Wir gehen auf anderen Wegen

Ich bin im Moment ja grundsätzlich nachdenklich. Nachdenklicher als sonst. Ich stelle mir viel Fragen. Will ich mich weiter mit Bewegungen befassen? Will ich mich weiter mit Aktivismus befassen? Will ich mich weiter mit Transformationsforschung befassen? Will ich mich weiter mit Ökonomie befassen? Will ich weiter bestimmte Menschen beeinflussen? Will ich weiter Menschen unterstützen? Und wenn ja welche und warum und mit welchem Ziel. Und gibt es nicht andere Wege?

Und was ist MEIN Kompass? Mich beschleicht das Gefühl, den Kompass zu ändern. Meine eigenen zu finden jenseits von unerfüllbaren Erwartungen. Weg von all dem Wortgekringel, Lagerkämpfen und intellektuellen Debatten, hin zu all diesem wahren Leben/ Alltag. Oder eben spannender Wissenschaft mit echten Erkenntnissen. Ich bin nicht Berlin Mitte und werds nicht sein. Und kein Teil von irgendwelche Bewegungen, die um irgendwas ringen wollen. Es geht vielmehr um Alltag. Eine Veränderung des Alltags. Lösungen die in den Alltag von Menschen passen. Und ihn nicht behindern. Oder wie der Kieler OB feststellte beim utopischen Stelldichein oder auch der Schneidewind schon sagte: Wenn du dich nicht um die alltäglichen Probleme der Menschen kümmerst und lass das das Entleeren der Mülltonne sein, werden sie nicht beim Klimawandel mitziehen. Kann ich doof finden. Kann ich die Menschen verachten für, aber is nun mal so. Man kann nur mit dem arbeiten was man hat. Und das ist der unperfekte Mensch.

Es besteht Konsens darüber, dass wir viele Dinge in unserem Leben ändern müssen. Und ich widerspreche auch nicht, dass menschlicher Fortschritt / gesellschaftliche Veränderungen immer kultureller Natur waren. Genetisch sind wir ja unverändert. Kultur ist aber breit, beinhaltet nicht nur Moral und Werte. Kultur beinhaltet auch Technik und Wissen. Wir engen aber viele Lösungsräume ein indem wir auch kulturelle Veränderungen auf Systemänderungen oder Werteänderungen oder irgendwelche kreativen Bildungskonzepte reduzieren. Bessere Menschen, bessere Systeme etc. Aber das ist eben nicht alles.

Ich bin frustriert darüber wie sehr man sich an Kleinkram wie Tempolimit aufhängen kann oder unrealistischen Forderungen wie 9 Euro Ticket und wie wenig man über einen grünen Umbau der Wirtschaft spricht. Wie wenig man über das spricht, was außerhalb von Aktivismus passiert. In vielen Städten passieren wichtige Dinge. Es passiert viel Forschung. Menschen fangen an Essgewohnheiten zu ändern, auf Nachhaltigkeit zu achten. Es entsteht so auch ein Bedarf/ Markt, der den Umbau erleichtert. Lösungen, niemand interessiert sich für Lösungen jenseits des Mantras Degrowth. Und die die von konstruktivem Journalismus reden, praktizieren ihn ach nicht.

Vielleicht werd ich Lösungssammler. Ich überlege noch.

Ich frage mich ob ich mir das alles noch weiter antun möchte. Diese Zeitverschwendung. Diese Debatten auf Metaebene. Diese Ideen jenseits der politischen / gesellschaftlichen Umsetzbarkeit. Auch Politik kann nur das umsetzen, was das Volk mitträgt bzw. man absehen kann, dass nach de obligatorischen Empörung sich alles wieder beruhigt. Und wer die Haltung der FDP beim Tempolimit kritisiert, muss auch die Haltung der Grünen oder der SPD beim Thema AKW-Verlängerung kritisieren. Wenn sich die Rahmenbedingungen ändern. Und bei den Umfragewerten.

Ich will keine Empörungschleifen mehr. Ich will keine falschen Narrative mehr. Egal von wem. Narrative über Narrative. Oder einfach Geschichten. Überall irgendwelche Geschichten. Die Story von der wilden Sau. Mit der man sich die Welt erklärt. Jeder für sich. Aber immer auch für andere. Ich will keine Debatten mehr über die besseren Menschen oder die verachtungswürdigen Politiker gewisser Parteien. Moral fressen Seele auf. Moral fressen Diskurs auf. Moral fressen Lösungen auf. Moral fressen Gesellschaft auf. Von allen Seiten. Und man kann das sogar wissenschaftlich belegen, warum das so ist. aber warum sollte sich Wissenschaft für Wissenschaft interessieren. Richtige Haltung und Mut viel wichtiger.

