Oder nennen wir es Familiengeschichte ohne Rethinking Marx.
Ich bin nicht Marx kompatibel. An Marx Händen klebt das Blut meiner Familie. Ohne Marx kein Lenin. Ohne Lenin kein Sozialismus mit alle den Millionen Toten. Keine Mauertoten. Keine Stasi. Kein Eingesperrt sein. Ohne Lenin kein Stalin. Ohne Stalin kein Blut meiner Familie an russischen Stiefeln. Kein Aushungern der Ukraine und und und.
Systemisches Denken. Beziehungen. Kausalketten. Lernen aus der Vergangenheit.
Das ist meine Großmutter (rechts oben) mit ihren Geschwistern und ihren Eltern. Meine Großeltern kamen aus Pärnu – Estland. Mein Großvater war deutschstämmiger Großgrundbesitzer. Ich weiß nicht wann seine Familie ins Baltikum auswanderte. Meine Großmutter war gebürtige Estin. Ihre Familie war bei meinem Großvater angestellt.
Keine Frage. Schön war es. Und viel zu kurz. Es hat einige Tage gedauert, bis meine Beine wieder schmerzfrei waren 😀 Viel zu wenig Zeit für viel zu viele schöne Dinge. Ich bin mir sicher, ich komme wieder. Es gibt noch so viel zu sehen. Estland ist zwar klein, aber groß genug um noch viele schöne Tage hier zu verbringen. Herrliche Natur, das Gefühl von Freiheit, aber auch eine Menge Geschichte. Wir sind noch nicht fertig mit der Suche nach unseren Wurzeln. Da gibt es noch ein paar Punkte, die zu erledigen sind. Und ich möchte noch mehr sehen von der Natur. So ein oder zwei Inseln … und und und .. ach und vielleicht hat ja diese unbekannte estnische Biathletin, dann auch mal Zeit.
Tallinn
Eine schöne Stadt. Sehr grün. Viele historische Gebäude. Aber auch viel Wachstum und Umbruch. Ist interessant, wie sich die estnische Metropole in der ca. ein Drittel der Bevölkerung lebt, entwickelt. Man schafft es zwar innerhalb von einem Tag die historische Altstadt zu besichtigen, aber Tallinn hat mehr zu bieten. Man muss ich nur die Zeit dafür nehmen. Und wenn man genug von Tallinn hat, dann nimmt an die Fähre nach Helsinki oder einen Bus in eine andere estnische Stadt. Was ich im übrigen als sehr angenehm empfand ist das Fehlen von Hupen in estnischen Autos. Egal wo oder wann, Berufsverkehr oder einsame Straße, ich habe nie eine Hupe gehört. Und ich verwette meinen wohlgeformten H… dass ich morgen auf dem Weg zur Arbeit gleich wieder wei0, was eine Hupe ist.
Wie auch immer, ich bin mit sicher, dass ich mir den ein oder anderen Fleck noch mal in Ruhe anschauen werde und den ein oder anderen Fleck neu entdecken werde.
Pärnu
Ein schöner ruhiger Kur- und Badeort. Wenn das Wetter passt, kann man sich am Strand vergnügen und abends durch die unzähligen Parks spazieren. Wer Party will, kann in einen Nachtclub gehen. Ich habs nicht ausprobiert. Aber bis 3 gehen die Minimum – zumindest der den ich über meinem Zimmer hatte 😀 Abends gibt es auch auf den Straße Live-Muke, aber trotzdem fand ich es nicht wirklich laut. … Und für schlechtes Wetter bietet fast jedes Hotel einen Spa-Bereich. Also wer einen ruhigen Strandurlaub möchte und keine 35 Grad braucht – was aber nicht heißt, dass es in Pärnu nicht auch mal heiß sein kann – sollte Pärnu mal ins Auge fassen. Ich kann es nur empfehlen (Werbetrommel rühr)
Estland
Wenn man kapiert hat, wie das so läuft, dann kommt man ganz gut zurecht. Ab und an ist alles hochmodern und ab und an noch schön einfach. Aber im Großen und Ganzen kommt man mit wenigen Mitteln (auch auf Kommunikation bezogen) recht weit. Und nett und freundlich sind sie eh alle. Ok, der ein oder andere ist nordisch grummelig, aber das ist die Ausnahme.
Also Alkohol kann man nur zwischen 10 und 22 Uhr kaufen. Normalpreise gibt es eigentlich nur in großen Supermärkten. Ach ja und in den großen Touristenzentren wie der Altstadt von Tallinn sollte man drauf achten, dass man nicht abgezockt wird – wie überall in Touristenzentren. Kauf dir mal auf der Zugspitze was zu trinken. Gefahren wird mit dem Bus nicht mit der Bahn. Und mit dem Bus kommt man verglichen mit den deutschen Bahnpreisen billig in alle größeren Städte. Und da die meisten Linien häufig fahren, kommt man an einem Tag auch in und zurück.
Familie – gegeben, gesucht, gefunden
Schön war es. Ich hoffe, dass der Kontakt erhalten bleibt und man sich ab und an mal sieht. Wir haben uns herzlich empfangen gefühlt und ich fand es auch relativ locker für den Erstkontakt. Wegen der Sprachschwierigkeiten kann man nicht immer reden. Da fehlen manchmal die Worte. Und so eine Quaselstrippe bin ich leider auch nicht. Aber aber aber, von den paar Minuten Schweigen abgesehen, war es wirklich sehr schön und nett! Danke! Danke! Danke!
Wie gesagt, ich ähh wir kommen wieder.
Sonstiges
So viel Russisch wie in diesen Urlaub habe ich die letzten 20 Jahre nicht gehört. Das beinhaltet auch die letzten Schuljahre :-D.
Merke: Einchecken am Tallinner Flughafen nur am Automaten
Zumindest wenn man Lufthansa fliegt. Diese Information schockte mich etwas am Infoschalter. Aber wieder erwarten ging es einfacher als in München. 2 Klicks und wir waren beide eingecheckt. Man muss nur wissen, wo man seinen Ausweis durchziehen muss. Der Flughafen ist schon schnucklig. Und ich dachte immer Köln oder Dortmund wären klein 😀 Ca. 2 Stunden vor Abflug darf man dann sein Gepäck aufgeben. Am Schalter!! Das muss glücklicher Weise nicht durch den Automaten :-D. Wir haben noch ein wenig Zeit und setzen uns raus in die Sonne. Schön einsam hier. Ab und an kommt mal ein Taxi und der ein oder andere Raucher. Aber im Großen und Ganzen glaubt man nicht, dass man an einem Flughafen ist. Es gibt auch nur eine Sicherheitskontrolle. Durch die kommen wir diesmal auch ohne Probleme. Inge passt auf ihr Ticket auf 🙂
Merke: Finnische Lakritze ist das Geld nicht wert
Wir geben noch ein wenige Geld aus und kaufen Schokolade, Marzipan und Lakritze. Während ich das Kalev Marzipan nur empfehlen kann – vor allem die Variante mit Vana Tallinna Rum – muss ich feststellen, dass die finnische Lakritze nicht so mein Fall ist. Lakritze mit Füllung. Das ist ja nur was für Weicheier. In Finnland gibts bestimmt bessere als am Tallinner Flughafen 🙂
Über den Wolken
Kann es schön sein, aber auch windig. In Tallinn selbst war mir ja schon am Morgen klar, dass es etwas wackelig werden kann. War ja ganz schön windig. Das war nicht ohne. Lauter Luftlöcher und schwups hängt dir der Magen in der Nase. Ist ja gar nichts für mich. Und ich stelle wieder fest, dass ich mein Testament immer noch nicht gemacht habe. Dauert eine ganze Weile bis sich der Flug stabilisiert. Dass wir eine niegelnagelneue Maschine haben, macht es nicht besser. Ok, sie riecht gut. Nix alter Ledergeruch, den ich im Flieger so hasse, aber wer weiß ob da nicht ein Fabrikatsfehler drin steckt …
Essen und Landung
Nachdem der Magen sich wieder beruhigt hat und ich mir erstmal einen Wein genehmigt habe, um die Nerven zu beruhigen, gibts etwas zu essen. Und siehe da, man kann es sogar fast so bezeichnen. Frisch aufgewärmte Pizza auf die Hand. Geschmakstechnisch akzeptabel. Und mehr als ein Fingerhut. Ist bei der Lufthansa etwa wieder der Wohlstand ausgebrochen? Bei der Landung will die Pizza doch fast wieder raus. Die ist genauso wackelig wie der Start. Warum ist es in München auch so windig? Verdammt. Der wackelt sich da einen zurecht, dass ich die Tragfläche schon am Boden schleifen sehe. Geht aber zum Glück alles gut. Außer uns bleiben wohl nur noch ein paar andere Fluggäste in München, der Rest hetzt zum Anschlussflug. Dafür ist das Gepäckband dann sehr übersichtlich. Der Taxifahrer ist auch ganz nett und wie immer billiger als sein Pfaffenhofener Kollege. Nachdem er uns abgesetzt hat, fährt er gleich bei seinem Bruder vorbei. Der is nämlich der Dönermann von Pfaffenhofen 😀 … ich packe derweil aus und leg die Füße hoch und beweg mich die nächsten Tage keinen Zentimeter. Inge hingegen rödelt gleich wieder los und ist auch 2 Tage später schon wieder mit ihren lustigen Witwen unterwegs. Irgendwie waren wir wohl in verschiedene Urlauben. Fühl mich alt!
