Private Stadtführung
Der Morgen beginnt mit Unmengen an Wasser, das sich aus dicken grauen Wolken auf Pärnu niederprasselt. Sintflutartige Regenfälle könnte man das nennen. Pünktlich aber so etwas von pünktlich hört es auf zu regnen, die Wolken reißen auf und die Sonnen bahnt sich ihren Weg. Es waren ja auch 30 Grad und Sonne angesagt. Somit beginnt unsere private Stadtführung – unsere Verwandtschaft lässt es sich natürlich nicht nehmen uns persönlich rumzuführen – bei schönstem Wetter. Vorbei am Strand, durch diverse Parks geht es von historischem Häuschen zu historischen Häuschen.
Unglaublich wie viele Parks es hier gibt. Alles gut gepflegt. Ein richtig schöne Bade- und Kurort – seit Jahrhunderten. Durch das Tallinn-Tor im Valligäär-Park geht es in die Altstadt. Zwischendrin wird noch einmal beim Schmied vorbeigeschaut, bei dem man Schmiedekunst und Münzen erwerben kann. Ich lerne, dass so gut wie jedes Gebäude mal eine Post war :-). Wir machen eine kleine Pause und ich lerne , dass Mittagessen wohl keine Hauptmahlzeit in Estland ist. Naja mein Hunger hält sich auch in Grenzen und ich lechtse auch eher nach was flüssigem. Stadtbesichtigung bei 30 Grad ist anstrengend.
Es gibt immerhin eine Einkaufsstraße in Pärnu. Also in der Altstadt. Witzig finde ich die Läden in denen man so Urlaubszeugs kaufen kann. Schmuck, Sonnenhüte und Tücher und so. Erinnert mich irgendwie an die Länden an den Stränden in Spanien, Italien oder Griechenland. So Krams, der gar nix mit Estland zu tun hat. Ansonsten gibt es aber auch ein paar nette kleine Läden mit echten estnischen Souvenirs. Ein paar Restaurants und einen Alkoholladen :-D. Und ab und an findet man auch Musiker. Mal spielt einer Gitarre mal einer Akkordion. Nett und gemütlich.
Am Ende der Rüütli-Straße auf dem Stadtplatz findet man neben Tausenden von Spatzen auch ein Denkmal, dass an die eintägige Unabhängigkeit Estlands 1918 erinnert. 1918 wurde in Pärnu die Unabhängigkeit von der Sowjetunion ausgerufen. Die Uanabhängigkeit hielt einen ganzen Tag, dann kamen die Deutschen die Sowjets ablösen. Nach Ende des ersten Weltkriegs wurden die Deutschen wieder durch die Sowjets abgelöst. Das eigentliche Gebäude von 1918 wurde im 2. Weltkrieg zerstört. Später wurde dann das Denkmal errichtet. Das dahinter liegende Hotel verunstaltet das Erscheinungsbild allerdings sehr stark. Wenn mir die Kritik mal erlaubt ist.
Wurzeln
Und dann kommen wir zu einigen Gebäuden, die für Estland bzw. Pärnu keine Bedeutung haben. Für uns jedoch schon. Vorbei an der deutschen Technikerschule geht es zu ein paar Gebäude in der Suur Sepa – Schmiedestraße. Hier liegen angeblich unsere Wurzeln. Das Elternhaus meines Großvaters. Wir wissen zwar nicht genau, welches Haus oder welche Häuser, aber hier soll es gewesen sein. Ein paar nette kleine Holzhäuser. Noch erhalten und nicht platt gemacht. Wenn mich meine Recherchen nicht trügen, dann ist da jetzt ein Möbelpack-Unternehmen drin. Ist aber egal. Wir waren da. Da wo mein Großvater aufgewachsen ist. Über 80 Jahre nachdem mein Großvater Estland verlassen hat.
Alte Fotos gucken
Und wo wir gerade in Nostalgie versinken, geht es auch gleich noch mal zur Cousine meiner Mutter – Fotoalben durchwühlen. Alte Fotos gucken. Ich versteh leider nur die Hälfte und das ist noch großzügig gerechnet. Alles ziemlich russisch was die beiden älteren Damen da von sich geben. Zum Glück erkenne ich aber den ein oder anderen auf den Fotos. Und ab und an schreit meine Mutter: Silva, kannst du das abfotografieren? Und Klick. Neben alten Fotos, sehen wir auch die letzten Bilder der Schwester meiner Großmutter. Sie starb erst vor 2 Jahren im Alter von 99. Und war bis zu ihrem letzten Tag fit.
Mittagsschläfchen
Während meine Mutter bei der Hitze eine Pause braucht, geh ich noch mal in die Stadt. Ich schau mir noch mal die deutsche Technikerschule an und verwerfe den Plan, mich dort bewerben 😀 Dann gehe ich noch mal in die Surr Sepa und schau mir allein und in Ruhe noch mal die Häuschen an, in denen mein Großvater wohl aufgewachsen ist. Auf dem Rückweg durch die Rüütli-Straße finde ich dann noch ein interessantes Restaurant. Nikolai LEHTLA. Aha, estnische Biathleten verdienen sich wohl in der Gastronomie noch ein paar Euro dazu 😀 Spässle, aber ich beschließe, dass wir das Essen dort mal testen müssen. Rein aus Prinzip.
Burger-Restaurant mit Live-Muke
Am Abend gehen wir dann noch mal in die Innenstadt und versuchen unser Glück beim besten Italiener in Pärnu. Aber bei Stefani stehen sie Schlage. Hast du nicht gesehen. Ist wie zu Ostzeiten, wenn es Bananen gab. So gut kann keine Pizza sein 😀 Wir versuchen es dann noch mal beim Ableger am Strand, aber dort genau das gleiche. Ergo setzen wir uns wo anders rein und essen eine Kleinigkeit zum guten estnischen Bier, das sogar meiner meiner Mutter mundet. Nicht unweit von unserem Restaurant dudelt Live-Muke. Man soll es nicht glauben, aber die Spielen in einem Burger-Restaurant. Burger mit Live-Muke kenn ich sonst nur vom Irish Pub. Apropos Pub – der heißt auf Estnisch „Pubi“. Also ganz ehrlich, das klingt noch … Kommst du mit in den Pubi? 😛