Die Dinge, die wir zu tun haben, um unser Leben umzubauen, kosten Geld. Dafür bracht ein Staat Einnahmen. Genauso muss der Staat den Sozialstaat finanzieren mit all der Infrastruktur etc. Der Umbau der Städte kostet Geld. Der Umbau/ Ausbau des ÖPNV kostet Geld. Auch langfristig, wenn wir ihn sehr billig gestalten wollen. Wenn die Bahn keine/ geringe Einnahmen durch Kunden hat, muss der Staat finanzieren. Und nicht nur den Ausbau / Erhalt der Infrastruktur wie Schienen und Züge sondern auch die Gehälter der Mitarbeiter. Klassisches BWL Einmaleins. Ausbau von Radwegen muss finanziert werden. Der Umbau des Energiesystems, des Wärmesystems, der Wirtschaft muss finanziert werden und so weiter. Und Arbeitslosigkeit bitte vermieden werden – wegen Finanzierung und auch aus Sicht der Betroffenen. Auch der Umbau des Ernährungssystems kostet Geld. Und so weiter.

Aber wer solche Finanzierungsdebatten immer abwürgt mit „Die sagen Klimaschutz zu teuer, die wollen keine Klimaschutz.“ ist nicht an Lösungen interessiert. Verweigert die Realität genauso wie Menschen, die den Klimawandel nicht als Menschengemacht betrachten. Ja es kostet Geld unsere Welt so umzubauen, dass wir in Einklang mit der Natur leben können, unsere Lebensgrundlagen zu sichern. Das ist das Problem der Politik, was wir gern an Wohlstanddebatten festmachen. Und Wohlstand kostet eben Geld und bedeutet nicht Dauerkonsum sondern ein leistungsfähiger Sozialstaat, der finanziert werden muss.

Hinzukommt, dass sich nicht alles politisch steuern lässt. Nicht wie wir uns ernähren, wie wir leben wollen, welche Träume wir haben, wie wir uns kleiden wollen, was wir als Freiheit empfinden und so weiter. Hier könnte man jetzt mit Moral und Werten argumentieren, aber gerade Twitter zeigt, dass das nur die Fronten verhärtet. Und zum Gegenteil von gesellschaftlichen Fortschritt führt. Es führt nur zu Abwertung anderer und somit zu Hass.

Ich habe genug Unterhaltungen auf Twitter auch mit Konservativen und Liberalen geführt – älteren Baujahrs, um überzeugt genug davon zu sein, dass gerade die älteren, die die Mehrheit stellen, kein Problem damit haben, viele Dinge wieder anders zu machen. Aber über diese Dinge (Kreislaufwirtschaft, Reparieren statt neu kaufen) reden wir nicht. Und es sind nicht die Rentner, die falsch wählen, die zu viel konsumieren. Apropos, meine 80jährige Mutter meinte, wir sollten mal unsere alten Handys richtig entsorgen wegen Wiederverwertung von Rohstoffen und so. Und dass man jetzt auch wieder mehr reparieren soll und Akkus austauschbar machen und so. Und kennen wir ja aus DDR Zeiten. Und dann hat sie mir von Geschäftsideen erzählt, wo Klamotten neu aufgearbeitet werden. Und Secondhandshops und so. Wegwerfgesellschaft is am Ende meint sie. Ganz ohne von mir ne Gehirnwäsche verpasst zu kriegen. Dafür liest sie über Google News auch Welt und Bild.

Vielleicht werd ich Lösungssammler. Ich überlege noch.

Breite Veränderungen im Alltag/ Wirtschaft /Leben werden nicht in theoretischen Konstrukten gemacht. Werden nicht durch Moral gemacht. Werden nicht sprachliche Verränkungen gemacht. Oder gar im Elfenbeinturm. Und schon gar nicht durch aktivistische Bewegungen. Nicht in dem Umfang, den wir brauchen auf so vielen Ebenen, und nicht in einer Demokratie. Und Politik und Mitbürger sind nicht strunzdumm.

Viele der benötigten Veränderungen werden im operativen Doing gemacht. Werden in engagierte Kommunen gemacht – ganz von allein ohne Trara. Und damit meine ich nicht nur uns, sondern auch Dinge, die ein Palmer erzählt. Veränderungen werden auch im privaten Umfeld gemacht. Auch Konsumverhalten, Ernährung, Reiseverhalten ist abhängig vom direkten Umfeld. Da gehts nicht um Aktivismus, sondern um ganz normalen Austausch, um ganz normale soziale Vergleiche, um Alltagstauglichkeit und so weiter. Und die meisten Veränderungen gibt es da nicht durch moralische Vorwürfe und intellektuellen Maßregelungen. Das klappt auch nicht im Osten beim Thema AfD/ Querdenker etc.