Der Bus nach Tallinn geht um 12 Uhr. Der Koffer ist gepackt und ich habe noch etwas Zeit und entscheide mich bei kühlen Temperaturen und Windstärke 10 dem Strand noch mal einen kleinen Besuch abzustatten. Außer mir hat es nur ein paar Kitesurfer an den Strand verschlagen. Aber die nutzen das Wetter so richtig aus. Die haben schon einen richtigen Zahn drauf. Und ab und an hebt mal einer ab. I believe I can fly! Macht richtig Spaß zuzugucken. Ich nutze den Wind auch, um ein paar lustige Portraitfotos mit wehendem Haar zu machen. Spaß muss sein. Nach einer Stunde gehe ich durchgefrohren zurück zum Hotel und wir machen uns auf zum Bussijaam.
Zurück nach Tallinn
Das Gebäude des Busbahnhofs schaut aus wie einem alten Western entsprungen. Die Dame am Schalter und ich haben kleine Kommunikationsprobleme. 8 Euro pro Person, macht also 16 Euro. Ich hab nur einen 20er und die Dame will trotzdem noch was von mir. Ich versteh kein Wort und es endet darin, dass ich den Inhalt meiner Geldbörse auskippe. Ahh sie wollte noch einen Euro, da sie Probleme mit dem Wechselgeld hatte :-D. Hab aber nur 2, aber die nimmt sie dann. Schon interessant auf welche verschiedenen Arten man Euro aussprechen kann. Diesmal sitzen wir nicht in der ersten Reihe, der Bus ist auch kleiner und voll besetzt, Gepäck muss man auch selbst ein und ausladen – wie gut, dass ich so klein bin, da kann ich auch ins Gepäckfach klettern – und Wifi gibt es auch nicht. Für 40 Cent mehr kriegt mach schon ne Menge Komfort mehr.
Zurück im Tallinner Hotel mit Hinternissen
Diesmal haben wir auch in Tallinn Zimmer auf unterschiedlichen Etagen. Ich bin wieder ganz oben und Inge ganz unten. Ich habe ein schönes kleines Zimmer im Dachgeschoss. Sehr schnuckelig. Plötzlich klopft es. Inga steht vor der Tür. Zuerst ging wohl das Zimmer nicht auf mit der Karte, also sie runter und mit Händen und Füssen und Russisch Problem erklärt. Karte noch mal neu programmiert. Inge wieder ab ins Zimmer und upps noch belegt. Noch mal runter und zum Glück wohl eine Dame da gewesen, die Russisch konnte. Haben sie sich wohl in der Nummer vertan :-D. Jedenfalls hat sie jetzt das Zimmer neben an und damit ich nicht ins falsche Zimmer gehe, kam sie netter weise vorbei. He he ich bin stolz auf sie! So ganz allein hinbekommen. Ok, sie wusste ja auch nicht wo ich war – musste sie auch erst erfragen, aber trotzdem.
Starthilfe für die estnische Bahn
Von dem ganzen Busgefahren habe ich Sehnsucht nach einer ordentlichen Bahnfahrt. Aber die fährt hier ja nicht. Also versuche ich mich symbolisch als Bahnanschupser am Tallinner Bahnhof. Meine Mutter hat ihren Spaß mit meinem Samsung. Huch, ich habe gar nicht gedrückt. Huch, schon wieder 😀 Heute gehen wir mal keine Treppen und wandern ausnahmsweise mal durch den Park in die Altstadt. Ich glaube ich muss nicht erwähnen, das auch Tallinn voll von alten großen Bäumen ist. Immer wieder faszinierend, auch bei dunklen Wolken.
Olde Hansa
Inge mag mal wieder neun Burger von Mc Donalds. Ich glaube ich hab ihre Geschmaksnerven ruiniert 😉 Diesmal bereuen wir es aber, als wir den die Olde Hansa entdecken. Ein auf Hansezeiten getrimmtes Restaurant. Da hätte ich gern auch auch ein paar Euro mehr für ausgegeben. Man kriegt ja zumindest für das Auge was geboten. Die Spiesekarte gibt es in verschiedenen Sprachen auf alten Pergamentpapier. Die Kellnerinnen sind in alten Trachten gekleidet. Vor dem Restaurant kann man Zimt von einem alten Krämerwagen kaufen. Und Nebenan gibt es Honigbier und alte Handwerkskunst. Mist Mist, leider satt.
Eis und Souvenirs die Zweite
Aber für ein Eis ist noch Platz. Das war doch noch auf der ToDo-Liste. Wie sagte Inge so schön: Auch wenn es aus Strömen regnet, wir müssen noch ein Eis essen. Zum Glück scheint ja jetzt wieder die Sonne. Also kaufen wir uns im Shop Eriti Rammus. Inge nimmt Vanille und ich Schoko. Leider muss ich sagen, dass ich verloren habe, da die Vanille-Version eindeutig die bessere Wahl war. Also merke: Vanille ist besser als Schoko und schmeckt auch noch vanilliger als in Deutschland. Mist! Erinnert mich auch irgendwie an das Vanilleeis von früher als ich Kind war.
Wir finden auch in Tallinn noch einen „vernünftigen“ Souvenirshop, wo es mehr als Matroschkas gibt. Ich brauch ja schließlich noch ein Estland-Cap. Ist ein Tallinn-Cap geworden und ne Estlandkerze mit Tallinnfeuerzeug. Unter der Ladentheke gibt es dann noch gegen entsprechende Millionen einen estnischen Pass zu kaufen, der unauffällig in meine Tasche wandert. So jetzt kann ich hier bleiben 🙂 Ne, das ganze ist ein kleines Büchlein mit den wichtigsten Informationen über Estland. Ich finde das eine ganz nette Idee. Und irgendwie witzig 🙂 Dann schleppt mich Inge noch in einen Buchladen, wo sie noch ein paar deutsche Bücher über Estland und Tallinn kauft und ich kann der Biografie von Kristina Smigun nicht wiederstehen. Außerhalb Estlands kommt ja nicht ran an das Buch. Gut ,ich kann kein Estnsich und daher ist das für mich eher ein Bilderbuch, aber ein schönes!
