Babymilch-Mafia finanziert. Aber immerhin habe ich jetzt drei Rosen. Ja, vielleicht sollte ich doch wieder mehr fernsehen. Ich bin nicht ganz up to date was kriminelle Machenschaften betrifft. Aber da soll mal noch einer hinterherkommen. Und dass es die jenseits von Telefonabzocke und Internet noch gibt, wer denkt denn an sowas. Aber sagen wir mal so, ein wahrscheinlich reiches Baby in China bekommt was gutes zu essen. Hust.
Reflektieren wir mal. Das Wetter war schön, muss man vor die Tür. Hätte ich mal das Rad genommen. Bin auf dem Rückweg vom Spaziergang und gut gelaunt, weil meine Lieblingsverkäuferin gemeint hat, ich wäre süß. Weil ich plane morgen noch mal aufzuschlagen, um ihr einen schönen Urlaub zu wünschen. Ich find sie hats verdient. Aus Gründen. Jedenfalls brubbele ich so vor mich hin „endlich sagts mal einer“, da hält man mir Rosen unter die Nase. Wir kennen dieses Mechanismus. Wenn dir einer was schenkt, fühlt man sich verpflichtet den Gefallen zu erwidern. Klassischer Bias. Man möchte eine kleine Spende, damit man sich Pampers und Babymilch kaufen kann. Gut ich bin gut drauf und mei was solls, also spendiere ich 5 Euro und schon hab den Salat und werde weiter bekniet, weil geht nicht noch etwas mehr? Die Leute würden ja nicht mal Nahrungsmittel spenden wollen. Einigen wir uns drauf, wir gehen einkaufen. Weil mehr Geld mag ich eigentlich nicht geben. Und Milch und Pampers wird man ja nicht wieder verscherbeln und zu Geld machen. So meine naive Annahme. Die sie mir mit „Nein, Nein, ich zeig dir hier meine Kinder und hier is meine Kaiserschnittnarbe“ – Dinge, die ich nicht sehen wollte.
Ich mein, is ja nicht so, dass mir nicht klar, war dass jeder zweite Satz gelogen war. Sie meinte, sie kommt aus der Ukraine. Kleiner als ich, braun, dunkler Teint. Mit einem Akzent, der nicht nach Ukraine klang. Das jüngste Kind ist 3 Monate. Aber ihr Mann ist nicht hier, der is noch in der Ukraine. Ja, die Frage, die auf der Hand liegt, hab ich nicht gestellt. Aber ich bin sicher, sie hätte ne Antwort gehabt. Vier Kinder hat sie. Zeigt ein Bild und die waren durchaus nicht erst 3 oder so. Mein ich sie hat da aber früh angefangen. Ja ja wegen ihrer Religion. Frag ich welche das so is in de Ukraine. Russisch Orthodox oder so? Meint sie nein, nein evangelisch. Ah ja. Aber sagen wir mal so, ich glaub zumindest, dass sie wegen ihrer Religion früh verheiratet wurde.
Denkst dir, okay Sinti und Roma und mei, die erbetteln sich halt ihren Lebensunterhalt. Unschön. Soviel zum Thema Standbild. Aber tauschen mag ich mit denen nicht und für gewöhnlich ziehen sie auch weiter. Und Babymilch wird man ja nicht weiterverticken. Ich war nah dran, aber das war dann ein nicht ganz so korrekter Gedanke.
Es werden auf alle Fälle mehr als 10 Euro und ich weigere mich aber nen kompletten Wochenendeinkauf plus Babymilchpulver zu finanzieren. Wir enden bei Babymilchpulver und was zu trinken für sie. Hätte ich ihr mal die 10 Euro gegeben, das wäre billiger gewesen. Hust. Sie ist dann auch schnell weg und ich glaube rüber zum Bäcker. Mit den 5 Euro von mir, die ich ganz vergessen hatte. Lach.
Sagen wir mal so, verhungert sah sie nicht aus und der Kerl, der mit ihr die Rosen verschenkt hat, war auch eher ein Bär. Angeblich ihr Bruder, der Arbeit hat, aber heute hat er frei und hilft ihr. Bei ihrer Arbeit.
Ich hab mal gegoogelt

Zum Müller wollte sie übrigens partout nicht. Egal. Jedenfalls glaube ich, dass das Milchpulver nicht ihren Kindern zu gute kommt. Wenn man es nach China für den dreifachen Preis verticken kann. Und mei, ich sterb jetzt nicht an den Euros. Der Schaden hält sich in Grenzen. Aber das Gesamtkonstrukt gefällt mir dennoch nicht. Muss ich jetzt nicht schön reden. Ich war nah dran, und mir war klar, ich werden angelogen. Aber die Babymilch-Mafia is an mir vorbeigegangen. Argh. Nun gut.
Sagen wir mal so, das ganze bringt einen auch wieder dazu, darüber nachzudenken, wie stark das Leben doch Lotterie ist. Und was passiert, wenn du in eine Umgebung geboren wirst, die das Leben sehr rau gestaltet. Mit wenig Perspektiven. Zum Teil nicht mal Bildung. Also ist manchmal de Weg in die Kriminalität auch nicht weit. Wobei sich etwas zu erbetteln und es dann zu verscherbeln ja erstmal nicht kriminell ist. Aber wenn das mit den Bandenstrukuren stimmt, die dann auch Diebstähle begehen, dann is das noch mal ne andere Hausnummer. Mich belabern und sich was erbetteln is das eine. Diebstahl was anderes. Ich mein, man kann dieses Geschäft ja sicher auch etwas anders betreiben. Von Amazon liefern lassen und dann weiterverticken. Brauchst etwas Startkapital und dann kannst dich aber selbst finanzieren.
Nun ja, irgendwie muss jeder irgendwie überleben. In einer globalen Welt. Wo du den Reichtum siehst. … aber ein Handy haben sie alle. Lach.
Ja ja, das passiert, wenn keiner auf mich aufpasst. Schlimme Sache. Aber ich bin süß.
Apropos, wir waren ja in meinem Stammsupermarkt. Und ich wurde mal wieder nach der APP gefragt. Weil man muss fragen. Is ja nicht so, dass ich nicht alle 2 Meter erschlagen werden von der Werbung für eben jene welche APP. Nein, man muss mich jetzt auch noch jedes Mal nerven und fragen. Auf meine Frage, was es denn für Konsequenzen haben kann, wenn man nicht fragt, hieß es „Abmahnung“. Sagen wir mal so, ich knabbere an der Antwort härter als an der Babymilch-Mafia. Das kann dich nicht der Ernst der Zentrale sein. Die Verbraucherschützer klagen nicht umsonst. Und beklagen auch nicht umsonst, dass ältere Mitbürger ausgeschlossen sind vom letzten digitalen heißen Scheiß. Welchem social media Zeug muss ich betreten, um da nachzuhaken? Sonst geh ich noch öfter zum Edeka.
So und jetzt fällt mir gar keine Musik ein. Also nehmen wir irgendwas
Nacht