Narrative und Storytelling – wenn man nur die richtigen Geschichten erzählen muss

Storytelling was ist das und warum brauchen wir das?

Ein Gefühl der Manipulation beschleicht mich, Fritze. In mir sträubt es sich. Ich spüre wie sich in mir Widerstand aufbaut. Ich unruhig und wachsam werde. Das gefällt mir nicht. Ich will das nicht.

Hat die Wissenschaft rausgefunden, dass man über Geschichtenerzählen (Sorrytelling) in Gesellschaften Identitäten schaffen kann und auch Wissen in die Gesellschaft tragen kann. Also nicht nur mir das neue schicke Auto verkaufen kann, sondern dass Storytelling viel essentieller ist. Und darum machen es jetzt alle.

Gut so mittelschwer überrascht bin ich über diese Erkenntnis ist. Wir leben in Zeiten in denen uns an jeder Ecke jemand Geschichten erzählen will. Ob das nur der Fall ist, weil man jetzt offiziell wissenschaftlich erkannt hat, welches Potential darin liegt, oder ob das nicht eh immer im „kollektiven Bewusstsein“ bekannt war, sei mal dahingestellt. Aber lesen wir mal kurz nach, was das Internet sagt

Ganz allgemein: Geschichten waren in der Menschheit schon immer wesentlich. Insbesondere in der Vormoderne waren es vorrangig Geschichten, die in den Köpfen der Menschen hängen blieben. Die besten Erzählungen hatten dann auch die Chance, über Generationen verbal weiter transportiert zu werden – Storytelling im ursprünglichen Sinn also. Erzählungen oder Narrative fungierten in Gruppen als integrativ und identitätsstiftend für die Gruppe selbst und ihre einzelnen Mitglieder.

https://www.mediapunk.org/warum-ist-storytelling-so-erfolgreich-science-bitch/

Gut, also eigentlich wissen wir stand heute, dass wir es immer schon irgendwie gewusst oder zumindest wohl schon länger praktiziert haben. Aber warum?

Die Neurowissenschaft zeigt, dass sich Erinnerungen und Assoziationen besonders dann im Gehirn manifestieren, wenn die Informationen das limbische System – die Gefühlszentrale – aktivieren. Durch das limbische System werden Eindrücke so aufgewertet, dass sie nachhaltig im Bewusstsein verankert bleiben. Gute Erzählungen und Narrative sind ein optimales Mittel, um dies zu erreichen – denn: sie emotionalisieren. Emotional beladene Bilder und Geschichten großer Gefühle bleiben unvergessen und verbleiben konstante Referenzpunkte der Identifikation.

https://www.mediapunk.org/warum-ist-storytelling-so-erfolgreich-science-bitch/

Auch Wissenschaftskommunikation bedient sich mehr und mehr des Geschichtenerzählens.

Gut aber nicht nur das. Nicht nur dass wir Wissen in Geschichten packen, das ganze Leben braucht neue Geschichten, weil uns die falschen erzählt wurden. Überall brauchen wir neue Narrative / Geschichten.

Und am besten solche, die uns auf die nächste Entwicklungsstufe der Menschheit bringen. Weil unsere Schicksale liegen in irgendwelchen Systemen. Die wir nur nicht verstehen ohne Geschichten. Es fühlt sich nicht gut an, zuzuhören.


Wo beginnt Manipulation, wo endet Vertrauen?

Ha, das mit den Emotionen ja da war was. Es erinnert sich. Die Werbung hat uns doch schon immer Geschichten erzählt – am besten auf emotionaler Schiene. Is bekannt. Ich kann versuchen damit umzugehen und mich nicht fangen zu lassen. Aber seit es das Internet gibt, gibt es noch viel mehr Geschichten, die uns erzählt werden. Wir leben in Zeiten der Trumps, in Zeiten von Fake News, in Zeiten von AfD – Geschwurbel, in Zeiten von Putin Trollen und Querdenkern. Vielleicht gab es die auch schon immer, nur hatten die keine Zugang zu mir, jetzt schon. Und alle erzählen Geschichten. Emotionale Geschichten. Und wir haben gelernt, dass wir vorsichtig sein müssen. Dass wir hinterfragen müssen, recherchieren müssen. Nicht blind trauen.

In mir sträubt sich alles, wenn Wissenschaft die gleichen Mittel nutzt wie die Trumps unserer Zeit. Ich will Wissenschaft vertrauen können und nicht selbst Peer-Review machen müssen. Als ob es nicht nur schwer genug wäre in diesen Zeiten und mit alle dem wissenschaftlichen Meinungsstreit/ Diskurs der innerhalb der überforderten Gesellschaft ausgetragen wird. Ich will vertrauen können. Ja im Zweifel gern sogar blind. Wozu gibts denn Experten? Ich will mich nicht wie Lasche fragen, was die Wissenschaft im Schilde führt. Wenn sie Geschichten erzählt.