Autos, Autos und Autos
Mich „fasziniert“ ja schon die ganze Zeit, dass es in Tallinn und Pärnu kaum Kleinwagen gibt. Mal ganz zu schweigen von alten VWs oder so, die man zumindest noch in Deutschland findet. Nein, man sieht nur BMWs, Mercedes, Audi und Co. Und das bei den Strassen. Gerade in den alten Innenstädten dominiert Kopfsteeinpflaster. Um so witziger finde ich den Jaguar, der mitten in der Innenstadt von Tallinn steht. Inge meint nur, wenn das ihrer wäre, würde sie ihn über das Kopfsteinpflaster tragen und es tut ihr in der Seele weh, wenn die Dinger über die Straße hoppeln. Der Knüller sind aber die Polizeiautos: Skoda!! Der komplette Gegensatz zu den Autos der Bevölkerung, aber genau das was ich eigentlich erwartet hätte. Billig und praktisch.
Möwen
Mitten in Tallinn landen zwei Möwen, die sich bereitwillig fotografieren lassen. Sie kommen sogar immer ein paar Zentimeter näher und posieren. 🙂 Dann kommt ein älteres – menschliches – Pärchen und der Herr füttert die Möven aus der Hand. Unglaublich. Naja man will ja für das Posen auch entsprechend bezahlt werden 🙂 Noch witziger wird es, als plötzlich eine junge Möwe im Sturzflug von der Stadtmauer gesegelt kommt und meine Mutter nur um ein paar Zentimeter verfehlt. Nun sitzt sie da auf der Straße und guckt komisch rüber. Nein, nicht deiner Mutter, das ist meine! Die leben schon sehr gefährlich diese jungen Möwen. Und sind durch nix zu erschrecken. Ein Wunder, wenn die überleben.
Mal gucken obs Glück bringt
Schornsteinfeger sind ein Wahrzeichen von Tallinn und daher findet man auch mitten in der Altstadt einen Schornsteinfegerskulptur. Wie alle anderen Touristen – von denen es hier deutsche und russische in Massen gibt – lassen wir es uns nicht nehmen und machen mal ein Foto. Irgendwie hat er genau die richtige Größe für uns 😀 Ungewollter Weise muss ich lachen, da Inge mal wieder sehr viel Spaß mit dem Samsung hat. Ne ne Touchscreen ist nix für Inge. Aber was für meine Lachmuskeln. Nun gut, hoffen wir mal, dass der kleine schwarze Mann uns Glück bringt. Leider finden wir die lebensgroße Trachtenpuppe, bei der man den Kopf durchstecken konnte, nicht mehr. Naja zum wirklichen Suchen haben unsere Beine aber auch keine Lust mehr.
Schon wieder Lost in Tallinn
Da wir ja alle Parks in der Tallinner Innenstadt angucken wollten, nehmen wir für den Rückweg zum Hotel den Park auf der anderen Seite. Schwerer Fehler. Nicht, dass es nicht schön wäre so in der Abendsonne. Nein, man muss halt wieder den Hügel rauf und dann auch irgendwie runter. Wir enden diesmal am Trampelpfad zum Toompea-Schloss rauf oder in dem Fall runter und ich weigere mich den zu benutzen. Beim Sportplatz nebenan finde ich den Eingang nicht und so müssen wir irgendwo aussenrum, aber siehe da, wir kommen direkt vorm Hotel raus.
Abschied: Sonnenuntergang in Tallinn
Inge liegt tot auf dem Bett – war ja auch eine anstrengende Woche und irgendwann ist der Akku leer. Ich krame meine letzte Kraft hervor und mach mich noch mal auf die Socken Richtung Toompea-Schloss-Aussichts-Plattform. Abschied nehmen. Interessant finde ich, dass auf jeder Bank im Bark junge Leute sitzen, die den Abend genießen.
Heute heißt es Abschied nehmen. Daher beginnen wir den Tag mit dem Kauf von sinnlosen Souvenirs. Ich bin jetzt stolzer Besitzer einer Tasse in den estnischen Farben und eines blau-schwarz-weißen Elch-Kopf-Magneten. Macht sich gut an der Mikrowelle. Meine Mutter hat jetzt ein Mini-Küchen-Brett mit Pärnumotiv an der Mikrowelle kleben und eine ‚Tasse mit Pärnumotiv. Dinge die die Welt nicht braucht – aber sein müssen. Und weil wir gerade in Geberlaune sind, bekommt der nette Musikant an der Ecke auch noch ein paar Euro. Das muss man ja auch erstmal hinbekommen, mit rechts Trompete und mit Links Akkordion. Und klang nicht mal schlecht. Leistung muss belohnt werden!
Neue Europäische Währung
Ganz oben auf meiner Souvenirliste steht jedoch die neue europäische Währung. In Zeiten eines unsicheren Euros muss man seine Geld in wahre Münzen investieren. Also ab zum Schmied, der handelt ja gerade mit wahren Münzen. Neben „normalen“ Schmiedeerzeugnissen wie Speerspitzen und so 🙂 kann man beim Haus und Hofschmied in Pärnu auch echte Pärnumünzen erwerben. Aktueller Kurs zwischen 1 und 3 Euro. Frisch aus dem Schmiedeofen. Man kann dem Schmied quasi beim Herstellen zuschauen. Hat was. Finde ich.
Minizoo mit Minigarten
Unweit vom vom Schmied gibt es einen Minizoo. Ab und an wird der Schlage Ausgang gewährt und wer will kann sich ne gelbe Python um den Hals legen lassen.. Ich verzichte aber dankend und bewundere lieber den Minigarten vor dem Minizoo. Erinnert mich irgendwie an meinen Balkon 🙂 Erdbeeren im Blumenkasten, Cocktailtomaten, lila Petunien, Männertreu. Hach herrlich. Der kommt der Gärtner in mir durch. Wenn der da nicht mit seiner Schlange rumwedeln würde, könnt ich dort verweilen.
Paul Keres – Schach Matt
Wir kommen ach am Paul Keres Denkmahl an der Schule, die er besuchte, vorbei. Den Erzählungen meiner Mutter zufolge hat eine Schwester meines Großvaters den Herren unterrichtet (dann wohl an der Schule hier), der immer unter seinem Tisch heimlich Schach spielte 😀 Der Mann wusste Prioritäten zu setzen. Der Herr war später ein bekannter Schachspieler. Zum Weltmeister hat es leider nicht gerecht, aber er hat wohl alle Weltmeister seiner Zeit besiegen können. Leider nicht bei Titelkämpfen. Meine Mutter schwört jedenfalls Stein und Bein, dass es dieser Herr war, der die Schwester meines Großvaters im Unterricht zur Weißglut getrieben hat.
Neues Deutschland – bitte was?
Verwirrt bin ich über diesen Megadimensionalen Papierflieger, der uns in Pärnu vor die Füße fällt. Neben diversen internationalen Zeitungsnamen fällt mir „Neues Deutschland“ ins Auge. Ich mein ich kenne diese Zeitung noch. SED-Zeitung. Hervorragend geeignet zum Fleisch oder Kohle einwickeln. Oder Papierhüte basteln. Aber was soll das hier? Entweder ist das Kunst, deren Bedeutung ich wieder nicht verstehe und das Neue Deutschland ist hart gelandet. Oder der Künstler wusste nicht, was er da verwendet hat.
Dohlen und Spatzen
Es gibt ja nicht nur schöne Pflanzen hier, sondern auch auch Vögel. Neben den grausam schreienden Möwen und Nebelkrähen sieht man in der Innenstadt sehr oft Dohlen und Spatzen, die sich von gern füttern lassen. Vor allem die Spatzen sind dick und fett und sitzen überall unter Tischen von Restaurants und Hotels. Könnte ja ein Krümel abfallen. Von Angst keine Spur.
Merke: Die Bäume hier sind nicht groß
Nein, meine Mutter ist nur klein. Nachdem wir mal wieder den Nachmittag in den Parks verbringen – frisch gestärkt dank Sisi Pizza – muss ich noch mal Festhalten wie groß die Bäume hier sind. Also platziere ich Inge genau neben besagten Riesenbäumen. Also diese Ameise da unter dem Baum ist meine Mutter. Ich glaube das sind Linden. Groß und kräftig und alt. Wer jetzt älter ist – also der Baum oder meine Mutter, kann ich nicht sagen. Ich tendiere ja fast dazu, dass der Baum älter ist.
