Es ist Urlaubszeit. Gestern morgen stand ich vor der leeren Ost-Kühltruhe. Ach und Radieschen gabs auch keine. Schlimmer als zu Ostzeiten. Um 6 aufmachen, aber um 8:30 noch leere Regale. Da passt was nicht. Habe übrigens auch Frau R nicht gesichtet. echte Hand der Führungsriege und zuständig für Koordination und Obst und Gemüse Räumerei. Dachte schon sie hat Urlaub. Und ohne sie läuft nix.
Hab sie heute früh dann gefunden. An der Kasse. Ich hatte sie noch nie an der Kasse. Is Urlaubszeit. Die zweite Kasse macht normal der/ die/ das den Backshop betreut. Macht sie diese Woche etwas Backshop? Und die Chefs persönlich machen Obst und Gemüse? Bei der Ruhe, die die Herren in letzter Zeit haben, wundert mich da nixe. Aber vielleicht waren auch nur die Warenlieferungen verspätet gestern. Während der Chef persönlich die Erdbeeren einräumt, stolpere ich über die Kiste, die sie am Boden platziert haben. Hätte ich mal so tolle Sensoren wie dieser Roboter. Der mich wieder nervt mit seiner Dauerschleife „Kommen sie rein, schauen sie sich um“. Manchmal will ich ich anbrüllen „Ich bin ja schon drin und schaue schon“. Aber er kann ja nix dafür. Er hat sich nicht selbst programmiert.
Zurück zu heute. Verdammt schlechtes Timing. War heute nach 9, da ich in der früh ne Runde mit dem Rad unterwegs war. Weil das Wetter echt mies ist. Aber früh war Sonne. Komme so jedenfalls in die Pause von Kasse eins. Und damit bin ich nicht allein. Irgendwie die halbe Stadt mit mir. Halleluja. Und das an der zweiten Kasse, wo man für jede Zigarettenschachtel noch mal zur anderen Kasse rüber rennen muss.
Der Moment, wo du dir denkst, dass du nie gedacht hättest, dir nichts sehnlicheres zu wünschen, als dass Frau W. wieder die Kasse eröffnet. Aber du weißt, dass ihr 15 Minuten Pause zustehen. Und das is voll okay. Jeder hat ein Recht auf Pause. Der Rentnertrupp hinter mir sieht das anders. Man holt tief Luft. Und dann schraubt man sich gegenseitig hoch. „Zweite Kasse!!!“ „Eine Frechheit is das“. „Da muss man doch die zweite Kasse aufmachen“. „Ja die tun nix, bis sich einer beschwert“. Und so weiter. Empör. Irgendwann reicht es mir und ich erklären, dass die Kassiererin von Kasse 1 in ihrer wohlverdienten Pause ist. Interessanter Weise hat das gereicht, dass sie die Klappe halten. Merke: Wutrentner gibt es auch in Bayern. Frage mich, b die auch AfD wählen, um es ihnen zu zeigen. Empör.
Ich würde mich auch gern empören. Aber ich hab meine Wut verloren.
Ich hab keine Kraft mehr für Wut. Oder vielleicht habe ich auch nur aufgegeben. Alles ist plattgemäht. Einfach alles. Unter Windrad. Auf der Lichtung am Waldrand. An den Feldwegen. An den Waldwegen. Ich hatte gehofft heute früh vielleicht noch mal den Schwalbenschwanz zu treffen. Bei den Blümchen am Feldweg. Neben dem Feld voller Möhren. Alles was ich fand, war englischer Rasen. Und so reiht sich der Tag ein in die letzten zwei Wochen.
Ist ja nicht so, dass es mir gut geht. Also brech ich zuerst weinend unterm Windrad zusammen. All die Wildblumen, all das Getier. Platt. Wo vor ein paar Tagen noch das Leben blühte. Ich versuch wütend zu werden. Auch um die Tränen zu trocken. Weil eh schon dehydriert und 30 Grad is nix gut für Tränen. Aber da kommt nichts. Ich kann nicht mal schreien.
Und du denkst du hast dich halbwegs gefangen. Bist jetzt 3 Tage „trocken“. Und da kommst du an die Stelle, woe deine Freunde wohnen.



Und alles was ich finde, ist Kahlschlag. Danke, dass die Brombeeren zumindest blühen durften. Also wars das wieder mit der Fassung. Ich versuche zu fluchen, so schreien. Aber ich fiepe nur vor mich hin.
Ich finde viele tote Schmetterlinge auf Straße und Wegen. Und auch mir fliegen einige zwischen die Speichen. Das Geräusch ist nicht schön. Und dabei fahre ich schon übervorsichtig. Streckenweise schiebe ich, weil sie die Feldwege blockieren mit ihrem Sonnen baden. Wir haben ihre Lebensräume verlagert. Jedes Fleckchen Erde landwirtschaftlich genutzt. Wir gönnen ihnen nicht mal mehr Blumen und Gräser unter Windrädern. Was bleibt sind Randstreifen, Verkehrsinseln.
Manchmal glaube ich, wir hassen die Natur. Und gerade die Landwirte bekämpfen sie. Und ja sie machen nur ihren Job, ,Auf die Art, wie man es ihnen erklärt hat.
Und unter dem Windrad steht das Pärchen. Sie streckt die Faust gen Himmel Richtung Rotorblätter. Ich weiß nicht, ob sie feiert oder droht. Und sie laufen über die gut gemähte Fläche unterm Windrad. Über das Feld.
Ich habe keine Kraft mehr. Aber ich fühle große Traurigkeit.
Du bist warm und weich. Warum siehst du mir nach? Warum hältst du mich fest?
Gestern war Regen, heute wohl auch. Von da wo wir jetzt stehen, gehts nur noch bergauf.