Der folgende Text ist schon ein paar Monate alt. Aber irgendwie ja irgendwie aktueller denn je. Ja ich wollte und sollte weiterhin mit Fritze reden. Der versteht mich. Und er verbessert die Problembeschreibung. Auch wenn ich mittlerweile glaube zu wissen, warum man dieses Geschichte erzählen betreibt.
Weißt du Fritze, ich frag mich, ob man Aktivist sein einfach ablegen kann. Verstehst was ich meine, Fritze? Ob man das Bild des „Feindes“ einfach ablegen kann. Das bewusste Zuspitzen. Das Bekämpfen. Ja Aktivismus kämpft nicht nur für etwas, sondern auch gegen etwas. Das Geschichten erzählen. Nicht nur über die gute Zukunft, sondern auch über das schlechte jetzt. Über andere. Das Framen – ich hasse dieses Wort.
Ich mein vielleicht hat der Jan ja Recht. Gut er drückt sich ungehobelt aus und öffentliche Angriffe, weil Aktivismus seine Wissenschaft beschmutzt oder so. Aber seine Grundkritik, dass da bei manchen Wissenschaftlern im öffentlichen Auftreten mehr Aktivist dabei ist als gut ist, hat er nicht Recht damit? Ist es nicht auch das was mich bei diesen Zeit-Podcasts so aushebelt?
Ich sitz dann da und nach der ersten halben Stunde will ich nicht mehr. Tut weh, bin sauer. Klar war dann auch noch die Zusammenfassung mies geschnitten und die Kachel mit „Klimawandel und linkes Thema“ und dann brauchts ewig, bis man genau an der besagten Stelle ist. Und überhaupt.
Den „interessanten Teil“, den höre ich dann gar nicht mehr, weil meine Gedanken und Emotionen festhängen. Das wird dann so irrelevant. Ja wenn ich mir das zum dritten oder vierten Mal anhöre. Aber beim ersten Mal … Warum dieses Storytelling? Dieses Framen? Warum diese Aggressivität? 😞
Es macht nicht nur wütend, es tut weh, weißt Fritze. Ich bin das Bild des bösen Top-Verdieners leid. Ja ich verdiene so gut, dass ich Soli zahle. Ich gehöre zu den Top 10% beim Einkommen – aber weiß Gott nicht beim Vermögen. Und überhaupt, du musst die Miete noch zahlen, Fritze. Anschreiben gildet nicht. Weißt, ich komme aus dem Osten, ich habe kein Erbe. Ich böser Mensch arbeite aber in einer Branche in der man gut verdient, habe auch noch Aktien. Wie kann ich nur? Wie viele Menschen haben noch mal Aktien? Wie viele Millionen sind das noch mal? Bin ich ein schlechter Mensch, weil ich genug Geld hab, um „sorgenfrei“ zu leben? Weil ich Glück hatte bei der Verteilung der Fähigkeiten. Weil mich mein Leben da hingespült hat, wo es mich hingespült hat.
Warum diese Überspitzung? Fritze, erklärs mir, bitte. Ich verstehs nicht. Warum reicht es nicht zu sagen, dass Geld nicht glücklich macht? Warum muss es noch der Seitenhieb sein, dass man nicht freundlich sein muss, wenn man Geld hat? 😔
Nein ich will keine vielen Freunde/ Menschen um mich rum. Und eigentlich auch keine komischen fetten Spinnen. Guck nicht so Fritze. Das macht mich nicht glücklich, im Gegenteil. Ich will mein Einsiedlerleben. Und ich hasse sozialen Druck, der dir vorgibt, was du zu tun und zu lassen hast. Mir reichen ne handvoll dafür aber intensive soziale Kontakte und der Job. Ansonsten lasst mich bitte in Ruhe. Nicht meins. Zu viel Lärm, zu viele Menschen vertrag ich nicht. Bin ich unfreundlich, weil ich es mir leisten kann es nicht sein zu müssen? Ich glaub ich sollte es häufiger mal sein. Eigentlich bin ich zu oft zu gut zur Welt – scheiß Ostsozialisation. Guck net so, echt eh. Is so.
Glück und Zufriedenheit und Sicherheit kann man sich nicht kaufen. Weder mit Geld noch mit Freunden. Je mehr um so besser gilt für beide nicht. .. Du bist auch eher der Einzelgänger, Fritze, oder? Schaut so aus. 🕸
Weißt Fritze, ich glaub, die denken nicht nach, wenn sie gegen „die Bösen“ austeilen. Es ist immer auch ein Urteil über Menschen. Eine Gruppe von Menschen. Die aber auch nicht homogen ist. Menschen sind verschieden. Introvertiert oder extrovertiert, um mal ein Eigenschaftspärchen einzuwerfen, das viel aussagt. Ja es gibt Arschlöcher. Bei den Reichen wie bei den Armen. Bei Menschen wie bei Spinnen.
Ich mein, wer ist die „andere Seite“, die übertreibt/ zuspitzt, wenn man eigentlich auf keiner Seite steht? So dass man selbst auch überspitzen „muss“. Hmm. 😔
Dieser Zeitartikel mit den genervten Wissenschaftler. Leider mittlerweile Paywall. Wie war das? Man erreicht mit markanten Sprüchen eh nur die Anhänger, die das dann abfeiern.
Ich weiß nicht, ob man Aktivist sein einfach ablegen kann. Ich weiß nicht, ob man seine Vergangenheit ablegen kann.
Weißt Fritze, wir leben in Zeiten von Populismus, in Zeiten von Fake News, in Zeiten von Storytelling. Zeiten in denen man alles hinterfragen muss. Zeiten in denen man sich schützen muss gerade auch vor emotionalen Rhetoriken
Zeiten in denen ich weit weg will von alle der trumpschen Geschichten erzählenden Rhetorik. Trump – das überspitzte Abbild unserer Gesellschaft. Das schlimmste, das beste das je passierte. Zeiten in denen ich Merkel als Gegenpol vermissen werde. Aber vielleicht bin ich einfach nur anders. Einfach nur müde von dem Lärm. Weil Lärm mich immer müde macht. Weil Lärm mich immer krank macht.
Vielleicht bin ich einfach kein Gradmesser. Oder doch?
Nein kann ich nicht sein. Tausende Likes und all der Zuspruch kann nicht trügen. Einzelne Stimme wie meine, die das Öl im Feuer sehen, was kann an ihnen schon richtig sein? Was sagst Fritze, der Böhmermann hat 2,4 Mio Follower und die Welt auch noch nicht ruiniert – auch wenn er ständig Öl ins Feuer gießt. Stimmt Fritze hast recht.
Anmerkung der Redaktion: Irgendwann hatte ich beschlossen zwischen all der Verwissenschaftlichung des Menschen, dem Mensch sein mehr Raum zu geben. Es ist nicht gut, wenn man Gefühle einsperrt.