Die Sonne ist wieder herausgekommen und das Wetter ist einfach herrlich. Da es nur so um die 20 Grad sind, ist es ideal zum spazieren gehen und sich die Sonne auf den Pelz scheinen zu lassen, ohne zu schwitzen.
Baden die Zweite
Ich lasse es mir nicht noch mal nehmen, mich in die Fluten zu stürzen. Bei dem Wellengang heute ist das ein netter Spaß. Inge bibbert derweil außerhalb des Wassers. Die steife Brise ist nicht ohne. Ich versuche derweil meine eingerosteten Schwimmkenntnisse gegen die Wellen zu stemmen. Ein „Kopfsprung“ in die herannahende Welle erweist sich als gute Taktik. Als dann dunkle Wolken aufziehen, wandere ich dann mal wieder zurück – raus aus dem Wasser. Gewitter im Wasser muss jetzt nicht sein. Inge ist heute auch etwas Strandmuffelig 🙂 und will nicht mal am Strand zurück zum Hotel. Lieber außen rum. Also stampfen wir vom Nacktstrand – offiziell als Frauenstrand deklariert, was mich darüber nachdenken lässt, wo denn die nackten Männer hin sollen und ob das nicht diskriminierend ist – weg Richtung Promenade.
Unser letzter Weg…
… am letzten Tag in Pärnu ist auch kein schlechter Weg zurück zum Hotel. Die Sonne scheint immer noch, die Bäume halten den Wind etwas ab und die dunklen Wolken geben eine herrliche Kulisse. Während ich Inge im Hotel abliefere, geh ich noch mal kurz für eine halbe Stunde die Füße ins Meer halten und die Dämmerung genießen. Der Strand ist eh schon leer gefegt. Ich genieße noch mal das Rauschen des Meeres und nehme schon mal Abschied vom Strand an dem mein Großvater angeblich jeden Morgen sein Bad nahm. Leider kann ich nicht lange bleiben …
Abschiedsparty – schön wars!
Wie versprochen treffen wir uns um 22 Uhr noch mal mit unserer Verwandtschaft und nehmen Abschied. Bei Rhabarber-Kuchen und Bier :-). Ich lerne, dass Rhabarber auf estnisch Rabarber ist. Am lustigsten ist aber, als wir versuchen Draht zu übersetzen. Mit Russisch-Wörterbuch. Um Am Ende festzustellen, dass Draht auf estnisch traat heißt 😀 Ach und rosa ist im übrigen roosa. Wir sind uns einig, dass wir eine Menge Schiss hatten – zumindest der Teil unter 60 – aber am Ende war es voll schön und die Angst war nicht berechtigt! Es wird noch mal geknuddelt und gedrückt und dann taumeln wir betrunken ins Hotel 😉 … schön wars!!
Wir wandern dann noch mal los. Und schauen uns noch mal das Häuschen unser Vorfahren an. Schlendern noch mal durch die Rüütli-Strasse und überlegen uns schon mal, welche sinnlosen Souvenirs wir kaufen können. Am Ende der Straße biegen wir noch einmal ab zum Haus unserer Vorfahren und philosophieren welches es sein könnte. Nachdem der Schmied heute Ruhetag hat (Montags haben Museen ja zu :-)) entscheiden wir uns, schon mal mal den Busbahnhof zu suchen. Gegenüber vom Busbahnhof entdecke ich sogar eine Lok. Nur fehlen irgendwie die Schienen. Sind bestimmt von den Sowjets geklaut worden 😉
Jachthafen
Auf der anderen Seite des Valligäär Parks befindet sich der Jachthafen mit Jacht-Club. Dort kann man ein paar kleine nette Schiffchen ähh Jachten anschauen und wer will, kann sich im Jacht-Club auch stärken. Da es mir hier aber eindeutig zu leer ist, wandern wir weiter und prüfen noch mal Stefani und die anderen Restaurants in der Innenstadt bzw. in Strandnähe. Wir versuchen es dann heute mal im SiSi. Es ist ca. 14 Uhr und außer uns hat es nur ein paar andere Touristen hierher verschlagen. Am Essen kanns nicht liegen. Das ist ok und die Preise auch. Liegt wohl eher daran, dass die Sonne rausgekommen ist und alle Richtung Strand unterwegs sind.
Parks
Nachdem wir uns im SiSi mit einer ordentlichen Pizza eines echten italienischen Pizzabäckers gestärkt haben, wandern wir durch eine der zahlreichen Parks. Bäume über Bäume. Nein keine gerade gepflanzten, sondern wirklich alte Bäume. Riesig, hoch und breit. Alt wie ein Baum, kriegt damit wieder eine andere Bedeutung. Meine Mutter entdeckt ihr Herz für Bäume und wird zum Naturfotographen. Sie kann gar nicht genug bekommen von den Bäumen. Ist irgendwie auch kein Wunder. Alle Straße eine Allee. Und nicht einfach Mini-Bäumchen, die gestern gepflanzt wurden.
Vielleicht ist es genau das, was uns so fasziniert. Wo gibt es denn so etwas noch Mitten in der Stadt. Ach ja in Pfaffenhofen an der Straße die gerade neu gemacht wird. Mit breiterem Fußweg und so. Ich wette, dass die Bäume alle Platt gemacht werden und neue gepflanzt werden, wenn überhaupt. Wie auf dem Hauptplatz, der sich von einer Oase in einen Parkplatz verwandelt hat. Ja ja die Grüne Stadt Pfaffenhofen – Lebenswerteste Kleinstadt der Welt mit Umweltpreis. Ich glaub ich schicke mal ein paar Bilder vorbei. Nachdem wir wieder am Jachthafen herausgekommen sind, beschließen wir, den Fluss Pärnu bis zu seiner Mündung zu folgen.
Strand und Muscheln
Vom Jachthafen gelangt man in den Strand-Park – uii schon wieder ein Park. Und was für einer. Wieder verschiedenste Bäume – alt und hoch und breit 🙂 Und Zapfen. Unmengen an Zapfen. Ich habe noch nie grüne Zapfen gesehen. Zumindest kann ich mich nicht dran erinnern. Aber hier hängen genug. An Bäumen mit kurzen und mit langen Nadel. Kiefern, Fichten oder was auch immer. Alles was das Baumherz begehrt. Alles ist so grün. Obwohl wir Juli haben. Bei uns wär schon die Hälfte braun oder gelb. Nein hier ist alles grün. Die Bäume, die Wiesen, die Gräser, die Blumen …
Aber diesmal biegen wir dann ab in Richtung Strand. Rechts und links Natur pur. Sich selbst überlassende Gräser, Blumen, Schilf. In Deutschland unvorstellbar. Ein Kur- und Badeort mit Wildwuchs! Hinter dem Schilf hört man Vögel zwitschern, die dort wohl brühten. Unglaublich, dass man eigentlich noch mitten in der Stadt ist. Durch einen Schilfwald kommt man an die Mündung des Flusses Pärnu in die Ostsee.
Jetzt wirds sandig, also Schuhe aus und was für die Gesundheit tun. Als erstes kommt man zur Mole von Pärnu. Päärchen, die den 2 km langen Weg aus Steinen in die Ostsee bis ans Ende schaffen und sich dann dort küssen, solls Glück bringen. Inge streikt völlig und setzt sich auf einen Stein. Ich hab 2 Steine geschafft 🙂 Aber hatte ja auch keinen Grund für mehr 😀 Also wandern wir weiter am Strand entlang Richtung Hotel. Wir kneipen ein bisschen und kühlen uns die Füße in der Ostsee. Und sammeln ein paar kleine Muscheln als Andenken. Vielleicht findet die ein oder andere Muschel aus der alten Heimat auch den Weg zum Grab meiner Großeltern. So der Plan (und ich dachte immer, ich bin verrückt :-D)
Merke: Wenn man schwimmen will, muss man erstmal kneipen
Da ich bei den angesagten 30 Grad sicherheitshalber den Badeanzug eingepackt hatte, entscheiden wir uns noch mal den Strand aufzusuchen. Ich muss erwähnen, dass ich ja ohne Brille wie ein Maulwurf unterwegs bin. Daher fand ich es nicht lustig, dass man gefühlte 10 km weit ins Wasser laufen muss, bis man schwimmen kann. Das ist der absolute Wahnsinn. Man läuft und läuft und es wird nicht tiefer 🙂 Irgendwann war ich dann weit genug und ich konnte mich in die Wellen stürzen. Wiedererwarten habe ich sogar den Weg zurück gefunden. Wobei ich eher gekrabbelt bin. Wenn deine Beine tot sind und du dann die 10 km wieder zurück musst, dann wirds hart. Da „schwimmt“ man dann auch bei 20 cm Wassertiefe 😉 Wobei man sagen muss, dass dies für Kinder ideal ist. Nur zum Schwimmen muss man sich halt etwas anstrengen. Aber wer kommt schon an den Strand zum Schwimmen?