Aber wie soll ich da vertrauen? Vor allem wenn es um die Geschichten geht, die unsere Zukunft bestimmen sollen. Wie wir leben wollen/ sollen. Die die über Gesellschaft, Wirtschaft etc. erzählt werden. Diese neuen Narrative, die die alten schädlichen ablösen sollen. Wer von uns hat je vom Trickle-down-Theorie gehört und dann auch noch daran geglaubt? Welche alten Geschichten haben wir denn, an die wir angeblich alle glauben? Die uns die Identität geben? Nichts ist unmöglich Toyotaaaaa?

Wenn wir jetzt neue Geschichten erzählen sollen. Wenn neue Geschichten erdacht werden sollen, an die wir glauben können. Wer sagt uns dann, dass das die wahren die richtigen Geschichten sind? Wer sagt uns wo die Geschichten enden? Wer legt sie fest?

Wo beginnt Manipulation, wo endet Vertrauen?


Geschichten, ja jeder hat so seine Geschichte

Seine Erfahrungen. Sein Radar. Mein Leben hat seine Geschichte. Meine Geschichte ist auch geprägt von Geschichten erzählenden manipulierenden Anführern. Ich habe gelernt alles zu hinterfragen. Um die Motivation hinter der Aussage zu erfahren. Und als ich dem Nachfolger vertraute/ vertrauen wollte, wurde mein Vertrauen missbraucht. Ich spreche hier vom beruflichen Umfeld. Man könnten es aber auch auf andere Dinge übertragen. Diese Jahre haben mich geprägt. Haben mich wachsam gemacht.

Meiner Erfahrung nach folgen die meisten von uns denen, die sagen wo wir lang müssen. Ob das nun immer dieser autoritären Erziehung zuzuordnen ist, bezweifele ich. Man stelle sich eine Rudel vor in dem alle Anführer spielen wollen. Ich glaub das wäre jetzt nicht überlebensfähig. Auch wenn niemand ein Lemming sein will, weil es immer so nach“du bist hörig“ negativ bewertet klingt, aber ich glaub die meisten von uns sind es aber. Und das ist gut so. Weil es nur so funktionieren kann.

Wenn die meisten von uns folgen. Wem folgen sie? Welcher Geschichte folgen sie? Gewinnt am Ende in Zeiten der Aufklärung 2.0 doch auch wieder der, der die beste Geschichte erzählen kann? Der am besten manipulieren kann?


Manchmal ist nicht wissen, besser als wissen.

Oder wie meine werte Mutter mit ihrer DDR Erfahrung heute so schön sagte: „Oder man lässt die einfach machen und kümmert sich nicht drum.“ und schwimmt irgendwie mit dem Strom und lebt sein Leben. Also nicht dass ich an dem Punkt nicht auch schon war. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heißt. Vor allem wenn ich es nicht ändern kann. Es ist dann leichter damit zu leben. Es drehen sich keine Gedanken darum.

Wenn ich nicht weiß, dass man mich manipulieren will, dann sind Geschichten auch gar nicht so schlimm. Wenn ich aber weiß oder zu wissen glaube oder einfach nur weiß, welche Methoden man probiert, die auch andere verwenden, die Rattenfänger … hmmm wenn ich das alles weiß

Aber ich glaube trotz allem, wir sind schon unser Glückes Schmied. Wir können Dinge verändern und beeinflussen. Auch das was wir als Weltanschauung / Erzählungen/ Leitmotiven oder wie auch immer wir es nennen wollen akzeptieren wollen. Und man kann immer noch gegen den Strom schwimmen.

Definiere Hegemonie bitte!

☝ Wer Geschichten erzählen will, braucht auch willige Zuhörer. Nur wir zusammen als aufgeklärte Gesellschaft können im Jahr 2021 festlegen, welche Geschichten wir glauben wollen.

Was aber wenn jetzt plötzlich alle anfangen Geschichten zu erzählen? 🤔

Wie kommuniziert man Wahrheit? Mit Geschichten? 🤔

Die Geschichte der glücklichen Kommune ist sie so anders als die des Tellerwäschers? Vielleicht sollte die Geschichte der Zukunft die sein, dass wir frei entscheiden können, wie wir glücklich sein wollen. Der eine so, der andere so. Vielleicht müssen wir nur den Rahmen und die Regeln schaffen, dass diese unterschiedlichen Lebensentwürfe nicht auf Kosten anderer gehen. Man kann auch 80 h die Woche arbeiten und seine eigene Insel besitzen ohne auf Kosten anderer bzw. auf Kosten des Planeten zu leben. Da bin ich sicher.

Fragen nichts als Fragen. Zweifel, Skepsis.

Ich will doch nur vertrauen.

Vielleicht kann Veränderung nur dann stattfinden, wenn wir beginnen zuzuhören. Und nicht nur Geschichten zu erzählen. Nicht nur zu senden, sondern auch zu empfangen.

— Fortsetzung folgt —

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