Ich will das alles nicht mehr. Ich will das alles auch gar nicht mehr mitbekommen. Ich will mich damit auch nicht mehr rumschlagen. Man kommt gegen die Überzeugungen nicht an. Solange die, auf die gehört wird, nicht beginnen darüber nachzudenken. Nicht beginnen systemisch zu denken. Nicht beginnen ihre eigene Überzeugungen zu hinterfragen. Machbarkeit betrachten innerhalb des existierenden Systems betrachten. Anstelle immer nur alles in Frage zu stellen und alles niederreißen zu wollen. Und von der idealen Welt zu träumen. Oder drauf hoffen,

Ich will auch keine Geschichten von angeblich ohnmächtigen verzweifelten Leuten Gehör schenken. Die am Ende wohldurchdachte Strategien verfolgen jenseits von Verzweiflungstaten und damit in erster Linie Mitmenschen gegen sich und das Thema aufbringen. Ich will mir nix schön reden, was nicht schön zu reden ist. Ich will das alles gar nicht mehr wissen. Es verhindert Lösungen.

Am Ende ist vieles eine neue Form Ellenbogengesellschaft. hab die richtigen Lösungen, hab die richtige Sicht auf diese Welt. Ansonsten nieder mit dir und deine Ideen. Brüll sie nieder. Bekämpfe sie. Mach sie nieder.

Manche Dinge kann ich nur versuchen pragmatisch zu sehen. Zu hoffen, dass eine Klimabewegung sich besinnt und nicht Lösungen im Wege steht. Auch Lösungen akzeptiert, die nicht ihrem Ideal entsprechen.

Ich könnte unter Svens Tweet bezüglich Erfolgen einiges drunter hängen, was aber nicht Erfolge einzelner Klimabewegungen / Aktivisten ist, aber Erfolge eines geänderten Bewusstseins in der Bevölkerung / Politik/ Wirtschaft oder Erfolge dank neue schon länger geplanter EU Vorschriften oder Erfolge dank Wladi oder Erfolge in Forschung. Aber der Tweet ist dazu da, um die Klimabewegung zu stärken. Was durchaus hilfreich sein kann, um sie von diesen extremen Lösungen verhindernden Provokationen und „Verzweiflungstaten“ abzubringen. Aber andererseits werden so Fortschritte, die nicht auf der Bewegung gründen der Bewegung zugeschrieben. Was wiederum zu Fehlannahmen auch für die weiteren Aktionen führt. Und damit auch wieder kaputt machen kann, was wo anders mühsam gesät wurde.

Eine gemäßigte Klimabewegung, die das Thema Klima nicht verstummen lässt, da wir Jahre der Veränderung vor uns haben und daher auch regelmäßig erinnert werden müssen, nicht in alte Muster zurückzufallen oder Veränderungen zu verschleppen, kann ein wichtiger Baustein sein im Puzzle der weltweiten Bekämpfung des Klimawandels. Und das ist es worum es am Ende geht. Nicht um Kräfte des Fortschritts. Es geht um Krisenbewältigung. Weltrettung nicht Weltverbesserung.

Möge es Sven gelingen mit seiner Geschichte, seinen Recherchen, seiner Sicht auf die Dinge auch als Teil der Klimabewegung, Denkanstöße zu geben und auch ein Umdenken und Umlenken von Kräften zu erreichen. So dass die Klimabewegung wieder ein konstruktiver Teil der Veränderungen werden kann. Auch beim Akzeptieren von „anderen“ Lösungen. Damit wir nicht alle im Kampf gegeneinander gemeinsam den Abgrund hinunterfallen. Weil der Kampf gegeneinander Veränderungen verhindert. Aber als Teil der Bewegung kann er nicht – wie mal angedacht – wertfrei/ objektiv nach politischen/ gesellschaftlichen Lösungen suchen. Davon muss ich mich lösen. Von der Erwartung, dem Wunsch. Daher ist es besser ihn einfach tun zu lassen. Und maximal von außen zuzusehen. Anstelle zu widersprechen, wenn ich Dinge anders sehe.

Möge Veronika halbwegs schadlos aus der Kneifzange linker neuen Medien rauskommen. Ich denke immer noch. Ich verstehe ihren Ansatz, sehe aber wo viel unschönes auf der anderen Seite. Und wenn alles gut läuft auch den ein oder anderen zum nachdenken bringen. Ob diese Art von Kampf/ moralischer Darstellung sein Weg ist. Ohne Mitarbeit der Wirtschaft wird es keine notwendige Veränderung geben. Ohne ökonomischen Schachverstand wird nix passieren. Ohne den liberalen und konservativen Teil der Gesellschaft wird es keine grüne Zukunft geben.