Merke: Must-See – Sonnenuntergang
Und was man unbedingt machen sollte, ist sich den Sonnenuntergang am Stand anzuschauen. Das Licht ist genial. Alles orange und rot. Also bin ich noch mal los und durchs Wasser gewatet mit Kamera in der Hand. Wenn man nicht direkt an der Strandpromenade langläuft, hat man auch noch einen Hauch von Einsamkeit, weil außer Möwen kein Lebewesen weit und breit ist. Wenn man mal die ein oder andere Mücke außen vor lässt. Einfach nur herrlich. Das Rauschen des Meeres, das Licht. Schwärm … Ich halte mich mal an die Regeln und trink mein Bier lieber im Hotel. Diesmal bewaffne ich mich mit Mückenspray, aber gerade als ich alles auf dem Balkon angerichtet habe, tröpfelt es….
Friedhofsbesichtigung und Frühstück für estnische Vampire
Heute Vormittag steht die Suche nach den Gräbern meiner Urgroßeltern auf dem Programm. Wir durchforsten also den alten Friedhof in Pärnu, der nur 10 Minuten von unserem Hotel entert liegt. Die Suche war leider erfolglos. Was eigentlich auch nicht verwunderlich ist, da sich ja in den letzten 80 Jahren keiner gekümmert hat. Dennoch ist es sehr interessant. Es gibt viele alte Gräber. Auch welche die scheinbar schon seit Jahren nicht mehr betreut werden. Der ganze Friedhof ist eine Mischung aus alten teilweise verwachsenen Gräbern und gut gepflegten Grabstätten – auch alte dt. Familiengrabstätten. Ich lese viele deutsche Namen. Lebensdaten aus den 18. Jahrhundert. Teilweise schöne alte Grabstätten. Mit großen Kreuzen aus Stein.
Ich hätte noch stundenlang durch die Gräber streifen könne, wenn da nicht diese elendigen estnischen Vampire wären. Schlappe 8 Stiche zähle ich an der rechten Hand. Und das obwohl ich gleich zu Beginn meine Ärmel bis über die Hände gezogen habe. Noch mal 4 auf der Brust und sogar eine hat sich durch den Schlitz meiner Hose geschlichen. Die Mücken sind ungefähr doppelt so groß wie die deutschen. Und deshalb glücklicherweise ziemlich lahm, aber das bin ich wohl auch. Wobei ich sagen muss, dass man es ja auch erst merkt, wenn sie stechen und somit zu spät. Zerstochen ziehen wir erfolglos wieder ab.
Familienfotos und Abschied
Wir besuchen dann noch den neuen Friedhof und erweisen der Schwester meiner Oma die letzte Ehre. Abschließend verabschieden wir uns von unserer jüngeren Verwandtschaft, die wieder zurück nach Tallinn bzw. Finnland muss. Zur Erinnerung machen wir noch ein paar Fotos. Dem Rest geben wir für den Sonntag Nachmittag frei – man bekommt ja schon ein schlechtes gewissen, wenn man so liebevoll umsorgt wird. Wir verabreden uns dann noch einmal für den Dienstag Abend – unseren letzten Tag in Pärnu.
Pärnumuseum und moderne Kunst
Für den Nachmittag nehmen wir uns vor, dass neu eröffnete Pärnumuseum zu besuchen. Hier kann 11 Jahrhunderte Geschichte bewundern. Alte Gegenstände aus der Hansezeit, Informationen über die Deportation von Einwohnern nach Sibiriern und so weiter – auch der Vater meiner Oma war dabei. Der Nachbau eines Deportationszuges macht sogar Rattergeräusche, was meine Mutter zuerst für ein Gewitter hält. Die Gegenstände aus der Sowjetzeit kommen uns irgendwie bekannt vor. Warum bloß? 😀 Witzig ist die Kunstausstellung, die wir „mit kaufen“. Im dritten Stock gibt es Kunst aus Draht. Da wir allein sind, können wir uns den Spaß erlauben und spielen eine Runde „Rate mal was das ist“. Unabhängig davon sind wir leider Kunstbanausen und können nicht so viel damit anfangen. Aber dennoch sehr interessant. Und Merke: Moderne Kunst ist überall gleich. Man muss sie nicht verstehen. Naja wenn ich gewußt hätte, was uns erwartet, hätte ich dieses Zusatzerlebnis nicht mitgebucht. Die nette Dame am Schalter war leider nicht in der Lage auf Englisch zu erklären, was Full House Besichtigung bedeutet im Gegensatz zur normalen Besichtigung. Spätestens als der Wachmann, der uns durchs Drehkreuz am Eingang durchschleuste, sagte: „Uiii Full House“ hätte ich stutzig werden müssen 😀 … ne war den Spaß wert und wir fördern mal die estnischen Künstler. Sind wahrscheinlich wie ihre dt. Kollegen arme Schlucker.
Deutsch-Holländischer Rummelplatz
Nachdem wir den Wasserski-Künstückchen am Ufer des Pärnu Flusses beobachtet haben, stehen wir direkt vor dem Volksfest/ Rummel, das/der gerade in Pärnu stattfindet. Erinnert mich irgendwie alles an deutsche Rummel. Zumindest so weit ich mich erinnern kann. War ja auch schon ewig nicht mehr. Gibt sogar Zuckerwatte. Und auf dem Stand steht sogar Zuckerwatter drauf. Und auf auch das Karussell ist ziemlich deutsch. Wie wir feststellen auch kein Wunder. Wir stolpern nämlich über einige deutsche Autos und Holländische Wohnwagen 😀 Scheint ein Deutsch-Holländischer Rummel zu sein. Nein, wir fahren trotzdem nicht mit dem Riesenrad oder anderen Fahrgeschäften. Ne ne 🙂
Laubenessen
Zwecks Nahrungsaufnahme begeben wir uns in Nikolai Lehtla. Mal gucken was Nikolais Gartenlaube so zu bieten hat. Wir entscheiden uns für Hühnchen auf Nikolai Art. Ich behaupte ja, das Hühnchen war im Senf-Käsemantel, aber so sicher bin ich mir nicht. Ist auch egal, Hauptsache es hat geschmeckt. Interessant fand ich die rote Beete. Würde es bei uns nie als Standardbeilage geben. Aber als Rote-Beete-Freund stört mich das nicht im Geringsten. Die Pommes waren auch ok, so dass man es alles in allem als Gutes Essen bezeichnen kann. Beide brav aufgegessen.
Ab 20 Uhr gab es dann Live-Musik vom Duo Catarsis. Musik aus den 70er, 80er, 90er. Schon interessant was aus einem so kleinen dünnen Mann für eine Stimme rauskommen kann. Leider war das ganze etwas sehr laut. Wenn man genau neben dem Lautsprecher sitzt. Inges Gesichtsausdruck erinnerte jedenfalls sehr schnell an Angela Merkel bei der Neujahrsansprache und so haben wir dann relativ bald das Weite gesucht. War dann doch etwas ungemütlich. Und vielleicht auch mir etwas zu viel Synti und E-Gitarre. 😀
Biertester
Auf dem Weg zum Hotel gehen wir noch mal schnell beim örtlichen Alkoholshop vorbei und versuchen uns noch mal als Biertester. Interessant finde ich die Auswahl an Cyder. Ok, es gibt kein mit Brause verdünntes Bier mit Geschmack wie bei uns mittlerweile in rauen Mengen. Dafür gibt es dann wohl Unmengen an Cyder mit diversen Geschmacksrichtungen. Meine Mutter kriegt einen Cyder mit Cranberries und stellt fest, dass ihr das zu süß ist und dass pures Saku Bier besser schmeckt :-). Ich muss sagen, Cyder mit Traubengeschmack war nicht schlecht. Das war nicht so süß. Ich schliess mich aber meiner Mutter an und find normales Bier auch viel besser 😉
Merke: Balkon nix bei Mücken und Junikäfer
Zurück im Hotel, denke ich mir, dass ich doch als Entschädigung für den Lärm des Nachtklubs über mir, einen Balkon geschenkt bekommen habe. Ok, Balkon ist etwas übertrieben, aber immerhin 20 cm mit 2 Stühlen an der frischen Luft. Also schnapp ich mir den Laptop und will mich gemütlich niederlassen. Die Idee nimmt schnell ein jähes Ende, nachdem ich von Schwärmen von Junikäfern und so attackiert werde, die sich durch das Licht angezogen fühlen. Hinzukommen die 1000 Mücken und die Tatsache, dass sich das Mückenspray bei meiner Mutter im ersten Stock befindet. Schade eigentlich, da der Wifi Empfang dort am besten ist. Also bleibt mir nur das Bett 🙁
Der Morgen beginnt mit Unmengen an Wasser, das sich aus dicken grauen Wolken auf Pärnu niederprasselt. Sintflutartige Regenfälle könnte man das nennen. Pünktlich aber so etwas von pünktlich hört es auf zu regnen, die Wolken reißen auf und die Sonnen bahnt sich ihren Weg. Es waren ja auch 30 Grad und Sonne angesagt. Somit beginnt unsere private Stadtführung – unsere Verwandtschaft lässt es sich natürlich nicht nehmen uns persönlich rumzuführen – bei schönstem Wetter. Vorbei am Strand, durch diverse Parks geht es von historischem Häuschen zu historischen Häuschen.
Unglaublich wie viele Parks es hier gibt. Alles gut gepflegt. Ein richtig schöne Bade- und Kurort – seit Jahrhunderten. Durch das Tallinn-Tor im Valligäär-Park geht es in die Altstadt. Zwischendrin wird noch einmal beim Schmied vorbeigeschaut, bei dem man Schmiedekunst und Münzen erwerben kann. Ich lerne, dass so gut wie jedes Gebäude mal eine Post war :-). Wir machen eine kleine Pause und ich lerne , dass Mittagessen wohl keine Hauptmahlzeit in Estland ist. Naja mein Hunger hält sich auch in Grenzen und ich lechtse auch eher nach was flüssigem. Stadtbesichtigung bei 30 Grad ist anstrengend.
Es gibt immerhin eine Einkaufsstraße in Pärnu. Also in der Altstadt. Witzig finde ich die Läden in denen man so Urlaubszeugs kaufen kann. Schmuck, Sonnenhüte und Tücher und so. Erinnert mich irgendwie an die Länden an den Stränden in Spanien, Italien oder Griechenland. So Krams, der gar nix mit Estland zu tun hat. Ansonsten gibt es aber auch ein paar nette kleine Läden mit echten estnischen Souvenirs. Ein paar Restaurants und einen Alkoholladen :-D. Und ab und an findet man auch Musiker. Mal spielt einer Gitarre mal einer Akkordion. Nett und gemütlich.
Am Ende der Rüütli-Straße auf dem Stadtplatz findet man neben Tausenden von Spatzen auch ein Denkmal, dass an die eintägige Unabhängigkeit Estlands 1918 erinnert. 1918 wurde in Pärnu die Unabhängigkeit von der Sowjetunion ausgerufen. Die Uanabhängigkeit hielt einen ganzen Tag, dann kamen die Deutschen die Sowjets ablösen. Nach Ende des ersten Weltkriegs wurden die Deutschen wieder durch die Sowjets abgelöst. Das eigentliche Gebäude von 1918 wurde im 2. Weltkrieg zerstört. Später wurde dann das Denkmal errichtet. Das dahinter liegende Hotel verunstaltet das Erscheinungsbild allerdings sehr stark. Wenn mir die Kritik mal erlaubt ist.
Wurzeln
Und dann kommen wir zu einigen Gebäuden, die für Estland bzw. Pärnu keine Bedeutung haben. Für uns jedoch schon. Vorbei an der deutschen Technikerschule geht es zu ein paar Gebäude in der Suur Sepa – Schmiedestraße. Hier liegen angeblich unsere Wurzeln. Das Elternhaus meines Großvaters. Wir wissen zwar nicht genau, welches Haus oder welche Häuser, aber hier soll es gewesen sein. Ein paar nette kleine Holzhäuser. Noch erhalten und nicht platt gemacht. Wenn mich meine Recherchen nicht trügen, dann ist da jetzt ein Möbelpack-Unternehmen drin. Ist aber egal. Wir waren da. Da wo mein Großvater aufgewachsen ist. Über 80 Jahre nachdem mein Großvater Estland verlassen hat.
Alte Fotos gucken
Und wo wir gerade in Nostalgie versinken, geht es auch gleich noch mal zur Cousine meiner Mutter – Fotoalben durchwühlen. Alte Fotos gucken. Ich versteh leider nur die Hälfte und das ist noch großzügig gerechnet. Alles ziemlich russisch was die beiden älteren Damen da von sich geben. Zum Glück erkenne ich aber den ein oder anderen auf den Fotos. Und ab und an schreit meine Mutter: Silva, kannst du das abfotografieren? Und Klick. Neben alten Fotos, sehen wir auch die letzten Bilder der Schwester meiner Großmutter. Sie starb erst vor 2 Jahren im Alter von 99. Und war bis zu ihrem letzten Tag fit.
Mittagsschläfchen
Während meine Mutter bei der Hitze eine Pause braucht, geh ich noch mal in die Stadt. Ich schau mir noch mal die deutsche Technikerschule an und verwerfe den Plan, mich dort bewerben 😀 Dann gehe ich noch mal in die Surr Sepa und schau mir allein und in Ruhe noch mal die Häuschen an, in denen mein Großvater wohl aufgewachsen ist. Auf dem Rückweg durch die Rüütli-Straße finde ich dann noch ein interessantes Restaurant. Nikolai LEHTLA. Aha, estnische Biathleten verdienen sich wohl in der Gastronomie noch ein paar Euro dazu 😀 Spässle, aber ich beschließe, dass wir das Essen dort mal testen müssen. Rein aus Prinzip.