Möge ich es schaffen von einzelnen Personen nicht etwas zu erwarten, was sie nicht leisten können. Da ihr Blick auf die Welt, ihre Erfahrungen, ihre Überzeugungen, ihr Herz das nicht leisten kann, worauf ich hinaus möchte. Einen Blick auf die Welt jenseits von Lagern/ Überzeugungen. Wer zu sehr in Lagern und Ideen der eigenen Gruppe steckt, kann nie offen sein für das was er von anderen verlangt, Ideengleichheit/ Transformationsgerechtigkeit oder anders gesagt Lösungsoffenheit.

Vielleicht werd ich Lösungssammler. Ich überlege noch.

Als jemand der in Bayern lebt, bin ich davon überzeugt, dass ich nicht gegen die CSU kämpfen darf, wenn ich hier Lösungen haben möchte. Sondern dass die CSU gestärkt werden muss in allen Ideen, die uns weiterbringen. Das gleiche gilt für die Freien Wähler. Bierzeltrhetorik mag nicht jedem taugen und viele Sprüche mögen verstören. Aber man darf sie auch nicht überbewerten. Hubsi hat schon immer um jedes Windrad und auch andere EEs gekämpft. Wir haben hier gute Programme. Wir haben die ambitionierteste Bioökonomiestrategie. Ich will Wettbewerb. Ich will, dass ihr die Rücklichter von uns seht, wenn Bayern die Wirtschaft grün gestaltet. Bayern is mehr als nur Flugtaxis oder 10H. Apropos Hubsi. Ich wäre dankbar, wenn sich nicht irgendwelche S4F regelmäßig in ihm verbeißen würden. Hubis Kapazitäten werden wo anders gebraucht. Danke für die konstruktive Mitarbeit.

Ständige Angriffe und Widerrede ändert Menschen bzw. deren Meinung nicht. Politiker schon gar nicht. Es verfestigt nur.

Ohne eine funktionierende Wirtschaft, wird es keine Weltrettung geben. Ob mir das gefällt oder nicht. Und eine Welt kann nicht neu gebaut werden, wenn anstelle der grüne Wiese schon eine existierende Welt da ist.

Manchmal glaube ich, dass es besser wäre wenn auf Twitter die Lichter ausgehen, um nicht in Versuchung zu geraten … Aber all das hat mich und meine Blick auf die Welt verändert. Mein Kompass hat sich gedreht. Und ich habe keinen Grund in altem Denken festzuhängen. Ich bin frei.

Ich muss meinen Kompass finden, das zu stärken, was uns hilft die falschen Wege zu korrigieren jenseits des niederbrüllen, jenseits des Kampfes, jenseits der Zeitverschwendung, jenseits des einseitigen Verständnisse, jenseits der Lager, jenseits der Moral, jenseits unrealistischer Träumerei, jenseits des WTF. Ob das die öffentlichen Debatten sein müssen, wage ich noch zu bezweifeln. Das ist nur ein Illusion von Wirksamkeit.

Ich will niemand sein, der Lösungen im Wege steht, nur weil sie nicht hübsch genug oder moralisch richtig genug sind. Ich will niemand sein, der sich über andre stellt. Vielleicht werd ich Lösungssammler. Ich überlege noch. Oder ich mach doch in Biotope.

In Schönheit sterben ist übrigens immer noch keine Option. Und Engel gibt es nicht. Hat die Evolution nicht vorgesehen.

Und natürlich hatte ich mir wieder Weihnachten versaut. Ego versus Engel? Ich überlege noch, wie Fromm das tiefenpsychologisch analysiert hätte.

Du willst gehen ich lieber springen
Wenn du redest will ich singen
Du schlägst Wurzeln ich muss fliegen
Wir haben die Stille um uns totgeschwiegen
Wo ist die Liebe geblieben

Ich fühl‘ mich jung und du dich alt
So fallen wir um uns fehlt der Halt
Wir müssen uns bewegen
Ich bin dafür du dagegen
Wir gehen auf anderen Wegen

Mein Herz schlägt schneller als deins
Sie schlagen nicht mehr wie eins
Wir leuchten heller allein
Vielleicht muss es so sein

Wir sind ein festgefahrenes Ritual
Das immer stärker brennt
Und ich frage nicht mehr nach
Was uns verbindet oder trennt
Weil ich weiß, wir fahren weiter im Kreis

Wir müssen atmen, wieder wachsen
Bis die alten Schalen platzen
Und wo wir uns selbst begegnen
Fallen wir mitten ins Leben
Wir gehen auf anderen Wegen

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