Burger-Restaurant mit Live-Muke
Am Abend gehen wir dann noch mal in die Innenstadt und versuchen unser Glück beim besten Italiener in Pärnu. Aber bei Stefani stehen sie Schlage. Hast du nicht gesehen. Ist wie zu Ostzeiten, wenn es Bananen gab. So gut kann keine Pizza sein 😀 Wir versuchen es dann noch mal beim Ableger am Strand, aber dort genau das gleiche. Ergo setzen wir uns wo anders rein und essen eine Kleinigkeit zum guten estnischen Bier, das sogar meiner meiner Mutter mundet. Nicht unweit von unserem Restaurant dudelt Live-Muke. Man soll es nicht glauben, aber die Spielen in einem Burger-Restaurant. Burger mit Live-Muke kenn ich sonst nur vom Irish Pub. Apropos Pub – der heißt auf Estnisch „Pubi“. Also ganz ehrlich, das klingt noch … Kommst du mit in den Pubi? 😛
Ein Blick auf den Fahrplan der Bahn verrät, dass es nur 2 Züge am Tag von Tallinn nach Pärnu gibt. Einen um 6:48 Uhr und einen im 17.29 Uhr. Aha. Nein, ich will nicht ohne Frühstück Zugfahren und dann 4 Stunden in Pärnu mit Gepäck rumlungern, bis wir ins Hotel können. Dann doch mal lieber Bussi Reisid. Fährt alle 30 Min ein Bus und man solls kaum glauben, der braucht nur 2 Stunden, während der Zug 3 Stunden benötigt. Unter Beachtung der Tatsache, dass es in Estland keine Autobahnen gibt und man max. 110 km/h auf Schnellstraßen fahren darf, eine beachtliche Leistung. Oder besser gesagt ein Armutszeugnis für die Bahn! Also ab mit dem Taxi zum Bissijaam. Die 4 Euro investieren wir doch gern anstelle mit dem Gepäck Bus-Tam-Hopping zu betreiben. Man will ja komfortabel reisen und nimmt den teuersten Bus für 8,40 Euro. Einen Sitzplatz kriegt man auch gleich zugewiesen und da wir ne halbe Stunde zu früh waren, waren wir wohl die ersten und sitzen glatt ganz vorn auf den Logenplätzen.
Merke: In Estland gibt es kaum Autos und kaum Kurven
Nachdem wir die Stadt Tallinn verlassen haben, geht es ab auf die E7. Kurzzeitig mal zweispurig, sonst immer nur eine Spur. Interessant sind die Radfahrer die auf dem schmalen Seitenstreifen den LKWs trotzen. Ich denk gerade nach, was in Deutschland passieren würde, wenn ein Radfahrer auf der Standspur der Autobahn fahren würde. Knappe 130 km geht es immer schnurstracks geradeaus. Kurven kann man an einer Hand abzählen. Und weit und breit kaum Autos. Rechts und links pure Natur. Wälder und Wiesen. Zwischendrin mal ein Rapsfeld oder ein Weizenfeld oder einen Pferdekoppel. Aber alles in allem relativ wenig landwirtschaftlich genutzte Felder. Und die Häuser, die man sieht kann man auch an einer Hand abzählen. Meine Mutter wundert sich, dass die paar Häuser die wir sehen meist verlassen aussehen. Aber mal ehrlich, wer will denn schon an einer Schnellstraße Mitten im Nirgendwo wohnen, wenn du so viel Platz hast und überall hinkannst. Wenn ich aufs Land will, geh ich nicht an einen Schnellstraße. Ich komme zu dem Schluss, dass hier sogar mir das Autofahren Spaß machen würde. Alles ruhig und gemächlich, teilweise einsam in Mitten einer herrlichen Natur. Neben uns sitzt eine Russin, die ein wenig nervt. Ich hätte auch behauptet, dass sie Wodka getankt hat. Da ihr angeblich beim Busfahren immer schlecht wird (so die Übersetzung meiner Mutter), muss sie unbedingt vorn sitzen und vertreibt somit eine nette Estin, die irgendwie nicht neben ihr sitzen will. Aber zum Glück ist noch viel Platz im Bus. So und nun das geilste. Wer nicht die Schönheit der Natur genießen will oder kein Nickerchen machen will, der kann im Internet surfen. Die paar Cent, die der Bus teurer ist als die anderen, rentieren sich nicht nur beim Bus selbst (großer neuer Reisebus), sondern lassen das Herz eines jeden Internetjunkies höher schlagen. Kostenloses WLAN!!! Ok kostenloses WLAN findest du an vielen öffentlich Orten, aber im Bus ist das schon sehr angenehm. Sollte man bei uns auch in Zügen einführen! Aber nein das geht ja bei uns schon aus Sicherheitsdingends nicht. Wie dem auch sei, ich und die estnische Jugend freuen uns drüber.
Strand Hotel
Nach knapp 2 Stunden hält der Bus das erste und einzige Mal und wir sind da. Wir sind zwar etwas früh, aber da nur ein Taxi weit und breit steht, warten wir lieber beim Hotel bis wir rein können. Besagte Russin läuft aber gerade in diesem Moment Richtung Taxi. Der Fahrer mag sie aber anscheinend nicht und ruft – woher auch immer – einen Kollegen herbei. Ich ahne schlimmes, aber als wir in seine Nähe kommen, hält er uns freundlich die Türe auf 🙂 Ab zum Strand Hotel. Wie der Name schon sagt, mehr oder weniger direkt am Strand. Wobei ich nicht weiß, wieso das Hotel STRAND heißt. Auf Estnisch ist Strand „Rand“. Und Deutsche gibt es weit und breit nicht. Naja vielleicht ist es ja finnisch. Wir sind umzingelt von Finnen – in allen Größen und Formen. Die machen hier wohl gern Badeurlaub weil es preiswerter ist als in der Heimat. Wobei ich die Hotelpreise nicht ohne finde. So 80 – 100 Euro nenne ich nicht gerade billig. Aber vielleicht geht es den Finnen ja um die Grundnahrungsmittel 😉 die billiger sind als in Finnland. Meine Mutter kriegt ein Zimmer im Erdgeschoss. Ich muss rauf in den vierten. Man sagt mir an der Rezeption, dass mein Zimmer in der Nähe des Nachtclubs ist und es wohl besser wäre, wenn ich das Zimmer nehme und nicht meine Mutter, da es etwas lauter werden kann. In ein paar Stunden weiß ich was sie gemeint hat 😀
Erstkontakt und Strandbesuch
Nachdem wir schnell mal die Klamotten wechseln und die Koffer auspacken, klingelt auch schon das Telefon. Ich hatte ja brav der unbekannten Verwandtschaft unsere Ankunft mitgeteilt. Und schon kommt meine – öhhh was ist sie denn??- also die Tochter der Cousine meiner Mutter (ich kenn mich da nicht so aus mit den Verwandtschaftsbezeichnungen) vorbei. Ich hatte irgendwo gelesen „Niemals einen Esten umarmen“. Stimmt! Brauch man auch nicht, die machen das von allein!! 😀 Immer diese Vorurteile. Nach der ersten Begrüßung zeigt sie uns den Strand und wir verabreden uns für den Abend, wo auf uns eine Begrüßungsparty wartet. Aufgrund der hohen Temperaturen (ca.. 28 Grad) verzichten wir jedoch auf einen Strandspaziergang und setzen uns dafür auf eine Bank in einem der unzähligen Parks – halb Pärnu ist ein Park – und bereiten uns seelisch und moralisch auf das große Familientreffen vor.
Begrüßungsparty
Am Abend treffen wir dann zu Hause bei unserer Verwandtschaft die Cousine meiner Mutter, ihre Tochter mit Ehemann und ihre zwei Töchter mit Anhang :-). Der Sohn der Cousine meiner Mutter schaut mit seinen beiden jüngsten auch vorbei. Es gibt estnsiche Spezialitäten wie Kilu (der kleine estnische Strömling) auf Schwarzbrot mit Schnittlauch und jede Menge einheimisches Bier zum probieren. Dazu wird noch gegrillt. Demzufolge kann ich nicht mehr jedes Detail wiedergeben! Ich war mehr oder weniger beschwipst. Alles in allem ein schöner Abend. Und auch vollkommen ungezwungen. Herzlich. Eine Mischung aus Russisch, Englisch, Deutsch und Estnisch. Es gibt viel zu erzählen und man meistert dies in den eben genannten Sprachen oder mit Händen und Füßen. Ich hätte nie gedacht, dass es so schön wird. Fühlt sich gut an! Kann nur ein Anfang sein!
Merke: Man kann auch den Bus oder Trolleybus benutzen
Nachdem wir am ersten Tag uns die Füße wund gelaufen hatten und die Tallinn Card nicht genutzt hatten, haben wir beschlossen heute mal den Bus zu benutzen. Sowohl als Transportmittel in die Innenstadt als auch zur Stadtbesichtigung. Also ab zur Bushaltestelle und rein in den Trolleybus, den man mit der Tallinn Card kostenlos benutzen kann. Nachdem wir unter dem Viru Einkaufszentrum die Busbahnhof begutachtet hatten – ganz interessant so ein unterirdischer Busbahnhof, der irgendwie ein einen dt. Zugbahnhof erinnert – haben wir nach einigem Suchen auch den City Tour Bus auf dem Viru Platz gefunden. Zum Aufwärmen gibt es erst einmal die blaue Linie mit interessanten Information auf dt. Sprache danke Köpfhörern – wenn man erstmal begriffen hat, wie man die Sprache einstellen kann. Nachdem wir wieder zurück sind, heißt es schnell Essen fassen. In 30 min geht es weiter.
Merke: McDonalds ist überall McDonalds
Dank der hilfreichen Tipps einer nicht genannt werden wollenden estnischen Biathletin (kommt keiner drauf wer das ist), die pünktlich zu unserer Ankunft die Flucht aus Tallinn ergriffen hatte, aber online jederzeit hilflose deutsche Touristen berät, finden wir auch einen richtigen McDonalds in der Nähe des Viru Platzes!! Und es gibt richtige Cheeseburger und Pommes. Normale Preise und Geschmack wie überall auf der Welt 🙂 Ich glaube Inge hat das erste Mal Cheeseburger gegessen. Aber sich nicht beschwert 😀 Und wir schaffen es pünktlich zum Beginn der grünen Linie wieder zurück. Dank Tallinn Card (Werbung mach) geht es auf zur zweiten kostenlosen Stadtrundfahrt.
Fehrsehturm – das höchste Gebäude Estlands
Am Meer entlang, vorbei an Song Festival Platz, geht es ab in den Wald. Wobei rechts an der Straße nette kleine Wohnhäuser stehen. Mit Gewächshäusern und Garten. Da könnte man doch glatt wohnen wollen. Mitten im Grünen und doch fast in der Innenstadt von Tallinn. Diesmal steigen wir aber aus. Und zwar am Fernsehturm. Frisch modernisiert und erst im April wiedereröffnet. Schlappe 314 Meter hoch. Mit 3,5 Meter pro Sekunde gehts innerhalb von weniger als einer Minute auf die 170 Meter hohe Aussichtsplattform. Ich glaub ich muss nicht erwähnen, dass ich doch glatt Druck auf den Ohren hatte. Kein Wunder bei der Geschwindigkeit. Oben angekommen erwartet einen ein 360 Grad Panorama Blick und alle 2 Meter ein Design-Computer in Bilzform. Ich hab das Bildungsfehrsehn jedoch gekonnt ignoriert. Auf dem Boden bekommt man Informationen wie weit welche Städte in welcher Richtung entfernt sind. Und dann gibt es da noch Löcher im Boden – soll heißen Glasboden. Ganz Mutige schauen durch und blicken 170 Meter in die Tiefe. Inge weigert sich strickt durchzugucken 🙂 Ich blinzl zumindest mal leicht runter. Nix für schwache Nerven. Aber kleine Kinder springen drauf run als wäre es nix.
Eine Ebene drüber befindet sich ein Cafe und Restaurant und eine Aussichtsplattform, die glücklicher Weise rundrum mit Maschendrahtzaun abgesichert ist. Aber leider hält der nicht den Wind ab. Ganz schön windig hier draußen. Von hier hat mein einen schönen Blick auf die 10 km entfernt liegende Innenstadt von Tallinn, den Botanischen Garten neben an, die Wohngebiete ringsum in mitten der Wälder, die Ostsee und den Pirita Hafen. Leider hatte ich meine Kamera falsch eingestellt und das Wetter war trübe, so sind kaum brauchbare Bilder rausgekommen. Muss ich wohl noch mal wiederkommen 😀 Aber alles in allem kann ich einen Besuch nur empfehlen. Hypermodern alles, Superblick – vor allem da Tallinn so grün ist und man nicht nur nackte Häuser sieht.
Botanischer Garten
Da zwischen den Bussen immer 1,5 Stunden Wartezeit liegen, entscheiden wir uns für einen Kurztrip in den Botanischen Garten, der nur 5Min entfernt vom Fehrsehturm liegt. Ist ja mal wieder kostenlos dank Tallinn Card. Neben diversen gut gepflegten Außenanlagen mit den verschiedensten einheimischen Pflanzen- und Baumarten, gibt es auch ein Gewächshaus mit einheimischen Pflanzen und Tieren wie Bananen, Kakteen oder Kakadus – öhhh subtropischen meinte ich :-). Sehr schön, aber als jemand, der der estnischen Sprache nicht mächtig ist, kann man leider nur erraten, was was ist. Es sei denn man kennt die lateinischen Bezeichnungen. Da wir ja heute keine Lust zum Laufen haben und aus Zeitmangel, haben wir uns auf das Gewächshaus beschränkt und auf den Rundgang um das Gelände verzichtet und uns zur Bushaltestelle begeben.
Pirita Jacht Hafen
Der Bus bringt uns nun zum Pirita Jacht Hafen und dank offenem Oberdeck bei kaltem Wind ist Inga soft wieder bereit auszusteigen. Also machen wir unseren nächsten Zwischenstop am Pirita Jacht Hafen. Auf dem Weg dorthin habe ich meinen Friedhof gefunden. Im Vorbeifahren fand dich den Tallinner Waldfriedhof sehr faszinieren. Natur pur. So stellt man sich seine letzte Ruhestätte vor. Ist aber leider ein Promifriedhof 🙁 Zurück zum Pirita Hafen. Erbaut 1980 anlässig der Olympischen Spiele in Moskau, wurden dort die Segelwettbewerbe ausgetragen. Heute trainieren dort die Olympiasieger von morgen. Sehr süß wenn Dreikäsehochs sich im Segeln üben. Da hilft schon mal der Trainer mit Motorboot. Nach geruhsamen anderthalb Stunden an der Strandpromenade des Hafens gehts ab zurück in die Stadt.
Bier gibt es auch billiger und Esten sind wohl Weintrinker
Bevor ich wieder die 7 Euro für ein Bier zahle oder die Minibar für 3,2 Euro pro Bier plündere, gehen wir mal im Viru Einkaufzentrum shoppen. Hier gibt es Bier zu Normalpreisen und 5 Regale voller Wein. Übertrifft ja unsere deutschen Supermärkte um Längen. Zur Sicherheit nehmen für für die morgen anstehende Busreise nach Pärnu auch gleich Kekse und Äpfel mit. Wo wir beim Thema wären – wäre ja mal wieder Zeit etwas Nahrung aufzunehmen. Irgendwie klappt das aber nicht so. Die Speisekarten sind immer sehr übersichtlich und irgendwie nicht so mein Fall. Nach längerem Suchen, folge ich Inges Vorschlag und wir enden wieder bei McDonalds 😀 Ein Dinner in the Sky auf dem Freiheitsplatz war auch irgendwie keine Alternative. Wie kann jemand in 50 Meter Höhe an einem Kran baumelnd noch was essen? Und das noch zu gesalzenen Preisen? Ich würde da keinen Bissen runterkriegen und und das Frühstück oben drein wieder von mir geben. Ne ne da guck ich lieber von unten zu und warte bis einer von oben …
Tallinna lillefestival
Gestern hat uns doch ein netter Herr einen Flyer in die Hand gedrückt – Tallinna lillefestival am Toompea-Schloss. Liegt ja eh auf dem Heimweg. Also schauen wir noch mal vorbei. Es gibt mittelalterliche Musik mit Duddelsäcken von der Band Auli. Die Sonne ist rausgekommen und mit ihr so einige Zuschauer. Ein buntes Publikum: Familien, Touristen, Einheimische, verkleidete und normale 🙂 So ein kleiner Dreikäsehoch hat richtig Spaß und ist die Attraktion des Abends 🙂 Zuerst stampft er nur mit dem rechten Bein auf. Im Takt wie die Musiker. Und dann dreht er voll auf. Inge ist fasziniert 😀 So geht ein weiterer Tag zu Ende und wir zufrieden grinsend ins Bett.